21.11.2024
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Sie sehen einen Vertrag, der gerade unterzeichnet wird und davor die ilhouetten von zwei Personen.
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Amtsgericht Stade Urteil14.04.2010

Eintra­gungs­eintrag für kosten­pflichtigen Internet-Branchen­bu­cheintrag darf nicht wie Korrekturabzug aussehen und die Entgeltlichkeit nicht im Fließtext versteckt werdenAntragsformular kaschiert die Kosten­pflich­tigkeit ihres Angebots durch eine unauffällige optische Aufmachung

Eine überraschende Klausel liegt vor, wenn es sich um eine objektiv ungewöhnliche Klausel handelt und der andere Teil nicht mit einer solchen zu rechnen braucht. Einträge in ein Branchen­ver­zeichnis sind häufig kostenlos, so dass eine Firma nicht mit der Kosten­pflich­tigkeit eines Branchen­bu­chein­trages zu rechnen braucht. Ein Vertrag, der auf der Grundlage eines Antrages zustande gekommen ist, in dem die Kosten­pflich­tigkeit nicht besonders deutlich hervorgehoben erscheint, wird damit unwirksam. Dies geht aus einer Entscheidung des Amtsgerichts Stade hervor.

Im vorliegenden Fall verlangte ein Unternehmen von einer Firma die Bezahlung für die Eintragung in ein Internet-Branchenbuch. Die Klägerin, die TSV-Telekom­mu­ni­ka­ti­o­ns­service Verlags- u. Vertriebs GmbH verlangte für einen Eintrag im dem Internet-Branchenbuch unter der Internetadresse www.Branche100.eu einen jährlichen Betrag in Höhe von 910 Euro. Der Klägerin war der Anspruch zuvor abgetreten worden.

Antrag auf Branchen­bu­cheintrag erreichte die Firma ohne vorherigen geschäftlichen Kontakt

Ohne vorherigen geschäftlichen Kontakt hatte die Firma, die den Anspruch abgetreten hat, der Beklagten ein mit Branchen­ein­tra­gungs­antrag überschriebenes Formular zugesandt. In dieses Formular seien bereits die für einen Branchenbucheintrag wesentlichen Betriebsdaten eingetragen gewesen. Zusätzlich enthielt das Schriftstück ein gerahmtes Kästchen mit der Aufforderung enthalten, die gemachten Angaben auf ihre Richtigkeit zu prüfen und zurückzusenden, sobald eine Eintragung gewünscht sei. Der Preis in Höhe von jährlich 910 Euro war in dem Textfeld ebenfalls enthalten gewesen. Die Annahme dieses Angebotes sollte durch die Unterschrift erfolgen. Das Formular war unter Verwendung des Firmenstempels des Beklagten unterzeichnet und zurückgeschickt worden. Schließlich stellte das Unternehmen der Firma für das erste Vertragsjahr eine Rechnung in Höhe von 1.082 Euro.

Beklagte Firma sieht sich arglistig getäuscht

Die beklagte Firma vertrat jedoch die Ansicht, dass es zu einem wirksamen Vertragsschluss am Rechts­bin­dungs­willen des Unter­zeich­nenden fehlen würde. Zudem läge eine arglistige Täuschung seitens des klagenden Unternehmens vor und das Angebot sei sittenwidrig.

Auch Gewer­be­treibende und Freiberufler müssen nicht von der Kosten­pflich­tigkeit eines Branchen­bu­chein­trages ausgehen

Nach Auffassung des Amtsgerichts Stade verstoße die Regelung, wonach die Eintragung in ein vollkommen unbekanntes Internet-Branchen­ver­zeichnis mit jährlich 910,00 Euro vergütet werden solle, gegen § 305 c Abs. 1 BGB und sei damit unwirksam. Eine überraschende Klausel liege vor, wenn es sich um eine objektiv ungewöhnliche Klausel handele und zudem der andere Teil nicht mit einer solchen Klausel zu rechnen brauche. Auch Gewer­be­treibende und Freiberufler müssten nicht von vornherein davon ausgehen, dass Einträge in einem Branchen­ver­zeichnis in der Regel kostenpflichtig seien. Es gebe sowohl genügend kostenlose als auch kosten­pflichtige Angebote dieser Art. Ob eine solche Eintragung kostenpflichtig sei, hänge unter anderem davon ab, wie bekannt und verbreitet das Branchen­ver­zeichnis sei.

Entgeltlichkeit wird durch Aufmachung des Formulars kaschiert

Hinzu komme, dass der Eintra­gungs­antrag wie ein Korrekturabzug aufgemacht gewesen sei. Der Empfänger eines Korrek­tu­r­abzuges dürfe erwarten, dass es ausschließlich um die Überprüfung der bereits vorein­ge­tragenen Daten gehe und nicht ein darüber hinausgehender kosten­pflichtiger Vertrag abgeschlossen werden solle. Auch bei Formu­la­r­ver­trägen, die sich an Gewer­be­treibende richteten, sei es üblich, dass die Haupt­leis­tungs­pflichten deutlich aus dem Vertragstext hervorgehe. Vorliegend werde die Entgeltlichkeit bewusst mit in einem Fliesstext ohne jegliche Hervorhebung versteckt. Dadurch dass die Währungsangabe und der Betrag zudem durch einen Zeilenumbruch getrennt würden, falle das Entgelt noch weniger ins Auge. Die Umrahmung ist nicht geeignet, die bewusst unüber­sichtliche Gestaltung auszugleichen. Hinzu kommt, dass der Blick des Lesers durch den ersten in der Umrahmung enthaltenen Satz, wonach er die obigen Daten auf die Richtigkeit überprüfen solle, erneut nach oben gelenkt werde.

Die seitens der Klägerin zitierte Entscheidung des Landgerichts Stade (Urteil vom 10.10.2007 - Az. 5 S 35/07) lasse sich nicht auf den vorliegenden Fall übertragen. Das dort verwendete Eintra­gungs­formular weise gegenüber dem hier verwendeten Eintra­gungs­formular gravierende Abweichungen auf, so dass sich dementsprechend in der Entscheidung des Landgerichts auch keine Ausführungen zu § 305 c BGB finden würden.

Quelle: ra-online, Amtsgericht Stade (vt/st)

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