18.10.2024
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Landesarbeitsgericht Düsseldorf Urteil17.08.2012

Zugespitzte Äußerungen während eines Arbeitskampfes im Einzelfall zulässigÄußerungen im Gesamt­zu­sam­menhang betrachtet noch von Meinungs­freiheit gedeckt

Das Landes­a­r­beits­gericht Düsseldorf entschied im Rahmen eines einstweiligen Verfü­gungs­ver­fahrens, dass im Einzelfall während eines Arbeitskampfes auch zugespitzte Äußerungen zulässig sein können.

Die Verfü­gungs­klägerin des zugrunde liegenden Streitfalls, ein Unternehmen der Ernäh­rungs­in­dustrie (im Folgenden Arbeitgeberin), wurde von der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) bestreikt. Am 13. Juli 2009 schloss sie mit der NGG einen Tarifvertrag zur Zukunfts­si­cherung, der Einbußen der Arbeitnehmer u.a. betreffend Urlaubsgeld, Urlaubstage, Jahreszuwendung und Entgelterhöhung vorsah. Gemäß § 3 des Tarifvertrags sollten ab dem 1. Januar 2012 die Entgelte des Flächen­ta­rif­vertrags gelten. Während der Laufzeit des Tarifvertrags wechselte die Arbeitgeberin ihre Vollmit­glied­schaft im Arbeit­ge­ber­verband in eine Mitgliedschaft ohne Tarifbindung (OT-Mitgliedschaft).

Arbeitgeberin verlangt Unterlassung herablassender Äußerungen bzw. Einwirkung auf Streikende

Im Rahmen der Tarif­aus­ein­an­der­setzung im Jahre 2012 skandierten die streikenden Arbeitnehmer Sprechchöre in Reimform, in denen es u.a. hieß, dass die Arbeitgeberin sie „betrüge“ bzw. „bescheiße“. Hierbei waren Gewerk­schafts­se­kretäre der NGG anwesend und schritten nicht ein. Teile der Parolen wurden von einem Gewerk­schafts­se­kretär per Megafon gesprochen. Die Arbeitgeberin verlangt von der NGG sowie ihren drei Vorstands­mit­gliedern und zwei Gewerk­schafts­se­kretären Unterlassung der näher bezeichneten Äußerungen bzw. die Einwirkung auf die Streikenden, solche Äußerungen zu unterlassen.

Äußerungen können nicht als Tatsa­chen­be­haup­tungen im straf­recht­lichen Sinne gewertet werden

Die Anträge hatten wie bereits vor dem Arbeitsgericht Düsseldorf keinen Erfolg. Das Landes­a­r­beits­gericht Düsseldorf hat die beanstandeten Äußerungen aufgrund des Gesamt­zu­sam­menhangs nicht als Tatsa­chen­be­haup­tungen im straf­recht­lichen Sinne gewertet. Es handelte sich um zugespitzte Äußerungen, mit denen die Arbeitnehmer zum Ausdruck brachten, dass sie sich angesichts des Wechsels der Arbeitgeberin in eine OTMit­glied­schaft „betrogen“ gefühlt hätten. So verstanden waren die zugespitzten Äußerungen von der Meinungsfreiheit, die im Arbeitskampf auch der Gewerkschaft zusteht, noch gedeckt. Hinzu kam, dass derjenige Gewerk­schafts­se­kretär, der an den Äußerungen aktiv beteiligt war, sich inzwischen in der Freistel­lungsphase der Altersteilzeit befindet. Dass die weiteren Verfü­gungs­be­klagten sich aktiv an den Äußerungen beteiligt hatten, konnte die Arbeitgeberin nicht darlegen.

Quelle: Landesarbeitsgericht Düsseldorf/ra-online

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