Dokument-Nr. 15192
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- BAGE 50, 330Sammlung: Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts (BAGE), Band: 50, Seite: 330
- BB 1986, 1087Zeitschrift: Betriebs-Berater (BB), Jahrgang: 1986, Seite: 1087
- NJW 1986, 1952Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 1986, Seite: 1952
- NZA 1986, 435Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht (NZA), Jahrgang: 1986, Seite: 435
Bundesarbeitsgericht Beschluss14.01.1986
Verbot des Radiohörens am Arbeitsplatz betrifft Mitbestimmungsrecht des BetriebsratsVerbot des Radiohörens nicht vom Direktionsrecht des Arbeitgebers umfasst
Will der Arbeitgeber das Radiohören am Arbeitsplatz verbieten, so hat der Betriebsrat nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG ein Mitbestimmungsrecht. Der Arbeitgeber kann das Verbot nicht im Rahmen seines Direktionsrechts anordnen. Dies geht aus einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts hervor.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Ein Landkartenhersteller hatte das Radiohören während der Arbeit verboten. Der Betriebsrat widersprach dieser Maßnahme. Er meinte, ihm stehe ein Mitbestimmungsrecht zu. Das Verbot sei unwirksam, da es ohne seine Beteiligung ergangen ist. Zudem habe die Arbeit auch während des Radiohörens erbracht werden können. Der Arbeitgeber sah dies anders, so dass der Betriebsrat Klage gegen das Verbot erhob.
Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bestand
Das Bundesarbeitsgericht entschied zu Gunsten des Betriebsrats. Das ausgesprochene Verbot sei angesichts der fehlenden Mitbestimmung des Betriebsrats unwirksam gewesen. Dem Betriebsrat habe ein Mitbestimmungsrecht bei der Frage des Verbots des Radiohörens während der Arbeit gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG zugestanden. Die Frage des Radiohörens betreffe das Zusammenleben und Zusammenwirken der Arbeitnehmer im Betrieb und damit die betriebliche Ordnung, da das Radiohören andere Kollegen stören könne. Die Gestaltung der betrieblichen Ordnung sei Aufgabe der einvernehmlichen Regelung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat und daher Inhalt des Mitbestimmungsrechts nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG. In der mitbestimmten Gestaltung der betrieblichen Ordnung sollen die unterschiedlichen Interessen der Arbeitnehmer und Arbeitgeber zu einem sinnvollen und angemessenen Ausgleich gebracht werden.
Arbeitgeber durfte Verbot nicht allein erklären
Der Arbeitgeber habe das Verbot auch nicht im Rahmen seines Direktionsrechts allein erklären können, so das Bundesarbeitsgericht weiter. Zwar unterfallen Anordnungen des Arbeitgebers, die dieser in Ausübung seines Direktionsrechts trifft, nicht dem Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats. Das Direktionsrecht habe aber nicht die Frage des Radiohörens umfasst. Das Direktionsrecht diene der Konkretisierung der Arbeitspflichten des Arbeitnehmers. Der Arbeitnehmer sei aber bereits aufgrund seines Arbeitsvertrages verpflichtet, konzentriert und sorgfältig zu arbeiten und die Arbeit nicht zu privaten Zwecken zu unterbrechen. Arbeitet er ohne die erforderliche Konzentration und deshalb fehlerhaft, verstoße er gegen seine arbeitsvertraglichen Pflichten. Es bedürfe daher keiner im Direktionsrecht des Arbeitgebers begründeten Weisung an den Arbeitnehmer, konzentriert, zügig und sorgfältig zu arbeiten, um eine entsprechende Pflicht zu begründen. Der Arbeitgeber könne daher bei Beanstandungen auf diese Pflicht hinweisen. Er dürfe aber nicht aufgrund seines Direktionsrechts dem Arbeitnehmer verbindliche Weisungen des Inhalts erteilen, wie der Arbeitnehmer die Ursachen seiner schlechten Leistung zu beseitigen habe.
Kein Verstoß gegen Arbeitspflichten bei ordnungsgemäßer Arbeit trotz Radiohörens
Jeder Arbeitnehmer sei nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts dafür verantwortlich, dass er die geschuldete Arbeit ordnungsgemäß erbringt. Er müsse daher selbst darüber entscheiden, ob er während der Arbeit Radio hört oder nicht. Erbringe er aber seine Arbeitsleistung trotz Radiohörens ordnungsgemäß, verstoße er nicht gegen seine Vertragspflichten.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 07.02.2013
Quelle: Bundesarbeitsgericht, ra-online (vt/rb)
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