Dokument-Nr. 8502
Permalink https://urteile.news/
Bundesarbeitsgericht Urteil22.09.2009
BAG: Streikbegleitende „Flashmob-Aktion“ zulässigFreie Wahl der Kampfmittel ist grundrechtlich geschützt
So genannte „Flashmob-Aktionen“ im Arbeitskampf sind im Einzelhandel dann zulässig, wenn für den Arbeitgeber Verteidigungsmöglichkeiten, z.B. durch eine kurzfristige Betriebsschließung bestehen. Dies entschied das Bundesarbeitsgericht.
Eine gewerkschaftliche Aktion, bei der kurzfristig aufgerufene Teilnehmer durch den Kauf geringwertiger Waren oder das Befüllen und Stehenlassen von Einkaufswagen in einem Einzelhandelsgeschäft eine Störung betrieblicher Abläufe herbeiführen, ist im Arbeitskampf nicht generell unzulässig. Allerdings greift eine derartige „Flashmob- Aktion“ in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb des Arbeitgebers ein. Ein solcher Eingriff kann aber aus Gründen des Arbeitskampfes gerechtfertigt sein.
Sachverhalt
Im zugrunde liegenden Fall hatte die Gewerkschaft ver.di zu einer „Flashmob-Aktion“ im Einzelhandel aufgerufen. Die Gewerkschaft hatte im Rahmen eines Arbeitskampfes eine einstündige Aktion organisiert, bei der ca. 40 Personen überraschend eine Einzelhandelsfiliale aufgesucht und dort mit Waren vollgepackte Einkaufswagen zurückgelassen sowie durch den koordinierten Kauf von „Pfennig-Artikeln“ Warteschlangen an den Kassen verursacht hatten.
„Flashmob-Aktion“ stellt keine Betriebsblockade dar
Das Bundesarbeitsgericht wies, wie bereits die Vorinstanzen, die Klage eines Arbeitgeberverbands ab. Gewerkschaftliche Maßnahmen, die zur Durchsetzung tariflicher Ziele auf eine Störung betrieblicher Abläufe gerichtet sind, unterfallen der durch Art. 9 Abs. 3 Grundgesetz gewährleisteten Betätigungsfreiheit der Gewerkschaften. Zu dieser gehört die Wahl der Arbeitskampfmittel. Deren Zulässigkeit richtet sich jedoch nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Arbeitskampfmittel sind rechtswidrig, wenn sie zur Durchsetzung der erhobenen Forderungen offensichtlich ungeeignet oder nicht erforderlich oder wenn sie unangemessen sind. Für die Beurteilung der Angemessenheit einer gewerkschaftlichen Arbeitskampfmaßnahme ist von wesentlicher Bedeutung, ob für die Arbeitgeberseite Verteidigungsmöglichkeiten bestehen. Gegenüber einer „Flashmob-Aktion“ im Einzelhandel kann sich der Arbeitgeber durch die Ausübung seines Hausrechts oder eine kurzfristige Betriebsschließung zur Wehr setzen. Eine derartige Aktion ist typischerweise auch keine Betriebsblockade.
Verfassungsbeschwerde
Gegen diese Entscheidung wollen die Arbeitgeber im Einzelhandel Verfassungsbeschwerde einlegen.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 23.09.2009
Quelle: ra-online, BAG
Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.
Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Urteil8502
Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.