18.10.2024
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Amtsgericht München Urteil25.05.2010

Dreckiges Hotelzimmer: Urlauber muss Reise­ver­an­stalter angemessenen Zeitraum zur Beseitigung von Mängeln gebenKündigung eines Reisevertrages nicht ohne Einhaltung von Fristen möglich

Ein Urlauber kann seinen Reisevertrag nur dann kündigen, wenn er dem Reise­un­ter­nehmer eine angemessene Frist zur Mängel­be­sei­tigung gegeben hat. Dies entschied das Amtsgericht München.

Im zugrunde liegenden Streitfall buchte ein Urlauber bei einem Reise­un­ter­nehmen für den Monat August 2009 ein Ferienhaus in Ligurien zum Preis von 1.183 Euro. 100 Euro zahlte er als Kaution. Er reiste mit dem Auto an. Nach 12 Stunden Fahrtzeit erreichte er um 16 Uhr das Ferienhaus und fand dieses schmutzig vor, insbesondere die Matratzen waren nicht sauber. Er wartete ca. 3 Stunden auf den Reiseleiter. Als dieser kam, bot er dem Urlauber eine Ersatzwohnung an. Das wollte dieser nicht, da sich die Ersatzwohnung nicht in Küstennähe befand. Darauf hin versprach der Reiseleiter, das Ferienhaus binnen 2 Stunden vollständig zu reinigen. Das dauerte dem Urlauber zu lange. Er erklärte umgehend die Kündigung des Reisevertrages und fuhr anschließend wieder nach Hause.

Urlauber verlangt sämtliche Reisekosten erstattet

Zu Hause verlangte der Urlauber den Reisepreis einschließlich der Kaution zurück, ebenso die Kosten für die Reise­rück­tritts­ver­si­cherung, Ersatz der Kosten für die An- und Abreise und Schadenersatz wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit. Insgesamt wollte er vom Reise­un­ter­nehmen 3.170 Euro erstattet haben. Er sei zu Recht gleich wieder heimgefahren. Ein weiteres Zuwarten auf die Reinigung sei nach 12 Stunden Anfahrt und 3 Stunden Wartezeit nicht mehr zumutbar gewesen. Außerdem habe das Reise­un­ter­nehmen für die Reinigungszeit keine Ersat­zun­terkunft angeboten. Die Nachreinigung hätte schließlich mit Sicherheit ein bis zwei Tage gedauert. Das Reise­un­ter­nehmen weigerte sich zu zahlen, daher kam die Streitigkeit vor Gericht.

Urlauber hat lediglich Anspruch auf Rückzahlung der Kaution

Die Richterin des Amtsgerichts München sprach dem Urlauber 100 Euro zu und wies im Übrigen die Klage jedoch ab. Der Urlauber habe einen Anspruch auf Rückzahlung seiner Kaution, da das Vertrags­ver­hältnis beendet sei. Er habe jedoch keinen Anspruch auf Rückerstattung des Reisepreises, der Kosten für die Reise­rück­tritts­ver­si­cherung, der Fahrtkosten sowie auf Schadenersatz wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit.

Gesetzte Frist zur Mängel­be­sei­tigung war für Urlauber nicht unzumutbar

Alle diese Ansprüche setzten voraus, dass der Urlauber dem Reise­un­ter­nehmen eine angemessene Frist zur Beseitigung der Mängel eingeräumt habe. Dies habe dieser aber nicht getan, sondern sei unmittelbar abgereist. Eine Fristsetzung sei auch nicht unzumutbar gewesen. Alleine der Umstand, dass der Kläger eine Anfahrt von 12 Stunden hinter sich hatte, reiche dafür nicht aus. Die Anreise sei nicht Bestandteil des Vertrages gewesen. Der Kläger sei dabei völlig frei in seiner Auswahl gewesen. Dass er mit dem Auto anreiste, habe daher im Risikobereich des Klägers gelegen und sei der Beklagten nicht zuzurechnen. Auch dass er erst um 16 Uhr angekommen sei, sei auf sein Verhalten zurückzuführen. Der Reiseleiter sei um 19 Uhr erschienen, die Reinigung sollte bis 21 Uhr durchgeführt werden. Dies wäre zumutbar gewesen, im Übrigen auch ohne Ersat­zun­terkunft. Diese kurze Zeit hätte der Urlauber problemlos im Urlaubsort überbrücken können. Auch wenn der Kläger davon ausging, dass die Reinigung länger dauern würde, hätte er zumindest die zwei Stunden abwarten müssen.

Exkurs:

Erläuterungen
Ist die Unterkunft schmutzig, die Umgebung laut oder alles ganz anders, wie beschrieben, kann der Urlauber nicht ohne weiteres sein Geld zurückverlangen oder sogar weiteren Schadenersatz geltend machen. Das Reise­ver­tragsrecht unterliegt einigen Formalien, die beachtet werden müssen. So müssen für eine Minderung Mängel unverzüglich angezeigt werden, bei Kündigung und Schadenersatz muss eine Frist zur Mängelbeseitigung gesetzt werden und die Ansprüche insgesamt sind innerhalb eines Monats nach der vertraglich vorgesehen Beendigung der Reise gegenüber dem Reise­ver­an­stalter geltend zu machen. Ausnahmen gibt es natürlich, so braucht es zum Beispiel für eine Kündigung keine Fristsetzung, wenn die Mängel­be­sei­tigung verweigert wird, die Abhilfe unmöglich oder die Kündigung durch ein besonderes Interesse des Reisenden gerechtfertigt ist. Dass Ausnahmen vorlagen, muss der Urlauber später aber beweisen. Deshalb sollte er vor Ort die Formalitäten genau einhalten, sonst kann es sein, dass er, trotz eindeutiger Mängel, vor Gericht unterliegt.

Quelle: Amtsgericht München/ra-online

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