23.11.2024
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Anwaltsgerichtshof Hamm Urteil30.10.2015

Beleidigung des ausbildenden Staatsanwalts kann Versagung der Zulassung zur Rechts­an­walt­schaft rechtfertigenÜber längere Zeit vorbereitete Beleidigung ist anders zu bewerten als beleidigende Äußerung im Rahmen eines Streitgesprächs

Einer juristischen Assessorin, die während ihrer Referendarzeit einen ihrer Ausbilder in massiver Form beleidigt, kann deswegen die Zulassung zur Rechts­an­walt­schaft zu versagen sein. Das hat der Anwalts­ge­richtshof des Landes Nordrhein-Westfalen entschieden.

Dem Verfahren lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die heute 34-jährige Assessorin aus Köln bestand im Jahre 2012 die zweite juristische Staatsprüfung und beantragte im Jahre 2014 ihre Zulassung zur Rechts­an­walt­schaft. Die zuständige Rechts­an­walts­kammer in Köln lehnte dies mit einem im Mai 2015 erlassenen Bescheid ab. Diesen begründete sie mit einer seit Februar 2014 rechtskräftigen Verurteilung der Assessorin wegen Beleidigung, welche einer Anwalts­zu­lassung für die nächsten fünf Jahre nach Rechtskraft der straf­recht­lichen Verurteilung entgegenstehe.

Assessorin schreibt beleidigende E-Mail an ausbildenden Staatsanwalt

Als Rechts­re­fe­rendarin hatte die Assessorin an den sie ausbildenden Staatsanwalt nach Erhalt eines Stati­o­ns­zeug­nisses, mit dem sie nicht einverstanden war, im Februar 2011 eine E-Mail geschrieben. In dieser E-Mail formulierte sie unter anderem:

"Sie sind ein provinzieller Staatsanwalt, der nie aus dem Kaff rausgekommen ist, in dem er versauert. Ihr Weltbild entspricht dem des typischen Deutschen Staatsbürgers von 1940. Mit Ihrem Leben und Ihrer Person sind Sie so zufrieden wie das Loch vom Plumpsklo ... Als Sie mich vor sich hatten, sind Sie von Neid fast verblasst. Ich konnte Ihren Hass geradezu sinnlich wahrnehmen. Am liebsten hätten Sie mich vergast, aber das ist ja heute out."

Für die Beleidigung wurde die Assessorin in dem erwähnten Strafverfahren zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je 30 Euro rechtskräftig verurteilt.

Assessorin verfasst im Rahmen des Ermitt­lungs­ver­fahren ebenfalls beleidigende E-Mail an Oberstaats­an­wältin

In dem aus Anlass der Beleidigung gegen die Assessorin von einer Oberstaats­an­wältin geführten straf­recht­lichen Ermitt­lungs­ver­fahren wandte sich die Assessorin mit einer weiteren E-Mail aus April 2011 an die ermittelnde Oberstaats­an­wältin, in der sie unter anderem schrieb:

"Ich bestaune die Praxis der Staats­an­walt­schaft ..., Rechtsbrüche zu verfolgen, ohne sich selber an das Recht zu halten. Sollte das eine Frage der inneren Einstellung sein, gehören Sie nicht in den Justizdienst. Sollte das intellektuell bedingt sein, so besuchen Sie doch noch einmal eine Grund­s­tu­di­ums­vor­lesung."

Wegen dieser Äußerungen ist die Assessorin bislang nicht strafrechtlich belangt worden.

Begangene Straftat der Beleidigung steht Zulassung zur Rechts­an­walt­schaft bei Würdigung aller Umstände entgegen

Die von der Assessorin (Klägerin) beim Anwalts­ge­richtshof eingereichte Klage auf Aufhebung des ihre Zulassung zur Rechts­an­walt­schaft versagenden Bescheides der Rechts­an­walts­kammer Köln blieb erfolglos. Der angefochtene Bescheid ist nach Auffassung des Anwalts­ge­richtshofs rechtmäßig und verletze die Klägerin nicht in ihren Rechten, insbesondere nicht in ihrem Grundrecht der Berufsfreiheit. Nach der Bundes­rechts­an­walts­ordnung sei einem Bewerber die Zulassung zur Rechts­an­walt­schaft zu versagen, wenn er sich eines Verhaltens schuldig gemacht habe, das ihn unwürdig erscheinen lasse, dem Beruf des Rechtsanwalts auszuüben. Die von der Klägerin begangene Straftat der Beleidigung stehe ihrer Zulassung zur Rechts­an­walt­schaft bei Würdigung aller Umstände entgegen.

Fehlende Einsicht und Reue im Hinblick auf ausgesprochene Beleidigung rechtfertigt Versagung der Zulassung

Die Straftat sei zwar nicht im Kernbereich der anwaltlichen Berufstätigkeit begangen und nur mit einer Geldstrafe im unteren Bereich des Strafrahmens geahndet worden. Zudem sei die Klägerin in der Folgezeit nicht erneut strafrechtlich verurteilt worden. Diese Umstände änderten aber nichts daran, dass die Klägerin seinerzeit ihren Ausbilder äußerst massiv beleidigt habe. Sie habe ihn persönlich und beruflich in gravierender Weise angegriffen. Die Beleidigung sei auch nicht im Affekt erfolgt, sondern als Ergebnis eines längeren Prozesses ausgesprochen worden, mit dem sich die Klägerin habe "Luft machen wollen". Eine so vorbereitete Beleidigung sei anders zu bewerten als beispielsweise eine beleidigende Äußerung im Rahmen eines Streitgesprächs. Die in der Tat zum Ausdruck kommende Grund­ein­stellung der Klägerin werde durch die weitere beleidigene E-Mail gegenüber der gegen sie ermittelnden Oberstaats­an­wältin bestätigt, auch wenn diese noch nicht zu einer straf­recht­lichen Verurteilung geführt habe. Zudem zeige die von der Klägerin hierzu in der mündlichen Verhandlung vor dem Anwalts­ge­richtshof abgegebene Erklärung, sie habe sich schlicht ungerecht behandelt gefühlt, auch eine fehlende Einsicht und Reue im Hinblick auf die der Verurteilung zugrunde liegende Beleidigung. Deswegen stehe die von der Klägerin begangene Straftat ihrer Zulassung zur Rechts­an­walt­schaft derzeit entgegen.

Quelle: Oberlandesgericht Hamm/ra-online

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