21.11.2024
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Amtsgericht München Urteil26.03.2015

Änderung der Kreuzfahrt-Reiseroute berechtigt zur Reise­preis­min­derungGesamte Reise aufgrund einer zweimaligen Änderung der Reiseroute mangelhaft

Eine nachträgliche Änderung der Reiseroute durch ein Kreuz­fahrt­unternehmen kann zu einem Minde­rungs­an­spruch führen. Dies entschied das Amtsgerichts München.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der 69-jährige Kläger aus Lübeck buchte für sich und seine Ehefrau am 21. Januar 2014 über ein Online-Reisebüro eine Schwarzmeer-Kreuzfahrt vom 22. September 2014 bis 3. Oktober 2014 bei dem beklagten Reise­ver­an­stalter zum Preis von 2.606,10 Euro. Bei dieser Kreuzfahrt sollten folgende Häfen angelaufen werden: Katakolon (Griechenland), Istanbul (Türkei), Jalta (Ukraine), Odessa (Ukraine), Constanza (Rumänien) sowie Gythion (Griechenland). Mit Schreiben vom Juli 2014 teilte das Reisebüro dem Kläger mit, dass sich die Kreuzfahrtroute ins Schwarze Meer aufgrund der aktuellen politischen Situation geändert habe, so dass Odessa und Jalta durch attraktive Ziele wie Burgas (Bulgarien), Volos (Griechenland) und Izmir (Türkei) ersetzt worden seien. Weiter heißt es in diesem Schreiben: "(Wir) möchten jetzt schon vorsorglich darauf hinweisen, dass eine kostenlose Stornierung oder Umbuchung gemäß der Geschäfts­be­din­gungen (AGB) des Veranstalters nicht möglich ist und wir hierauf auch keinerlei Einfluss haben". Der Kläger nahm dann telefonisch mit dem Reisebüro Kontakt auf und dieses bestätigte ihm nochmals, dass eine Stornierung nicht möglich sei. Er solle sich nach der Reise mit dem Reise­ver­an­stalter in Verbindung setzen. Infolge der Abänderung der Häfen verkürzte sich die Seereiseroute um mindestens 1.000 Seemeilen. Nach Bezahlung des restlichen Kaufpreises trat der Kläger zusammen mit seiner Frau die Kreuzfahrt an. Eine Stunde vor der geplanten Abreise in Istanbul wurde die Fahrt in das Schwarze Meer und damit auch die Durchfahrt durch die Dardanellen vollständig gestrichen und als Ersatz die Häfen Marmaris (Türkei) und Dubrovnik (Kroatien) festgelegt. Als Grund für die Routenänderung gab der Kapitän des Kreuz­fahrt­schiffes einen schlechten Wetterbericht für das Schwarze Meer an.

Reise­ver­an­stalter verneint wesentliche Leistung­s­än­de­rungen durch Änderung der Reiseroute

Der Kläger forderte nach Rückkehr von der Reise von dem Kreuz­fahrt­un­ter­nehmen eine Reisepreisminderung in Höhe von 30 % des Reisepreises. Der Reise­ver­an­stalter bot lediglich einen Gutschein für eine Reise­prei­s­er­mä­ßigung in Höhe von 50 % auf die Kosten einer anderen Kreuzfahrt mit dem Unternehmen an. Das Kreuz­fahrt­un­ter­nehmen wirft dem Kläger vor, dass er vor Reiseantritt die Möglichkeit gehabt habe, sein Stornie­rungsrecht zu prüfen. Die abgeänderte Reiseroute sei keine wesentliche Leistung­s­än­derung und außerdem habe der Kläger ja vorbehaltlos die geänderte Reise bezahlt. Der Kläger lehnte das Gutschein­angebot ab. Der Reise­ver­an­stalter zahlte nicht. Der Lübecker erhob Klage vor dem Amtsgericht München auf Zahlung von 781.80 Euro.

Reisepreis wurde aufgrund der verneinten Möglichkeit zur Stornierung der Kreuzfahrt nicht vorbehaltlos bezahlt

Die zuständige Richterin am Amtsgericht München gab dem Kläger Recht. Zur Begründung führte das Gericht aus, das die von der Beklagten tatsächlich durchgeführte Kreuzfahrt durch das östliche Mittelmeer nicht der vom Kläger ursprünglich gebuchten Schwarzmeer-Kreuzfahrt mit der Durchfahrt durch die Dardanellen und der Anfahrt der Häfen Jalta und Odessa bzw. nach der ersten erfolgten Änderung der Häfen Burgas, Volos, Izmir und Constanza entsprach. Daher war die gesamte Reise mangelhaft. Da das Reise­un­ter­nehmen dem Kläger sowohl schriftlich als auch mündlich hat mitteilen lassen, dass er die Reise nicht stornieren kann, habe er auch nicht vorbehaltlos bezahlt.

Vorgenommene Routenänderung war nicht von Allgemeinen Reise­be­din­gungen abgedeckt

Die von der Beklagten vorgenommene Routenänderung - sowohl die erste wie auch die zweite - war nicht von den Allgemeinen Reise­be­din­gungen (ARB) der Beklagten abgedeckt. Diese sind nämlich vorliegend nicht wirksam bei Vertragsschluss mit einbezogen worden. Da der Kläger bei der Online-Buchung von den ARB der Beklagten keine Kenntnis nehmen konnte, sind diese nicht Vertrags­be­standteil geworden.

Berufen auf "höherer Gewalt" nicht möglich

Der Minde­rungs­an­spruch des Klägers entfällt auch nicht wegen "höherer Gewalt", nämlich die politische Unruhe mit Kriegszuständen in der Ukraine und schlechtes Wetter. Denn auch höhere Gewalt beeinträchtigt die Einstands­pflicht des Reise­ver­an­stalters nicht.

Gericht spricht Kläger Minderung des Reisepreises von 30 % zu

Zur Höhe des Minde­rungs­an­spruches stellt das Gericht fest, dass eine Kreuzfahrt eine Mischung aus kulturellen und landschaft­lichen Höhepunkten, gepaart mit der Besonderheit der ständigen Fortbewegung auf dem Meer ist. Bei einer Kreuzfahrt, die ursprünglich in das Schwarze Meer führen sollte, tatsächlich aber nur im östlichen Mittelmeer durchgeführt worden ist, wird der Gesamtcharakter der Kreuzfahrt entsprechend geändert. Daher ist der Minde­rungs­an­spruch auf den Gesam­t­rei­sepreis vorzunehmen. Das Gericht sprach dem Lübecker eine Minderung von 30 % des Reisepreises zu.

Quelle: Amtsgericht München/ra-online

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