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- Schmerzensgeldanspruch wegen unzulässiger Veröffentlichung eines Mitarbeiterfotos auf firmeneigener FacebookseiteArbeitsgericht Lübeck, Beschluss20.06.2019, 1 Ca 538/19
Arbeitsgericht Frankfurt am Main Urteil20.06.2012
Foto eines ehemaligen Arbeitnehmers auf der Homepage des Arbeitgebers: Ausgeschiedene Arbeitnehmer haben Anspruch auf Unkenntlichmachung ihres Gesichts auf Bildern auf der Homepage des UnternehmensVollständiges Entfernen der Bilder unverhältnismäßig
Ein ausgeschiedener Arbeitnehmer hat einen Anspruch darauf, dass sein Gesicht auf Bildern auf der Homepage seines ehemaligen Arbeitgebers unkenntlich gemacht wird. Eine vollständige Beseitigung der Bilder ist demgegenüber unverhältnismäßig. Dies geht aus einer Entscheidung des Landgerichts Frankfurt a.M. hervor.
In dem zu Grunde liegenden Fall machte eine Frau von 2005 bis 2008 eine Ausbildung bei einer kommunalen Bank. Während der Ausbildung wurde ein Foto sämtlicher Auszubildender aufgenommen. Dieses Bild wurde unter anderem als PDF-Datei auf der Homepage der Bank veröffentlicht. Unter dem Bild befanden sich die Vor- und Nachnamen der Auszubildenden. Nach der Ausbildung wurde die Frau übernommen und als Bankangestellte eingestellt. Laut Arbeitsvertrag erklärte sie sich mit der Veröffentlichung und Verwendung von Fotos einverstanden. Die Einverständniserklärung konnte jedoch gemäß Arbeitsvertrag jederzeit widerrufen werden. Im Rahmen einer Generalversammlung wurde ein Foto aufgenommen, auf dem auch die Frau zu sehen war, und auf der Homepage veröffentlicht. Nachdem sie aus dem Unternehmen freiwillig ausgeschieden ist, verlangte sie von der Bank, dass ihre Fotos sowie die Nennung ihres Namens unter dem Bild von der Homepage entfernt werden. Zudem widerrief sie die Einwilligung zur Bildveröffentlichung. Da sich die Bank weigerte, erhob sie Klage.
Anspruch auf vollständige Beseitigung der Bilder bestand nicht
Das Arbeitsgericht Frankfurt a.M. entschied zum Teil zu Gunsten der Frau. Ihr habe kein Anspruch auf vollständige Beseitigung der Bilder zugestanden. Zwar sei sie durch die Veröffentlichung der Bilder und ihres Namens in ihrem Recht am eigenen Bild (§§ 22, 23 KUG) bzw. ihrem Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG) verletzt worden. Jedoch sei ein vollständiges Entfernen nicht nötig gewesen, um die Rechtsverletzungen zu beseitigen. Denn es habe ein milderes Mittel zur Verfügung gestanden. Es sei zu beachten gewesen, dass ein vollständiges Entfernen der Bilder zu leeren bzw. weißen Flächen innerhalb des PDF-Dokuments geführt hätte. Zudem habe die Bank ein Interesse an der Darstellung historischer Ereignisse aus ihrer Firmengeschichte auf der Homepage. Dieses berechtigte Interesse würde bei einer vollständigen Beseitigung aber missachtet werden.
Unkenntlichmachung des Gesichts und Namens als milderes Mittel
Aus Sicht des Gerichts sei es ausreichend gewesen, dass das Gesicht und der Name der Frau beispielsweise durch Verpixelung, Retuschieren oder eines schwarzen Balkens unkenntlich gemacht werden. Ihr habe somit ein Anspruch auf Unkenntlichmachung ihres Gesichts und Namens zugestanden. Bezüglich ihres Gesichts habe sich der Anspruch aus §§ 823 Abs. 2, 1004 Abs. 1 Satz 2 analog BGB ergeben. Denn § 22 KUG stelle ein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB dar (vgl. OLG München, Urt. v. 31.11.1987 - 21 U 2979/87 = NJW 1988, 915). Hinsichtlich des Namens habe sich der Anspruch aus §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 Satz 2 analog BGB ergeben.
Einwilligung zur Veröffentlichung lag nicht vor
Die Frau habe der Veröffentlichung auch nicht zugestimmt, so das Arbeitsgericht weiter. Die arbeitsvertragliche Einwilligung habe sie widerrufen. Ein wichtiger Grund für den Widerruf habe es nicht bedurft, da eine derartige Voraussetzung der Arbeitsvertrag nicht vorsah. Zwar habe das Landesarbeitsgericht Köln (Beschl. v. 10.07.2009 - 7 Ta 126/09, vergleiche auch ArbG Frankfurt, Urt. v. 19.11.2008 - 7 Ca 6715/08) in einem Fall entschieden, dass ein solcher Grund vorliegen müsse. Dies gelte jedoch nur dann, wenn die Einwilligung zur Veröffentlichung ohne Widerrufsvorbehalt unbeschränkt erteilt worden ist. Ein solcher Fall habe hier aber nicht vorgelegen. Der Arbeitsvertrag habe eine Widerrufsmöglichkeit vorgesehen. Weiterhin könne aus dem Umstand, dass sie damit einverstanden war sich ablichten zu lassen, nicht der Schluss gezogen werden, dass sie auch mit einer Veröffentlichung einverstanden war. Denn es sei rechtlich zulässig, dass jemand mit seiner Ablichtung einverstanden und damit zugleich einer Veröffentlichung gegenüber der Allgemeinheit nicht einverstanden ist.
Berufung wurde eingelegt
Gegen das Urteil des Arbeitsgerichts wurde Berufung beim Hessischen Landesarbeitsgericht eingelegt (Az.: 7 Sa 1123/12).
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 11.03.2013
Quelle: Arbeitsgericht Frankfurt a.M., ra-online (vt/rb)
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