18.10.2024
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Dokument-Nr. 11010

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Bundesgerichtshof Beschluss11.01.2011

Psychotherapie mit Todesfolge – BGH hebt Urteil gegen Berliner "Drogenarzt" aufAngesichts freiwiliger Drogeneinnahme der Patienten kann vorsätzliche Körper­ver­letzung angezweifelt werden

Das Bundes­ge­richtshof hat ein Urteilt des Landgerichts Berlin aufgehoben, aufgrund dessen ein auf psycho­the­ra­peu­tische Behandlungen spezialisierter Arzt wegen Körper­ver­letzung mit Todesfolge zu einer Freiheitsstrafe verurteilt wurde. Bei einer Gruppensitzung hatte der Arzt den Patienten eine Überdosis Drogen verabreicht, an deren Folgen zwei Patienten gestorben waren. Der Bundes­ge­richtshof hielt eine vorsätzliche Körper­ver­letzung angesichts der freiwilig eingenommenen Drogen der Patienten jedoch für anzweifelbar.

Im zugrunde liegenden Fall führte der 51Jahre alte, auf psycho­the­ra­peu­tische Behandlungen spezialisierte Arzt nach den Urteils­fest­stel­lungen so genannte psycholytische Sitzungen durch. Bei diesen Gruppen­sit­zungen wurden Patienten durch Drogen in ein "Wachtrau­me­rleben der Objektumgebung" versetzt. Ziel dieser in Deutschland wissen­schaftlich nicht anerkannten Methode soll es sein, an unbewusste Inhalte der Psyche zu gelangen. Im September 2009 führte der Angeklagte eine Intensivsitzung durch, in deren Rahmen sich sechs Gruppen­mit­glieder zur Einnahme des Rauschgifts MDMA bereiterklärten. Wegen eines ihm unterlaufenen Wiegeversehens übergab er an diese jedoch mindestens die zehnfache Menge der beabsichtigten Menge, woraufhin es bei ihnen zu heftigen körperlichen Reaktionen kam. Trotz der von der herbeigerufenen Notärztin veranlassten Hilfsmaßnahmen verstarben zwei Gruppen­mit­glieder an Multi­o­r­gan­versagen aufgrund der Überdosis MDMA. Weitere Teilnehmer konnten nach inten­siv­me­di­zi­nischer und stationärer Behandlung gerettet werden.

Landgericht verurteilt Arzt zur Freiheitsstrafe von vier Jahren

Das Landgericht Berlin verurteilte den Angeklagten u. a. wegen Körper­ver­letzung mit Todesfolge und der Überlassung von Betäu­bungs­mitteln mit Todesfolge zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und neun Monaten und belegt ihn mit einem dauerhaften Berufsverbot für eine Tätigkeit als nieder­ge­lassener Arzt und als Psychotherapeut.

Vorsatztat oder fahrlässiges Tötungsdelikt? BGH weist Sache zur Klärung zurück ans Landgericht

Der Bundes­ge­richtshof hat das Urteil auf die Revision des Angeklagten hin aufgehoben und das Verfahren an eine andere Schwur­ge­richts­kammer des Landgerichts zurückverwiesen. Die bisherigen Feststellungen des Landgerichts tragen die Annahme eines vorsätzlichen Körper­ver­let­zungs­delikts nicht. Angesichts der freiwilligen Drogeneinnahme und dadurch erfolgten Selbst­ge­fährdung der Gruppen­mit­glieder war zur Begründung einer Strafbarkeit hiernach eine vom Vorsatz des Angeklagten umfasste Handlungs­herr­schaft erforderlich. In der erneut durch­zu­füh­renden Haupt­ver­handlung wird vorrangig eine kritische Überprüfung der Angaben des Angeklagten zu einem vorgeblichen Wiegefehler vorzunehmen sein. Danach wird zu beurteilen sein, ob eine Vorsatztat oder lediglich ein fahrlässiges Tötungsdelikt anzunehmen ist.

Quelle: Bundesgerichtshof/ra-online

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