Dokument-Nr. 12295
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- WuM 1994, 425Zeitschrift: Wohnungswirtschaft und Mietrecht (WuM), Jahrgang: 1994, Seite: 425
Amtsgericht München Urteil17.06.1993
Betreten der Mietwohnung durch Dritte: Mieter darf Vorzeigen des Ausweises verlangen, nicht aber das Ausziehen der SchuheVermieter darf Mieter deswegen nicht fristlos kündigen
Der Mieter einer Wohnung darf von Personen, die die Wohnung betreten wollen, das Vorzeigen des Ausweises verlangen. Er kann aber nicht das Ausziehen der Schuhe verlangen. Der Vermieter darf dem Mieter wegen des Verlangens nicht fristlos kündigen. Dies geht aus einer Entscheidung des Amtsgerichts München hervor.
In dem zu Grunde liegenden Fall beabsichtigte die Vermieterin einer Wohnung diese zu verkaufen und vor dem Verkauf zu renovieren. Die Wohnung war noch vermietet. Die Mieter verlangten von den Handwerkern, den Kaufinteressenten und der Maklerin, dass diese ihre Schuhe vor dem Betreten der Räume ausziehen. Zudem verlangten sie, dass jeder Besucher seinen Ausweis vorzeigt. Auch notierten sie sich die Namen der Besucher. Die Vermieterin kündigte aufgrund dessen das Mietverhältnis im Januar 1993 fristlos. Da sich die Mieter weigerten auszuziehen, erhob sie Klage auf Räumung und Herausgabe. Außerdem begehrte sie die Feststellung, dass die Mieter nicht berechtigt seien, das Vorzeigen des Ausweises und das Ausziehen der Schuhe zu verlangen sowie, dass die Mieter für deswegen eventuell eintretende Schäden zu haften haben.
Anspruch auf Räumung und Herausgabe bestand nicht
Das Amtsgericht München verneinte einen Anspruch auf Herausgabe und Räumung der Wohnung gemäß § 556 Abs. 1 BGB (neu: § 546 Abs. 1 BGB). Denn das Mietverhältnis sei nicht durch die fristlose Kündigung beendet worden. Eine wirksame Kündigung habe mangels Kündigungsgrund nicht vorgelegen. Insbesondere sei eine Kündigung gemäß § 554 a BGB (neu: § 569 Abs. 2 BGB) nicht in Betracht gekommen, da die Mieter nicht schuldhaft gehandelt haben. Die Mieter stützten sich auf einen Beschluss des Amtsgerichts München v. 27.05.1992, in dem festgestellt wurde, dass Mieter das Ausziehen der Schuhe und das Vorzeigen des Ausweises verlangen dürfen. Wer sich aber auf eine Entscheidung eines Gerichts beruft, könne nicht schuldhaft handeln.
Verlangen der Ausweisvorlage war berechtigt
Aus Sicht des Amtsgerichts München seien die Mieter dazu berechtigt gewesen, sich den Ausweis all derjenigen vorzeigen zu lassen, die die Wohnung betreten wollten. Dies ergebe sich aus dem Recht zum Mietgebrauch (§ 535 BGB) und dem Grundgesetz (Art. 2 und 13 GG). Darüber hinaus sei es den Mietern aus Sicherheitsgründen nicht verwehrt gewesen, den Ausweis zu verlangen und sich die Namen zu notieren.
Verlangen des Ausziehens der Schuhe war unberechtigt
Demgegenüber haben die Mieter von den Besuchern der Wohnung nicht das Ausziehen der Schuhe verlangen dürfen, so das Amtsgericht weiter. Laut Mietvertrag haben sie das Betreten der Wohnung durch Handwerker, Kaufinteressenten und Makler zu dulden gehabt. Dies umfasse nach dem allgemeinen Sprachgebrauch auch das Betreten mit einer üblichen Fußbekleidung. Daran ändere auch der Umstand nichts, dass dadurch Schmutz in die Wohnung gelangt. Insofern stehen andere, mildere Mittel, wie das Tragen von Überschuhen, zur Verfügung. Darauf haben die Mieter aufgrund ihres Hausrechts (Art. 13 GG, §§ 535 und 862 BGB) auch einen Anspruch. Das Gericht stellte hingegen fest, dass aufgrund des Verlangens des Schuheausziehens, der Vermieterin im Falle eines Schadenseintritts ein Anspruch auf Schadenersatz zustehen könne.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 14.03.2013
Quelle: Amtsgericht München, ra-online (zt/WuM 1994, 425/rb)
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