Dokument-Nr. 11010
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- Landgericht Berlin, Urteil10.05.2010, (535) 1 Kap Js 1885/09 Ks 3/10
Bundesgerichtshof Beschluss11.01.2011
Psychotherapie mit Todesfolge – BGH hebt Urteil gegen Berliner "Drogenarzt" aufAngesichts freiwiliger Drogeneinnahme der Patienten kann vorsätzliche Körperverletzung angezweifelt werden
Das Bundesgerichtshof hat ein Urteilt des Landgerichts Berlin aufgehoben, aufgrund dessen ein auf psychotherapeutische Behandlungen spezialisierter Arzt wegen Körperverletzung mit Todesfolge zu einer Freiheitsstrafe verurteilt wurde. Bei einer Gruppensitzung hatte der Arzt den Patienten eine Überdosis Drogen verabreicht, an deren Folgen zwei Patienten gestorben waren. Der Bundesgerichtshof hielt eine vorsätzliche Körperverletzung angesichts der freiwilig eingenommenen Drogen der Patienten jedoch für anzweifelbar.
Im zugrunde liegenden Fall führte der 51Jahre alte, auf psychotherapeutische Behandlungen spezialisierte Arzt nach den Urteilsfeststellungen so genannte psycholytische Sitzungen durch. Bei diesen Gruppensitzungen wurden Patienten durch Drogen in ein "Wachtraumerleben der Objektumgebung" versetzt. Ziel dieser in Deutschland wissenschaftlich nicht anerkannten Methode soll es sein, an unbewusste Inhalte der Psyche zu gelangen. Im September 2009 führte der Angeklagte eine Intensivsitzung durch, in deren Rahmen sich sechs Gruppenmitglieder zur Einnahme des Rauschgifts MDMA bereiterklärten. Wegen eines ihm unterlaufenen Wiegeversehens übergab er an diese jedoch mindestens die zehnfache Menge der beabsichtigten Menge, woraufhin es bei ihnen zu heftigen körperlichen Reaktionen kam. Trotz der von der herbeigerufenen Notärztin veranlassten Hilfsmaßnahmen verstarben zwei Gruppenmitglieder an Multiorganversagen aufgrund der Überdosis MDMA. Weitere Teilnehmer konnten nach intensivmedizinischer und stationärer Behandlung gerettet werden.
Landgericht verurteilt Arzt zur Freiheitsstrafe von vier Jahren
Das Landgericht Berlin verurteilte den Angeklagten u. a. wegen Körperverletzung mit Todesfolge und der Überlassung von Betäubungsmitteln mit Todesfolge zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und neun Monaten und belegt ihn mit einem dauerhaften Berufsverbot für eine Tätigkeit als niedergelassener Arzt und als Psychotherapeut.
Vorsatztat oder fahrlässiges Tötungsdelikt? BGH weist Sache zur Klärung zurück ans Landgericht
Der Bundesgerichtshof hat das Urteil auf die Revision des Angeklagten hin aufgehoben und das Verfahren an eine andere Schwurgerichtskammer des Landgerichts zurückverwiesen. Die bisherigen Feststellungen des Landgerichts tragen die Annahme eines vorsätzlichen Körperverletzungsdelikts nicht. Angesichts der freiwilligen Drogeneinnahme und dadurch erfolgten Selbstgefährdung der Gruppenmitglieder war zur Begründung einer Strafbarkeit hiernach eine vom Vorsatz des Angeklagten umfasste Handlungsherrschaft erforderlich. In der erneut durchzuführenden Hauptverhandlung wird vorrangig eine kritische Überprüfung der Angaben des Angeklagten zu einem vorgeblichen Wiegefehler vorzunehmen sein. Danach wird zu beurteilen sein, ob eine Vorsatztat oder lediglich ein fahrlässiges Tötungsdelikt anzunehmen ist.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 01.02.2011
Quelle: Bundesgerichtshof/ra-online
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