21.11.2024
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Amtsgericht München Urteil20.10.2010

AG München: Bei unerwarteter Verschlech­terung einer bestehenden Erkrankung besteht dennoch Versi­che­rungs­schutzFür Versi­che­rungs­schutz muss Erkrankung nach Reisebuchung nicht völlig neu entstehen

Bei einer plötzlichen Verschlech­terung einer bei einer Reisebuchung bekannten Krankheit, die ursprünglich die Reise nicht in Frage stellte, besteht Versi­che­rungs­schutz bezüglich der Stornokosten, wenn zunächst seitens des Reisenden mit einer Reisefähigkeit gerechnet werden durfte.

Im zugrunde liegenden Fall schloss der spätere Kläger im Dezember 2007 bei einem Versi­che­rungs­un­ter­nehmen eine Reiserücktrittskostenversicherung ab, die sämtliche zukünftige Reisen beinhaltete. Im Versi­che­rungs­vertrag wurde geregelt, dass kein Versi­che­rungs­schutz besteht, wenn der Versi­che­rungsfall, also z.B. die Krankheit zum Zeitpunkt der Buchung der Reise vorhersehbar war, d.h. der Reisende mit dem Eintritt der Krankheit rechnen musste.

Krankheitsbild nach erlittenem Bandschei­ben­vorfall nach Sprit­zen­therapie verbessert

Ende Februar 2008 erlitt der Versicherte einen Bandschei­ben­vorfall. Eine Operation war jedoch nicht erforderlich. Anfang August unterzog er sich einer Sprit­zen­therapie. Nach Abschluss der Behandlung wurde ihm vom Arzt mitgeteilt, dass er weiterhin nicht operiert werden müsste und dass sich sein Krankheitsbild zu 90 Prozent gebessert hätte.

Stornierung der Reise aufgrund einer notwendigen Bandschei­ben­ope­ration

Ende August buchte er schließlich für sich und seine Ehefrau für die zweite Novemberhälfte eine Reise nach Rom zum Preis von 1.553 Euro. Ende Oktober musste er allerdings dann doch an der Bandscheibe operiert werden. Er stornierte sofort die Reise und wollte die angefallenen Kosten in Höhe von 916 Euro von der Versicherung ersetzt bekommen.

Versicherung verweigert Kostenübernahme

Die Versicherung weigerte sich jedoch zu bezahlen. Es liege ein seit Februar 2008 nicht auskurierter Bandschei­ben­vorfall vor. Der Versicherte hätte die Reise nicht buchen dürfen. Dieser entgegnete, dass er schließlich zwischen Februar und Oktober 2008 zahlreiche Reisen zum Skifahren, Wandern und Radfahren ohne jegliche Probleme unternommen hätte. Er habe keinerlei Anhaltspunkte gehabt, dass er die Romreise nicht würde antreten können.

Erkrankter durfte bei Reisebuchung auf Auskünfte und Ratschläge der Ärzte vertrauen

Der zuständige Richter beim Amtsgericht München gab dem Versicherten Recht und verurteilte das Versi­che­rungs­un­ter­nehmen zur Zahlung der Stornokosten: Der Kläger sei wegen einer unerwarteten, schweren Erkrankung zum Reiseantritt nicht in der Lage gewesen. Auch eine bei Buchung der Reise vorhandene und bekannte Krankheit könne unerwartet sein, wenn zunächst mit einer Reisefähigkeit gerechnet werden konnte. Bei der Beurteilung dieser Frage dürfe der Erkrankte auf Auskünfte und Ratschläge der Ärzte vertrauen. Unerwartet bedeute nicht, dass die Erkrankung nach Reisebuchung völlig neu entstehen müsse. Auch bei einer plötzlichen Verschlech­terung einer bekannten Erkrankung, die vorher die Reise nicht in Frage stellte, bestünde Versi­che­rungs­schutz. Vorliegend habe man dem Kläger ärztlicherseits bestätigt, dass sich sein Befund zu 90 Prozent gebessert habe und dass er keine Operation benötige. Dieser habe daher mit einer Operation und der dadurch eintretenden Reise­un­fä­higkeit nicht rechnen müssen. Der Versi­che­rungs­schutz bestehe daher.

Quelle: Amtsgericht München/ra-online

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