21.11.2024
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Amtsgericht Schöneberg Urteil03.10.2007

Nachbar muss Grillen für ca. 2 Stunden und bis zu 25 Mal im Jahr hinnehmenUnzumutbare Geräusch- und Geruchs­be­läs­ti­gungen sind zu vermeiden

Wer in direkter Nachbarschaft einer Jugend­ein­richtung wohnt, der kann einen Anspruch auf Unterlassung möglicher Lärmbe­läs­ti­gungen durch Partys, Versammlungen, sportliche Aktivitäten und Gerüche durch Grillen für bestimmte Tages- und Nachtzeiten durchsetzen. Unter Berück­sich­tigung des Interesses der Allgemeinheit an einer kinder- und jugend­freund­lichen Umgebung kann ein generelles Verbot dieser Aktivitäten jedoch nicht erwirkt werden. Dies geht aus einer Entscheidung des Amtsgerichts Schöneberg hervor.

Im vorliegenden Fall klagte eine Anwohnerin gegen einen Verein, der auf seinem Grundstück seit vielen Jahren ein Jugendgästehaus und eine Jugend­bil­dungs­stätte führte, auf Unterlassung von Lärmbe­läs­ti­gungen durch die Gäste, besonders durch Fußballspielen und das Betreiben eines Grillplatzes. Die Klägerin behauptete, von den Veranstaltungen und den dort übernachtenden Schulklassen würden unzumutbare Geräu­schim­mis­sionen ausgehen und der Betrieb der Grillanlage führe zu erheblichen Geruchs­be­läs­ti­gungen. Sie forderte die Unterlassung von Partys und sonstiger Treffen mehrere, insbesondere feiernder oder sich laut unterhaltender Personen sowie das Tisch­ten­nis­s­pielen.

Verein: Der Klägerin war die Situation bei Anmietung der Wohnung bekannt

Der Verein erklärte, es handele sich um eine gemeinnützige Einrichtung, die seit 1952 ununterbrochen als Jugendgästehaus und Jugend­bil­dungs­stätte bestehe und derzeit darüber hinaus Aufgaben der Jugendhilfe und Jugend­aus­bildung, der Sozialarbeit und Präven­ti­o­ns­arbeit erfülle. Der Verein bestritt die erhobenen Vorwürfe der unzumutbaren Lärmbe­läs­ti­gungen und wies darauf hin, dass der Klägerin bei Anmietung ihrer Wohnung die Situation bekannt gewesen sei.

Anwohner haben Anspruch auf Unterlassung unzumutbarer Geräu­schim­mis­sionen

Das Amtsgericht Schöneberg erklärte unter Androhung eines Ordnungsgeldes in Höhe bis zu 250.000 Euro, dass der beklagte Verein auf dem Außengelände in der Zeit von 20.00 Uhr bis 7.00 Uhr und an Sonn- und Feiertagen bis 9 Uhr die angeführten Aktivitäten zu unterlassen habe. Als Besitzerin der Wohnung könne die Klägerin gemäß der §§ 862, 823, 1004 BGB ein Unterlassen von unzumutbaren Geräu­schim­mis­sionen in dieser Zeit verlangen. So stand zur Überzeugung des Gerichts nach glaubhafter Aussage einer früheren Anwohnerin fest, dass es in der Vergangenheit zu einer Beein­träch­tigung im Sinne des § 1004 BGB durch Geräu­schim­mis­sionen ab 20.00 Uhr gekommen sei.

Interesse der Allgemeinheit an einer kinder- und jugend­freund­lichen Umgebung ist zu berücksichtigen

Ein Unterlassen der Geräu­schim­mis­sionen in der übrigen Zeit konnte die Klägerin jedoch nicht verlangen. Es müsse auch das Interesse der Allgemeinheit an einer kinder- und jugend­freund­lichen Umgebung berücksichtigt werden, die die Klägerin zur Hinnahme von höheren Grenzwerten für Lärm und entsprechende Beglei­t­er­schei­nungen jugendlichen Freizeit­ver­haltens zwinge. Zu Lasten der Anwohnerin müsse auch berücksichtigt werden, dass sie bei Anmietung von der Existenz des Jugend­gä­ste­hauses Kenntnis gehabt habe.

Grillbetrieb ist für maximal 2 Stunden und bis 21.00 Uhr erlaubt

Die vollständige Unterlassung des Grillbetriebes konnte die Klägerin genau so wenig fordern. Jedoch müsse sich dieser auf 20-25 Mal im Jahr beschränken und dürfe eine Dauer von 2 Stunden und die Zeit bis 21.00 Uhr nicht überschreiten. Gelegentliches Grillen sei als sozial adäquat hinzunehmen (vgl. dazu auch Landgericht München I, Beschluss v. 12.01.2004 - 15 S 22735/03 - = WuM 2004, 368). Das Gericht habe bei dieser Entscheidung auch die Entfernung von 30 Metern vom Grillplatz zur Wohnung berücksichtigt. So wirke sich je nach vorherrschender Windrichtung nicht jedes Grillen störend auf die Klägerin aus.

Quelle: ra-online, Amtsgericht Berlin-Schöneberg (vt/st)

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