Der Kläger des zugrunde liegenden Streitfalls stellte am 28. Januar 2013 seinen Pkw ordnungsgemäß am Fahrbahnrand der Jungwirthstraße in München ab. Gegen 15 Uhr ging von dem Haus, vor dem der Kläger geparkt hatte, eine Schneelawine vom Dach ab, obwohl auf dem Dach ein Schneefanggitter angebracht war. Die Schneelawine traf direkt den Pkw Kia Rio des Klägers. Dadurch wurden die Kofferraumabdeckung und die Heckscheibe stark beschädigt. Der Pkw war im Mai 2003 zugelassen worden und hatte einen Wiederbeschaffungswert von 3.000 Euro. Nach dem Unfall ließ der Kläger von einem Sachverständigen ein Unfallgutachten erstellen. Der Gutachter stellte fest, dass das Fahrzeug nur noch 750 Euro wert war, also wirtschaftlicher Totalschaden entstanden war.
Der Pkw-Halter verlangt nun von der Hauseigentümerin den Schaden für den Pkw in Höhe von 2.250 Euro ersetzt, also die Differenz zwischen dem Wiederbeschaffungswert und dem Restwert, und die Kosten für das Sachverständigengutachten in Höhe von 415 Euro. Der Pkw-Halter ist der Meinung, dass die Hauseigentümerin trotz des Schneefanggitters auf dem Dach ihre Verkehrssicherungspflicht verletzt habe. Das Dach des Gebäudes habe ein extrem starkes Gefälle mit über 60 Grad. Wegen der starken Dachneigung könne das Schneefanggitter nur eingeschränkt seine Funktion erfüllen. Die Eigentümerin habe damit ihre Verkehrssicherungspflicht verletzt und müsse seinen Schaden ersetzen.
Die Hauseigentümerin weigert sich zu zahlen. Sie ist der Meinung, dass sie mit dem Anbringen der Schneefanggitter ihre Verkehrssicherungspflicht erfüllt hat.
Der Kläger erhob daraufhin gegen die Hauseigentümerin Klage vor dem Amtsgericht München. Die zuständige Richterin wies die Klage jedoch in vollem Umfang ab, sodass der Pkw Halter auf seinem Schaden sitzen bleibt. Das Gericht stellt fest, dass die Hauseigentümerin mit dem Anbringen der Schneefanggitter ihrer Verkehrssicherungspflicht in ausreichendem Maß nachgekommen ist.
Grundsätzlich habe im Fall von Dachlawinen jeder selbst für die Sicherheit seines Eigentums Sorge zu tragen, folglich müsse auch der Pkw-Halter seinen Pkw an einem vor Dachlawinen sicheren Ort abstellen. Erst im Fall von konkreten Gefahren ist der Hauseigentümer verpflichtet, durch geeignete Maßnahmen Dritte vor Schäden zu schützen. Je nach Einzelfall könne es auf die allgemeine Schneelage vor Ort, die Neigung des Daches, die örtlichen Gepflogenheiten und die konkrete Witterungslage ankommen. Im vorliegenden Fall hat das Gericht konkrete Umstände, die zusätzliche Maßnahmen erforderlich machen könnten, nicht festgestellt. Insbesondere sei auch das Aufstellen von Warnschildern nicht erforderlich gewesen. Das Aufstellen von Warnschildern sei nicht durch gesetzliche Vorschriften geregelt. Weder die Bayerische Bauordnung enthalte eine Regelung zum Schutz vor Dachlawinen, noch gebe es eine entsprechende Verordnung der Stadt München.
Das Gericht stellt weiter fest, dass sich eine Pflicht zur Aufstellung von Warnschildern auch dadurch erübrige, dass der Geschädigte als Ortsansässiger ohnehin mit der Gefahr von Dachlawinen - unabhängig von der Schräge des Daches - vertraut ist und es somit keiner zusätzlichen Warnung bedarf.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 27.10.2014
Quelle: Amtsgericht München/ra-online