Dokument-Nr. 22874
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- NJW-RR 2016, 752Zeitschrift: NJW-Rechtsprechungs-Report Zivilrecht (NJW-RR), Jahrgang: 2016, Seite: 752
- RRa 2016, 115Zeitschrift: Reiserecht aktuell (RRa), Jahrgang: 2016, Seite: 115
Amtsgericht Köln Urteil11.01.2016
Anspruch auf Reisepreisminderung bei verspäteter Ankunft des Gepäcks am UrlaubsortErsatzanschaffung aufgrund Gepäckverspätung kann Schadensersatzanspruch begründen
Kommt das Gepäck am Urlaubsort verspätet an, so kann der Reisende eine Reisepreisminderung geltend machen. Bei der Bemessung der Minderungshöhe ist zu berücksichtigen, inwieweit der Reisende durch Neuanschaffungen von fehlenden Sachen die Beeinträchtigung kompensieren kann. Zudem kann die Ersatzanschaffung einen Schadensersatzanspruch begründen, wenn es dadurch zu einem Vermögensschaden kommt. Dies ist dann nicht der Fall, wenn die neu angeschafften Sachen ohne Nutzung keinem Verschleiß oder Verfall unterliegen. Dies hat das Amtsgericht Köln entschieden.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Eine Frau buchte für sich bei einer Reiseveranstalterin eine siebentägige Reise nach Spanien im Frühjahr 2014. Aufgrund eines Fehlers bei der Gepäcklieferung, stand der Frau in den ersten drei Tagen ihr Gepäck nicht zur Verfügung. Sie war daher gezwungen einige Ersatzkäufe zu tätigen. So kaufte sie sich Kleidung, Kosmetika und Schuhe für insgesamt fast 465 EUR. Aufgrund der Unannehmlichkeiten wegen der Gepäckverspätung beanspruchte die Urlauberin eine Reisepreisminderung. Zudem verlangte sie aufgrund der Ersatzbeschaffungen Schadensersatz. Da sich die Reiseveranstalterin weigerte die Forderungen der Urlauberin anzuerkennen, kam es zur Klageerhebung.
Anspruch auf Reisepreisminderung in Höhe von 15 % je Tag aufgrund Gepäckverspätung
Das Amtsgericht Köln bejahte zunächst einen Anspruch auf Reisepreisminderung gemäß § 651 d Abs. 1 BGB wegen der verspäteten Ankunft des Gepäcks. Den Reiseveranstalter treffe die Pflicht zum ordnungsgemäßen Transport des Reisegepäcks und seinem rechtzeitigen Eintreffen am Urlaubsort. Stehe dem Reisenden sein Gepäck mit seinen persönlichen Sachen nicht zur Verfügung, stelle dies einen Reisemangel dar. Die Höhe der Minderung bemesse sich daran, inwieweit der Reisende durch Neuanschaffungen von fehlenden Sachen die Beeinträchtigung kompensieren könne. Davon ausgehend erachtete das Gericht eine Reisepreisminderung von 15 % je Tag an dem der Koffer der Klägerin nicht vorhanden war als angemessen. Es sei zu berücksichtigen gewesen, dass die Beeinträchtigung durch fehlende Kleidung von der Klägerin unmittelbar nach Bedarf durch den Zukauf neuer Sachen kompensiert worden sei.
Kein Anspruch auf Schadensersatz wegen Ersatzanschaffungen
Nach Ansicht des Amtsgerichts habe der Klägerin jedoch kein Anspruch auf Schadensersatz nach § 651 f Abs. 1 BGB wegen der Ersatzanschaffungen zugestanden. Zwar können die Kosten notwendiger und angemessener Ersatzbeschaffungen einen Schaden darstellen, wenn es zu einer verzögerten Auslieferung des Reisegepäcks komme. Dies setze aber voraus, dass dadurch ein Vermögensschaden entstehe. Dies sei dann nicht der Fall, wenn die Ersatzanschaffungen zu einer messbaren Vermögensmehrung führen. So habe der Fall hier gelegen.
Vermögensmehrung aufgrund fehlenden Verschleißes und Verfalls der neuen Sachen bei Nichtnutzung
Durch den Ersatzkauf der Kleidung, Kosmetika und Schuhe sei es zu einer Vermögensmehrung bei der Klägerin gekommen, so das Amtsgericht. Unterliegen nämlich neu angeschaffte Sachen ohne Nutzung keinem Verschleiß oder Verfall, führe die Ersatzanschaffung zu einem Vermögensvorteil, wenn die fehlenden Sachen dem Reisenden später wieder zur Verfügung stehen. Der Reisende könne die Gegenstände nacheinander nutzen, ohne dass Vermögensverluste eintreten. So habe der Fall hier gelegen. Die Klägerin habe alle angeschafften Sachen weiterhin gebrauchen können.
Kein Vermögensschaden unter Gesichtspunkt der Notkleidung
Zwar könne aus Sicht des Amtsgericht ein Vermögensschaden auch darin liegen, dass der Reisende eine Anschaffung tätigte, die er unter normalen Umständen nicht vorgenommen hätte, weil er solche Sachen unter normalen Umständen weder nutzen wolle oder für sie Verwendung habe noch bereit sei dafür Geld in der konkret erforderlichen Höhe auszugeben. Es sei jedoch nicht ersichtlich gewesen, dass die Klägerin die neu gekauften Sachen nur im den Sinne notgedrungen angeschafft habe, dass sie solche Sachen zu Hause aufgrund ihrer persönlichen Lebensführung nicht oder nicht zu diesem Preis erworben hätte.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 08.07.2016
Quelle: Amtsgericht Köln, ra-online (zt/RRa 2016, 115/rb)
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