Im zugrunde liegenden Fall stritten sich zwei Nachbarn. Der eine Nachbar (Antragsgegner) war Grillliebhaber und nutzte seinen Grillkamin häufiger als dreimal im Monat. Dabei entwickelte sich oft starker Qualm mit Grillgeruch, der in das Schlafzimmer des anderen Nachbarn (Antragsteller) drang. Das Schlafzimmer des Antragstellers lag im 3. Stock des Nachbarhauses und war ca. 9 m vom Grillkamin entfernt.
Der geplagte Nachbar (Antragsteller) verlangte gerichtlich, dass der Grillnachbar nur noch 1 Mal im Monat und höchstens 5 Mal im Jahr mit seinem an der Grundstücksgrenze befindlichen Grillkamin grillen dürfe.
Das Gericht gab dem Antragsteller nur teilweise Recht. Es verurteilte den grillenden Nachbarn dazu, dass dieser nicht öfter als zweimal im Monat, beschränkt auf zehnmal im Jahr, mit seinem an der Grundstücksgrenze zum Antragsteller befindlichen Grillkamin grillen dürfe.
Dem Antragsteller stünde gegen den Antragsgegner gemäß §§ 935, 937 ZPO, §§ 1004, 823 Abs. 1 BGB ein Anspruch auf Unterlassung zu. Er werde durch eine häufigere Nutzung des Grillkamins zumindest in ihrem Besitzrecht an seiner Wohnung i. S. d. §§ 1004, 823 Abs. 1 BGB nachhaltig gestört.
Grillen sei zwar in den Sommermonaten durchaus üblich und müsse, wenn nicht die Wesentlichkeitsgrenze überschritten werde, als sozialadäquat grundsätzlich geduldet werden, führte das Gericht aus. Maßstab sei hierfür das Empfinden eines Durchschnittsbenutzers des betroffenen Grundstücks und nicht das subjektive Empfinden des Einzelnen (vgl. Oberlandesgericht Oldenburg, Urteil v. 29.07.2002 - 13 U 53/02 -; Landgericht München I, Beschluss v. 12.01.2004 - 15 S 22735/03 - = WuM 2004, 368). Diese Wesentlichkeitsgrenze, die Grenze des Zumutbaren, werde hier im Fall jedoch deutlich überschritten. Die unzumutbare Beeinträchtigung des Antragstellers durch Rauch, Ruß und Geruch liege danach auf der Hand. So habe z.B. der Senat für Bußgeldsachen des OLG Düsseldorf (OLG Düsseldorf, Beschluss v. 26.05.1995 - 5 Ss (OWi) 149/95 - (OWi) 79/95 - = WuM 1996, 56) in einem vergleichbaren Fall den Tatbestand einer erheblichen Belästigung der Nachbarschaft durch das Verbrennen oder Abbrennen von Gegenständen gem. § 7 LImmSchG NW bejaht, wenn in der Nähe eines Mehrfamilienhauses (dort in dessen Garten) der beim Grillen entstehende Qualm in konzentrierter Weise in Wohn- und Schlafzimmer unbeteiligter Nachbarn eindringt.
Das Amtsgericht Bonn habe in seinem häufig zitierten Urteil vom 29.04.1997 (Az. 6 C 545/96) für Mieter von Mehrfamilienhäusern in der Zeit von April bis September das Grillen unter Verwendung von Holzkohle nur einmal monatlich auf Balkon oder Terrasse zugelassen und dem grillenden Mieter noch aufgegeben, die Mieter im Haus, deren Belästigung durch Rauchgase unvermeidlich ist, 48 Stunden vorher darüber zu informieren – wie dies auch von der Antragstellerin begehrt werde.
Die Abstände im streitgegenständlichen Fall (immerhin 9 m allein zum Haus) sind allerdings nicht so gering wie zwischen den Balkonen eines Mehrfamilienhauses, so dass bereits deshalb dem Gericht eine Beschränkung auf ein einmaliges Grillen im Monat als zu restriktiv erschien.
Es seien die widerstreitenden Rechte der Betroffenen, die dem Grundgesetz zu entnehmende allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) des grillenden Nachbarn einerseits und das Recht auf einen ungestörten Gebrauch der Wohnung, also des Besitzes bzw. Eigentums (vgl. §§ 854 ff. BGB, § 823 Abs. 1 BGB, Art. 14 GG, andererseits, im jeweils zu beurteilenden Einzelfall abzuwägen und angemessen ins Verhältnis zu setzen. Nach der vorstehend tenorierten Lastenverteilung werde einerseits das Grillen nicht untersagt, sondern nur auf immerhin zwei Male im Monat während der Sommermonate eines Kalenderjahres – i. d. R. von Mai bis September -, also insgesamt 10mal pro Kalenderjahr beschränkt.
Andererseits müssten Nachbarn maximal nur diesen beiden Male – je nach Windrichtung – (auch) in den warmen Sommermonaten hinnehmen, zum Schutz vor Rauch- und Geruchsbelästigungen Fenster und Türen geschlossen halten zu müssen und ihren Balkon nur eingeschränkt nutzen zu können. Da üblicherweise nicht über Stunden gegrillt werde und der intensivste Rauch regelmäßig während der Anheizphase entstünde, dürfte sich aber auch die Beeinträchtigung der Balkonnutzung der Nachbarn auf ein vertretbares Maß reduzieren – zumal nach der Entscheidung des OLG Oldenburg vom 29.07.2002 (A.: 13 U 53/02) das Grillen zur Nachtzeit, also über 22.00 Uhr hinaus (bis maximal 24.00 Uhr) nur in „Einzelfällen“ an bis zu vier Abenden im Kalenderjahr zulässig sei.
Eine darüber hinausgehende Verpflichtung, die Absicht zu Grillen (weit) vorher anzuzeigen, war dem Gericht – jedenfalls im konkreten Fall – zu weitgehend und nicht praktikabel. Dem naturgemäß witterungsabhängigen Grillen würde damit die diesem innewohnende Spontanität weitgehend genommen. Müsste der Antragsgegner hier doch quasi sämtliche Parteien des Mehrparteienhauses stets (weit) vorher bei ständiger Beobachtung der Wetterprognose in ggf. auch nachweisbarer Form informieren. Zudem dient die vorherige Ankündigung primär dem Schutz vor Rauchbeeinträchtigungen bei in Abwesenheit geöffneten Fenstern und Türen; in Abwesenheit sind allerdings regelmäßig auch bereits aus versicherungstechnischen Gründen Fenster und Türen geschlossen zu halten.“
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 07.07.2011
Quelle: ra-online, Amtsgericht Westerstede (vt/pt)