18.10.2024
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Sie sehen eine Einbauküche in einer Wohnung.
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Amtsgericht München Urteil13.06.2017

Vermieter darf Wohnung nicht eigenmächtig räumenMieter darf sich sofort nach Entziehung wieder Besitz an Wohnung verschaffen

Wurde einem Mieter der Besitz durch verbotene Eigenmacht entzogen, darf er sich sofort nach der Entziehung wieder den Besitz an der Wohnung verschaffen. Dies entschied das Amtsgericht München und bestätigte damit eine einstweilige Verfügung, die dem Vermieter anwies dem Mieter wieder Besitz an seiner Wohnung einzuräumen und den ursprünglichen Zustand inklusive der zuvor vorhandenen Möbel wieder herzustellen.

Der Kläger des zugrunde liegenden Verfahrens ist Mieter einer möblierten Einzim­mer­wohnung in München. Die Parteien schlossen am 5. Dezember 2016 einen bis zum 1.März 2017 befristeten Mietvertrag über die oben genannten Räumlichkeiten. Die Befristung des Mietvertrages dürfte unwirksam sein.

Vermieter wechselt Schlösser an Wohnungstür - Mieter bricht in eigene Wohnung ein

An einem Dienstag im Mai 2017 soll der Vermieter dem Kläger telefonisch erklärt haben: "Das Amt zahlt keine Miete mehr! Ich schmeiß' Sie raus! Ich räume Sie!". Als der Mieter am darauffolgenden Mittwoch gegen 16 Uhr zu seiner Wohnung kam, war das Schloss ausgewechselt. Die Polizei soll daraufhin dem Mieter mitgeteilt haben, dass er in seine eigene Wohnung einbrechen dürfe, er müsse aber die Konsequenzen tragen, wenn sich dieser Vorgang im Nachhinein als illegitim herausstellen sollte. Bei dem durch Vermittlung der Polizei am Abend stattfindenden Treffen mit Vertretern der Vermieterin verweigerten diese dem Mieter den Zutritt. Man sagte, man würde nur aufsperren, damit eine dritte Person die nötigsten Dinge des Antragstellers aus der Wohnung holen könne. Der Mieter brach sodann zwischen ein und zwei Uhr in der darauffolgenden Nacht in seine eigene Wohnung ein. Am nächsten Tag wollten Angestellte der Mieterin die Wohnung räumen. Als sie feststellten, dass sich der Mieter wieder in der Wohnung befand, riefen sie die Polizei. Die eintreffenden Polizeibeamten teilten mit, dass sie für die Frage der Wohnungsräumung nicht zuständig seien, da es sich lediglich um eine zivilrechtliche Frage handele. Da der Mieter den Beamten die Wohnungstür geöffnet hatte, gelang es den Angestellten einzutreten und die Wohnung zu räumen.

Vermieterin verweist auf abgelaufenen befristeten Mietvertrag

Die Vermieterin begründet ihr Vorgehen damit, dass der befristete Mietvertrag abgelaufen und die Miete vom Jobcenter seit April nicht mehr gezahlt worden sei. Als man damit begonnen habe, die Möbel gemäß der gerichtlichen einstweiligen Verfügung zurück­zu­schaffen, seien comicartige Zeichnungen gefunden worden, die wegen ihres Inhalts zur Anzeige gegen den Mieter wegen des Verdachts des Besitzes kinderpor­no­gra­phischer Schriften geführt hätten. Die Vermieterin habe mittlerweile, wenn auch erst eine Woche nach der Räumung, dem Mieter formgerecht die fristlose Kündigung erklärt.

Vermieter darf Mieterschutz nicht durch Entziehung der Wohnung aushebeln

Das Amtsgericht München gab dem Kläger Recht. Werde dem Besitzer eines Grundstücks der Besitz durch verbotene Eigenmacht entzogen, dürfe er sich sofort nach der Entziehung wieder des Besitzes bemächtigen. Der Mieter habe sich um 19 Uhr nicht auf eine körperliche Ausein­an­der­setzung mit den Mitarbeitern der Beklagten einlassen müssen, sondern habe noch ein paar Stunden warten dürfen, um sich in der Nacht wieder in den Besitz seiner Wohnung zu setzen. Ansprüche der Beklagten auf Räumung und Herausgabe der Wohnung stünden vorliegend nicht rechtskräftig fest. Der Vermieter könne den Mieterschutz der §§ 573 ff. BGB nicht dadurch aushebeln, dass er den Mieter mit Gewalt der Wohnung entsetze.

Bei unzulässiger Räumung gefundene Zeichnungen nicht relevant

Aus den auch erst nach der unzulässigen Räumung aufgefundenen Zeichnungen, die der Mieter für seinen Bruder aufbewahrt haben will, ergäbe sich keine konkrete Gefahr für Leib oder Leben Dritter. Gerade auf einem Wohnungsmarkt, der wie der in München derart angespannt sei, könne ein Verhalten wie das der Beklagten schlicht nicht geduldet werden.

Quelle: Amtsgericht München/ra-online

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