18.10.2024
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Amtsgericht München Urteil05.08.2022

Werbe-E-Mails ohne Zustimmung stellen Eingriff in allgemeines Persönlichkeits­recht darAG München gibt Klage statt

Das Amtsgericht München untersagte einem Pay-TV Anbieter, im geschäftlichen Verkehr zu Werbezwecken mit dem Kläger per E-Mail Kontakt aufzunehmen, ohne dass dessen ausdrückliche Einwilligung vorliegt. Für jeden Fall der Zuwiderhandlung wurde ein Ordnungsgeld von bis zu 250.000 EUR angedroht, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollziehen an dem oder den Geschäftsführer(n).

Der Kläger betrieb eine E-Mail-Adresse, die er unter anderem für berufliche Zwecke nutzte. Im Dezember 2021 widersprach er der werblichen Nutzung seiner perso­nen­be­zogenen Daten, indem er eine E-Mail an die Beklagte sandte. Trotzdem erhielt er im Januar 2022 erneut elektronische Post der Beklagten, mit der diese für den Abschluss eines 12monatigen Abos warb. Der Kläger forderte die Beklagte zunächst außer­ge­richtlich zur Unterlassung auf. Nachdem keine Reaktion erfolgte, habe er Klage erhoben. Der Kläger ist der Ansicht, sein Widerspruch sei wirksam. Dieser könne nach der Daten­schutz­grund­ver­ordnung jederzeit und insbesondere formlos erfolgen. Die Beklagte trug vor, dem Kläger sei auf seine Nachricht vom Dezember mitgeteilt worden, dass er ganz einfach die entsprechende Einwilligung im Kunden­ver­wal­tungs­system entziehen könne. Da der Kläger dies nicht getan habe, habe sie davon ausgehen können, dass seine Einwilligung weiterhin Bestand haben könne.

Beein­träch­tigung des allgemeinen Persön­lich­keits­rechts durch ungewollte Kontaktaufnahme

Das Gericht gab der Klage vollumfänglich statt. Die Verwendung von elektronischer Post für die Zwecke der Werbung gegen den eindeutig erklärten Willen des Klägers stelle einen Eingriff in seine geschützte Privatsphäre und damit in sein allgemeines Persön­lich­keitsrecht dar. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht schütze den Bereich privater Lebens­ge­staltung und gäbe dem Betroffenen das Recht, im privaten Bereich in Ruhe gelassen zu werden. Hieraus folge ein Recht des Einzelnen, seine Privatsphäre freizuhalten von unerwünschter Einflussnahme anderer, und die Möglichkeit des Betroffenen, selbst darüber zu entscheiden, mit welchen Personen und gegebenenfalls in welchem Umfang er mit ihnen Kontakt haben will. Das allgemeine Persön­lich­keitsrecht könne deshalb vor Belästigungen schützen, die von einer unerwünschten Kontaktaufnahme ausgehen. In der bloßen - als solche nicht ehrverletzenden - Kontaktaufnahme könne aber regelmäßig nur dann eine Beein­träch­tigung des allgemeinen Persön­lich­keits­rechts liegen, wenn sie gegen den eindeutig erklärten Willen des Betroffenen erfolgt, weil ansonsten die Freiheit kommunikativen Verhaltens schwerwiegend beeinträchtigt wäre.

Widerspruch der gewerblichen Nutzung von Personendaten zeitlich unbeschränkt gültig

Die Beklagte stellt nicht in Abrede, dass die von ihr unstreitig nach dem Widerspruch des Klägers übersandten E-Mails Werbung enthalten. Nach dem Widerspruch des Klägers sei das Übersenden von Werbung mittels elektronischer Post unzulässig, weil der Beklagten der entge­gen­stehende Wille des Klägers dann erkennbar gewesen wär. Nicht nachvollziehbar sei der Einwand der Beklagten, der Kläger habe in ihrem "Kunden­ver­wal­tungs­system" darüber hinaus noch bestimmte Einstellungen selbst tätigen müssen. Der Widerspruch gegen die Zulässigkeit elektronischer Werbung sei an keine bestimmte Form gebunden; die Verwaltung ihrer Kundendaten obliege allein der Beklagten und könne nicht auf den Kunden abgewälzt werden. Der Eingriff in das allgemeine Persön­lich­keitsrecht des Klägers sei auch rechtswidrig. Die für den Unter­las­sungs­an­spruch erforderliche Wieder­ho­lungs­gefahr würde durch das festgestellte rechts­ver­letzende Verhalten der Beklagten indiziert. Der Kläger habe der werblichen Nutzung seiner Daten ausdrücklich und unmiss­ver­ständlich gegenüber der Beklagten widersprochen. Der Widerspruch gelte grundsätzlich zeitlich unbeschränkt, so dass für die Annahme einer mutmaßlichen Einwilligung durch die Beklagte künftig ohne weitere hinzutretenden Umstände kein Raum mehr sei.

Quelle: Amtsgericht München, ra-online (pm/aw)

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