21.11.2024
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Amtsgericht Hamburg-Mitte Urteil23.03.2006

Keine Mietminderung aufgrund eines angrenzenden Sado-Maso-CafésMieterin fühlt sich durch aufreizendes Auftreten der Gäste eines Sado-Maso-Cafés gestört

Ist die Nutzung der Mietsache an sich nicht beeinträchtigt, so kann kein Mietmangel geltend gemacht werden. Ereignisse wie Begegnungen mit Mitgliedern der Sado-Maso-Szene auf der Straße gehören nicht zur mietver­trag­lichen Gewähr­leis­tungs­pflicht, so dass der Vermieter hierfür auch nicht haftbar gemacht werden kann. Dies geht aus einer Entscheidung des Amtsgerichts Hamburg hervor.

Die Klägerin im vorliegenden Fall sah sich zu einer Mietminderung berechtigt, da sie sich durch die aufreizend und provokativ gekleideten Gäste eines nahe gelegenen Sado-Maso-Cafés belästigt fühlte. Außerdem befürchtete sie, dass ihre Wohnanschrift durch die Nachbarschaft zu diesem Café in Verruf geraten könnte.

Ereignisse auf der Straße nicht von mietver­trag­licher Gewähr­leis­tungs­pflicht erfasst

Das Amtsgericht Hamburg bestätigte die Forderung des Vermieters auf Zahlung der vollständigen Monatsmiete. Ein Recht zur Minderung habe der Mieterin nicht zugestanden, da die Mietwohnung keinen Mangel aufgewiesen habe, der die Tauglichkeit zu Wohnzwecken minderte (§ 536 Abs. 1 BGB). In der Begegnung mit entsprechend gekleideten Personen aus der Sado-Maso-Szene könne jedenfalls kein berechtigter Grund zur Mietminderung gesehen werden. Ein derartiger Anspruch der Mieterin würde nämlich voraussetzen, dass die Nutzung der Mietsache selbst beeinträchtigt wäre. Da das Café aber über einen separaten Eingang verfüge, der in gut zehn Metern Entfernung vom Eingang zu den Wohnungen liegt, handele es sich beim Zusammentreffen zwischen Café-Besuchern und Wohnungsmietern lediglich um ein Versehen. Die vorgetragenen Vorfälle, die nach Meinung der Mieterin einen Mietmangel begründen, würden Begegnungen auf der Straße betreffen, womit sie in einem Bereich stattfänden, der nicht mehr zur Mietsache gehört und demnach auch nicht von der mietver­trag­lichen Gewähr­leis­tungs­pflicht umfasst sei. Es handele sich bei den Begegnungen vielmehr um die Verwirklichung des allgemeinen Lebensrisikos, für das der Vermieter nicht haftbar zu machen sei.

Mietminderung nur, wenn der zur Mietsache gehörende Bereich betroffen ist

Soweit es in Gericht­s­ent­schei­dungen der Vergangenheit zu Mietminderungen kam, so habe es ich dabei um Wohnungen in unmittelbarer Nähe zu Bordellen oder Swinger-Clubs gehandelt, die beispielsweise durch das Nutzen eines gemeinsamen Treppenhauses oder störende "Betrie­bs­ge­räusche" der Etablissements betroffen gewesen seien (AG Charlottenburg und nachgehend LG Berlin, NZM 2000, 408/498). Hierbei sei dann auch der zur Mietsache selbst gehörende Bereich, beispielsweise das Treppenhaus, betroffen gewesen (Begegnungen der Mieter mit Freiern, LG Berlin, NZM 1999, 71). Auch Umweltmängel, die ihre Ursache nicht in der Mietsache selbst, sondern in außerhalb liegenden Störquellen haben können, seien im vorliegenden Fall nicht erkennbar. Diese würden voraussetzen, dass die Störung als solche auch noch in der Wohnung selbst wahrzunehmen ist.

Kein Anspruch auf Erhaltung eines Milieu­cha­rakters

Die Befürchtung der Klägerin, der Ruf der Adresse könne Schaden nehmen, sei nach Meinung des Gerichts ebenso wenig begründet. Da es keinen Anspruch auf Erhaltung eines Milieu­cha­rakters gebe, könne auch kein Anspruch darauf bestehen, dass das hierauf bezogene öffentliche Meinungsbild aufrecht­er­halten werde (zur Verneinung eines Anspruchs auf Milieuschutz vgl. LG Düsseldorf, NJW-RR 1995, 330: "Fixerwiese" in der Nachbarschaft; AG Gronau, WuM 1991, 161: benachbartes Asylan­ten­wohnheim).

Die Klage des Vermieters auf Zahlung der vollständigen Miete war somit begründet.

Quelle: ra-online, Amtsgericht Hamburg (vt/st)

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