15.11.2024
15.11.2024  
Sie sehen eine Szene aus einem Krankenhaus, speziell mit einem OP-Saal und einem Arzt im Vordergrund.
ergänzende Informationen

Amtsgericht München Urteil13.10.2016

Anästhesiologe wegen fahrlässiger Verabreichung von Betäu­bungs­mitteln zu Geldstrafe verurteiltTod durch zu viele Fenta­nyl­pflaster

Das Amtsgericht München hat einen 52-jährigen Anästhesiologen wegen der fahrlässigen Verabreichung von Betäu­bungs­mitteln entgegen § 13 Abs. I BtMG in fünf Fällen zu einer Geldstrafe von 21.600 Euro (240 Tagessätze zu je 90 Euro) verurteilt.

Der Verurteilte des zugrunde liegenden Verfahrens ist Facharzt für Allge­mein­medizin, Anästhesiologie und Notfallmedizin und betreibt eine Arztpraxis in München. Er verabreichte in seiner Arztpraxis fünf Mal einem Patienten Fenta­nyl­pflaster, ohne dass die Anwendung der Pflaster medizinisch begründet war. Am 20. Juni 2013., 26.Juni 2013, 1.Juli 2013, 5. Juli 2013 und 8.Juli 2013 wurden dem Patienten in der Praxis jeweils ein oder zwei verordnete Pflaster gegeben. Der Patient verstarb am 18. November 2013 in seiner Wohnung an einer Fenta­nylin­to­xi­kation. Er hatte sich die vom verurteilten Arzt verschriebenen Fenta­nyl­pflaster intravenös verabreicht.

Ärztliche Behandlung mit Fentanyl war medizinisch nicht begründet

Das Amtsgericht München hat in der Verhandlung die Patientenakte eingesehen. Daraus ergab sich, dass der Patient anfangs überwacht wurde und grundsätzlich nach Abholung der Fenta­nyl­pflaster in der Apotheke diese zur Arztpraxis verbringen sollte, wobei ihm die Fenta­nyl­pflaster im Folgenden nach und nach entweder ausgehändigt oder in der Praxis aufgeklebt wurden, so das Urteil. Ein Sachver­stän­di­gen­gut­achten kam zu dem Ergebnis, dass die ärztliche Behandlung mit Fentanyl medizinisch nicht begründet gewesen sei. Dem Arzt sei bekannt gewesen, dass der Patient opiatabhängig, nikotin- und alkoholsüchtig war und sich in Substi­tu­ti­o­ns­be­handlung befand. Es hätte die Möglichkeit bestanden, vor einer Verschreibung oder Verabreichung von Fenta­nyl­pflastern, den Patienten aufzufordern, eine entsprechende Bestätigung über die verschriebenen Substi­tu­ti­o­ns­mittel einzuholen und vorzulegen. Dies habe der Angeklagte zu Unrecht unterlassen, so das Gericht.

Verhalten des Arztes ist als grob fahrlässig zu werten

Außerdem wäre die Kombination aus Fenta­nyl­pflastern, Lorazepam und Lyrica in der stärksten Darrei­chungsform und der größten Verpa­ckungsgröße medizinisch nicht begründet gewesen. Es sei hier daher von grob fahrlässigem Verhalten auszugehen. Der Angeklagte habe gewusst, dass er es mit einem Suchtkranken zu tun hatte, der sich im Notfall mit Betäu­bungs­mitteln oder Medikamenten auf dem Schwarzmarkt versorgt hatte. Dies ergebe sich eindeutig aus den Eintragungen in der Patientenkartei. Obwohl dem Angeklagten somit bewusst gewesen sei, dass der Patient unkontrolliert seiner Opiatsucht nachging, habe er die unbedingt erforderlichen Überprüfungen der Angaben des Patienten unterlassen, so die Urteilsgründe.

Fentanyl ist als eines der gefährlichsten Betäu­bungs­mittel auf dem Drogenmarkt anzusehen

Das Gericht wertete zulasten des Angeklagten, dass er dem Patienten eine harte Droge verabreicht hat. Das Gericht führt hierzu aus, dass es sich bei Fentanyl nämlich um eines der gefährlichsten Betäubungsmittel auf dem Drogenmarkt handele. Fentanyl weist je nach Stärke der Pflaster das 100- bis 300-fache der Morphinwirkung auf, die toxische Potenz der Fenta­nyl­de­rivate ist ebenfalls 100- bis 300-Mal stärker. Auch ist die Dosierbarkeit problematisch und die Gefahr der Ausbildung einer physischen und psychischen Abhängigkeit sehr hoch.

Quelle: Amtsgericht München/ra-online

Nicht gefunden, was Sie gesucht haben?

Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.

Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Urteil23565

Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.

Die Redaktion von urteile.news arbeitet mit größter Sorgfalt bei der Zusammenstellung von interessanten Urteilsmeldungen. Dennoch kann keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der über uns verbreiteten Inhalte gegeben werden. Insbesondere kann urteile.news nicht die Rechtsberatung durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt in einem konkreten Fall ersetzen.

Bei technischen Problemen kontaktieren Sie uns bitte über dieses Formular.

VILI