Im zugrunde liegenden Fall hatte ein Ehepaar eine 10-tägige All-Inclusive-Reise gebucht. Vor Ort im Hotel stellte es aber fest, dass die Mittagsmahlzeit nicht im Preis enthalten war. Das Paar musste sich daher selbst um die Mittagsverpflegung kümmern. Hierdurch entstanden dem Paar zusätzliche Kosten. Die Reisenden rügten diesen Umstand bei der Reiseleitung. Zurück aus dem Urlaub machten sie wegen des fehlenden Mittagsangebotes eine Minderung des Reisepreises geltend.
Das Amtsgericht Leipzig gab dem Ehepaar Recht. Es sprach dem Paar wegen der fehlenden Mittagsverpflegung eine Reisepreisminderung von 20 % des Gesamtreisepreises und einen Schadenersatzanspruch von 250,- Euro zu.
Das Gericht führte aus, dass der Beklagten zwar zuzugestehen sei, dass eine Legaldefinition des Begriffs "all inclusive" nicht existiert. Hieraus ergebe sich - entgegen der irrigen Rechtsvorstellung der Beklagten - jedoch kein einseitiges und nachgerade beliebiges Leistungsbestimmungsrecht hinsichtlich der nach einem solchen Reisevertrag zu erbringenden Verpflegung. Eine unmittelbar am Wortlaut der Parteivereinbarung ansetzende Auslegung führe dazu, dass die Beklagte den Reiseteilnehmern eine Mittagsverpflegung hätte anbieten müssen. Der Umstand, dass während der gesamten Reisedauer die gebuchte und bezahlte Mittagsverpflegung vorenthalten worden ist, stelle im Hinblick auf den geschlossenen Vertrag der Parteien einen Reisemangel gem. § 651 c BGB dar.
Die wörtliche deutsche Übersetzung der geschlossenen Vereinbarung "Verpflegung: All Inclusive" bedeutete nämlich "alle Verpflegungen eingeschlossen". Daher blieb es dem Gericht unverständlich, wie die Beklagte auf die Idee kommen konnte, ihr sei es einseitig möglich, bestimmte, ganz üblicherweise zum Tageskreis ihrer Kunden gehörende Mahlzeiten - hier das Mittagessen - ohne jeden vorherigen Hinweis an die Vertragspartner für vertraglich nicht eingeschlossen zu erklären. Der Umstand, dass für "all inclusive" eine Legaldefinition fehlt, erfordere eine sorgfältige Auflistung dessen, was der jeweilige Veranstalter genau unter den Leistungen seines "all inclusive"-Paketes verstehen möchte, führte das Amtsgericht aus.
Hinzu trete ein Schadenersatzanspruch des Klägers und seiner Ehefrau gem. § 651 f Abs. und 2 BGB wegen der nachhaltigen und fortgesetzten Beeinträchtigung der Urlaubsfreude beider Reiseteilnehmer, der nach billigem Ermessen gemäß § 287 ZPO auf insgesamt 250 Euro zu bemessen war.
Die Reiseteilnehmer konnten sich nicht - wie beabsichtigt - während der gesamten Urlaubsdauer verpflegt im gebuchten Hotel aufhalten, sondern mussten sich insgesamt zehn Mal selbst mit entsprechendem Zeit- und Kostenaufwand außerhalb ihrer Hotelanlage um eine ausweislich ihrer Reiseunterlagen bereits gebuchte und bezahlte Mittagsmahlzeit nebst entsprechender Getränke bemühen. Zudem waren sie über mehrere Tage hinweg - wenn letztlich auch erfolglos - wiederholt damit befasst, auf die Reiseleitung der Beklagten vor Ort zu warten, um diese für eine vertragsgemäße Erfüllung des Reisevertrags zu gewinnen. Der Kläger und seine Ehefrau waren daher an einer Gestaltung dieser Urlaubstage nach ihren eigenen Wünschen gehindert. Hierin sei eine "erhebliche Beeinträchtigung" der Reise i.S.d. § 651 f Abs. 2 BGB zu sehen.
Soweit der Beklagte einwenden möchte, Voraussetzung eines Schadenersatzes wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit (um einen solchen geht es allerdings vorliegend nicht ausschließlich) sei eine Minderung der Reiseleistung um mindestens 50 %, handele es sich ausweislich des eindeutigen Gesetzestextes von § 651 BGB gerade nicht um eine bindende Vorgabe des Gesetzgebers.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 10.08.2012
Quelle: ra-online, Amtsgericht Leipzig (vt/pt)