Dokument-Nr. 24060
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- Leistungspflicht der Reiserücktrittsversicherung bei Reisestornierung aufgrund unerwarteter Wiederaufnahme der ChemotherapieLandgericht Köln, Urteil07.11.2013, 24 S 15/13
- AG München: Bei unerwarteter Verschlechterung einer bestehenden Erkrankung besteht dennoch VersicherungsschutzAmtsgericht München, Urteil20.10.2010, 262 C 11943/09
Amtsgericht München Urteil30.08.2016
Verschlechterung einer chronischen Erkrankung kann "unerwartete Erkrankung" im Sinn der Versicherungsbedingungen darstellen"Unerwartete" Erkrankung bedeutet nicht zwingend völlig neu entstandene Erkrankung nach Reisebuchung und Versicherungsabschluss
Das Amtsgericht München hat entschieden, dass eine Klausel in den Allgemeinen Reisebedingungen, wonach keine Leistungspflicht für bei der Reisebuchung bestehende Krankheiten und deren Folgen festgeschrieben wird, den Versicherten unangemessen benachteiligt und unwirksam ist.
Der Kläger des zugrunde liegenden Streitfalls besaß eine Kreditkarte, über die er reisereisrücktrittversichert ist. Gemäß Ziff. 3. 4. 2 a der Versicherungsbedingungen sind unter anderem versicherte Reiserücktrittgründe Tod, schwerer Unfall oder unerwartet schwere Erkrankung der versicherten Person. Gemäß Ziff. 3. 5. 3 der Versicherungsbedingungen besteht keine Leistungspflicht für bei Reisebuchung bestehende Krankheiten und deren Folgen.
Der 77-jährige Kläger buchte für sich und seine Ehefrau am im November 2014 eine Reise in der Zeit vom 9. bis 23. Februar 2015 nach Teneriffa zum Preis von 2.196 Euro.
Reiserücktrittsversicherung verweigert Erstattung der Gebühren für Reisestornierung
Seit dem Jahr 2006 leidet der Kläger an einer nicht akuten kompensierten Niereninsuffizienz. Diese war jahrelang unauffällig und ohne Beschwerdeerscheinungen, so dass der Kläger zahlreiche Reisen ohne Probleme durchführen konnte. Im Dezember 2014 litt er an einer Angina und musste sich im Krankenhaus behandeln lassen. Am 2. Januar 15 musste er wegen Bluthochdrucks behandelt werden. Dabei wurde festgestellt, dass der Kreatininwert gestiegen war, und es wurde ihm abgeraten, die gebuchte Reise anzutreten. Aufgrund dessen stornierte er die Reise. Vorm Reiseunternehmen wurde eine Stornogebühr in Höhe von 923 Euro erhoben. Als der Kläger diese Kosten bei seiner Reiserücktrittsversicherung geltend machte, verweigerte diese die Leistung. Sie vertrat die Ansicht, dass das Risiko der Vorerkrankung in den Versicherungsbedingungen ausgeschlossen sei und nur neue auftretende Erkrankungen Versicherungsschutz genießen.
Kreditkartenunternehmen muss im Zuge der Reiserücktrittsversicherung Stornokosten übernehmen
Das Amtsgericht München gab dem Mann auf die daraufhin erhobene Klage Recht und verurteilte das Kreditkartenunternehmen aufgrund der Reiserücktrittversicherung zur Zahlung der Stornokosten abzüglich eines Selbstbehalts in Höhe von 100 Euro, wie in den allgemeinen Geschäftsbedingungen vorgeschrieben, also zur Zahlung von 823 Euro.
Versicherungsbedingungen wegen unangemessener Benachteiligung unwirksam
Das Gericht stellte fest, dass die Bestimmung Ziff. 3.5.3. der Versicherungsbedingungen unwirksam ist, da die Regelung die Versicherten unangemessen benachteilige. Danach bestehe zwar keine Leistungspflicht für bei der Reisebuchung bestehende Krankheiten und deren Folgen. Die Klausel differenziere zum einen nicht zwischen der versicherten Person bekannten und unbekannten Vorerkrankungen, so dass auch der versicherten Person unbekannte Vorerkrankungen bei Reisebuchung vom Versicherungsschutz ausgeschlossen seien, so das Gericht. Zum anderen würde Ziffer 3.4.2. der Versicherungsbedingungen, wonach Versicherungsschutz bei Auftreten einer unerwartet schweren Erkrankung bestehe, unterlaufen. Mit der Beschränkung auf unerwartete Erkrankungen würden zum Teil Vorerkrankungen des Versicherten ausgeschlossen, so das Gericht.
Auch verschlechterung der Krankheit kann "unerwartete" Krankheit darstellen
"Unerwartet" im Sinn der Vorschrift bedeute nicht, dass die Erkrankung nach Reisebuchung und Versicherungsabschluss völlig neu entstehen muss. Der Verlauf der chronischen Niereninsuffizienz beim Kläger war jahrelang stabil. Bei der Verschlechterung Anfang des Jahres 2015 handele es sich nicht um eine zwingende Zustandsverschlechterung, sondern sie sei durch ein zufälliges Akutereignis ausgelöst worden und stelle, nach Meinung des Gerichts, damit eine unerwartete Erkrankung im Sinn der Versicherungsbedingungen dar.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 31.03.2017
Quelle: Amtsgericht München/ra-online
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