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Sie sehen einen Vertrag, der gerade unterzeichnet wird und davor die ilhouetten von zwei Personen.
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Amtsgericht Gemünden a. Main Urteil27.05.2010

Zahlungshinweis im Fließtext eines Antrags­for­mulars für einen Branchen­bu­cheintrag wird als überraschende Klausel unwirksamEine wichtige Regelung darf nicht zwischen unwichtigen Regelungen oder an sonst unerwarteter Stelle platziert werden

Branchen­bu­cheinträge für Unternehmen sind in der Regel kostenlos. Erhebt der Anbieter einer derartigen "Dienstleistung" dennoch eine Gebühr, so muss er einen Hinweis darauf auffällig im Vertrags­formular platzieren. Jede Maßnahme, die dazu führt, den anfallenden Rechnungsbetrag zu "verstecken", kann als arglistige Täuschung gewertet werden und einen Vertrag ungültig werden lassen. Dies geht aus einer Entscheidung des Amtsgerichts Gemünden am Main hervor.

Im vorliegenden Fall stritten die Parteien über Ansprüche aus einem Werkvertrag. Die Klägerin bot Selbständigen und Gewer­be­trei­benden Eintragungen in einem Internet-Branchenbuch als "Brancheneintrag business" oder "premium" an. Die Beklagte habe von der Klägerin per Post ein Antragsformular erhalten, auf dem sich unter dem Abschnitt mit den Kontaktdaten ein mit schwarzem Rahmen umrandeter Textkasten mit einem mehrzeiligen Text befunden habe, in dem unter anderem auf die Verpflichtung zur Zahlung eines Betrages in Höhe von 910 Euro hingewiesen worden sei.

Zahlungs­ver­pflichtung im Fliesstext wurde nicht erkannt

Die Beklagte habe die kurz darauf erhaltene Rechnung reklamiert und die Anfechtung wegen Inhaltsirrtums und arglistiger Täuschung erklärt. Sie behauptete, sie habe bei Unterschrift des Vertrags­for­mulars nicht geglaubt, einen neuen Vertrag zu schließen. Vielmehr sei sie davon ausgegangen, dass mit dem Formular lediglich ihr entgeltlicher Branchenbucheintrag bei der Deutschen Telekom überprüft werde. Bei Betrachtung des Formulars habe sie wegen des Hinweises am Ende des Vertrages vermutet, dass die Klägerin für die Deutsche Telekom gehandelt habe und lediglich die Daten überprüfen wolle. Sie habe die Zahlungs­ver­pflichtung innerhalb des Fliesstextes des beschriebenen Textkastens zwischen anderen Informationen nicht erkannt.

Hinweis auf Zahlungs­ver­pflichtung ist eine überraschende Klausel

Das Amtsgericht Gemünden am Main erklärte, dass der Klägerin der geltend gemachte Anspruch nicht zustehe. Die Zahlungs­ver­pflichtung sei schon deshalb nicht wirksamer Vertrags­be­standteil geworden, da es sich um eine überraschende Klausel handele. Hier sei die Zahlungs­ver­pflichtung nach den Umständen, insbesondere dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrages so ungewöhnlich gewesen, dass der Vertragspartner nicht mit ihnen habe rechnen müssen. Überraschende Klauseln müsse ein Überrumpelungs- oder Übertöl­pe­lungs­effekt innewohnen. Insbesondere sei eine Klausel auch dann überraschend, wenn sie "formell überraschend wäre, also nicht ihrem Inhalt nach, sondern auf Grund ihrer Anordnung im Vertragswerk. Das sei dann der Fall, wenn sie drucktechnisch so angeordnet wäre, dass die Kenntnisnahme durch den Kunden nicht zu erwarten sei (BGHZ 47, 210 = NJW 1981,118) bzw. wenn sie in anderer Weise gleichsam "versteckt" sei (KG, Urteil vom 29.01.2001 - 10 U 9612/99 = KG NJW-RR 2002, 490). Ein "Verstecken" liege insbesondere auch dann vor, wenn eine wichtige Regelung zwischen unwichtigen Regelungen oder an sonst unerwarteter Stelle platziert werde (BGH, Urteil vom 17.05.1982 - VII ZR 316/81= BGH NJW 1982, 2309).

Ungewöhnliche Schreibweise des Rechnungs­be­trages verstärkt Effekt des "Versteckens"

Die formelle Überraschung durch "Verstecken" der Klausel ergebe sich daraus, dass die Zahlungspflicht in der unteren Hälfte des Formulars angebracht sei. Schließlich würde der Effekt des "Versteckens" noch dadurch verstärkt, dass der Preisbetrag selbst in ungewöhnlicher Weise geschrieben sei. Die Klägerin verwende das Eurozeichen nicht. Stattdessen schreibe sie das Wort aus. zwischen dem Wort "Euro" und dem Betrag "910" befindet sich ein Zeilenumbruch. Der Zahlbetrag sei nur mit "910" beziffert und nicht mit "910,00".

Der Klägerin habe somit kein Anspruch auf Zahlung des von ihr geltend gemachten Rechnungs­be­trages zugestanden.

Quelle: ra-online, Amtsgericht Gemünden am Main (vt/st)

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