Dokument-Nr. 17266
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- MMR 2013, 751Zeitschrift: Multimedia und Recht (MMR), Jahrgang: 2013, Seite: 751
- NJW-RR 2013, 1276Zeitschrift: NJW-Rechtsprechungs-Report Zivilrecht (NJW-RR), Jahrgang: 2013, Seite: 1276
Amtsgericht Bremen Urteil14.03.2013
Keine achtstündige Wartepflicht zur Freischaltung eines Anschlusses für TelekommunikationskundeRücksichtnahmepflicht des Telekommunikationsanbieters
Ein Telekommunikationsanbieter hat im Rahmen der Freischaltung eines Anschlusses Rücksicht auf die Belange des Kunden zu nehmen. Ein Freischalttermin von "8-16 Uhr" ist daher für einen arbeitenden Kunden unzumutbar. Dies geht aus einer Entscheidung des Amtsgerichts Bremen hervor.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im August 2011 schloss ein Mann mit einem Telekommunikationsanbieter einen Telekommunikationsvertrag. Nachfolgend kam es jedoch zu Problemen mit der Freischaltung des Anschlusses. Der Telekommunikationsanbieter bestimmte einen Anschlusstermin im September, welcher in der Zeit von 8-16 Uhr erfolgen sollte. Der Mann lehnte diesen jedoch mit Hinweis auf seine Arbeit ab. Zugleich bot er jedoch mehrere Ausweichtermine im September und Oktober 2011 an. Da aber auch diese Termine nicht zu einer Freischaltung führten, wurde dem Mann im Juni 2012 fristlos gekündigt. Zudem erhob das Telekommunikationsunternehmen Klage auf Zahlung der Grundgebühr und auf Schadenersatz wegen der vom Mann verschuldeten vorzeitigen Vertragsbeendigung.
Kein Anspruch auf Grundgebühr
Das Amtsgericht Bremen entschied gegen den Telekommunikationsanbieter. Diesem habe zunächst kein Anspruch auf die Grundgebühr gemäß § 612 BGB zugestanden. Denn das Telekommunikationsunternehmen habe die geschuldete Leistung nicht erbracht. Laut dem Vertrag sei es verpflichtet gewesen, dem Kunden einen Zugang zum öffentlichen Telefonnetz bereitzustellen. Eine solche Verbindung sei jedoch bis zur Kündigung nicht freigeschaltet worden. Der Vergütungsanspruch sei daher nicht fällig gewesen. Zumindest habe dem Kunden angesichts der fehlenden Leistungserbringung ein Zurückbehaltungsrecht zugestanden (§§ 273, 320 BGB).
Kein Anspruch auf Schadenersatz
Zudem habe der Telekommunikationsanbieter keinen Anspruch auf Schadenersatz wegen der vorzeitigen Beendigung des Vertrags, so das Amtsgericht weiter. Denn der Kunde sei für diesen Umstand nicht verantwortlich gewesen. Er habe nicht gegen seine Mitwirkungspflichten verstoßen und die Anschlussfreischaltung treuwidrig vereitelt.
Termin "8-16 Uhr" unzumutbar
Zwar treffe nach Ansicht des Amtsgerichts den Kunden eines Telekommunikationsanbieters nach Vertragsschluss die Pflicht, dem Anbieter die zeitnahe Freischaltung des Anschlusses zu ermöglichen. Insbesondere müsse er dafür Sorge tragen, dass einem Techniker der Zutritt zu der Anschlussstelle bzw. den Verteilerkästen gewährt werde. Der Kunde müsse aber nicht einen vom Telekommunikationsanbieter angebotenen werktäglichen Termin "8-16 Uhr" akzeptieren. Denn einem Arbeitnehmer sei es nicht zuzumuten, einen ganzen Arbeits- bzw. Urlaubstag zu opfern, um gegebenenfalls nach achtstündiger Wartezeit einem Techniker den regelmäßig nur Minuten andauernden Ortstermin zu ermöglichen. Vielmehr müsse der Anbieter einen konkreten Anschlusstermin vorschlagen, dessen Zeitfenster nur in Ausnahmefällen 1-2 Stunden überschreiten darf. Dabei sei es auch unerheblich, ob der Anbieter auf die Mitarbeit bzw. das Diktat eines Monopolisten angewiesen ist.
Rücksichtnahmepflicht des Telekommunikationsanbieters rechtfertigt Absage eines konkreten Termins
Ein Kunde dürfe nach Ansicht des Amtsgerichts sogar einen präzisen Anschlusstermin absagen, wenn er seinerseits Terminsangebote vorschlägt. Dies folge daraus, dass die Bereitstellung eines Telefonanschlusses eine besondere Rücksichtnahme des Anbieters auf die Belange des Kunden verlangt. Dies werde durch das Telekommunikationsgesetz unterstützt. Denn das Gesetz sehe ein einseitiges Bestimmungsrecht hinsichtlich des Anschlusstermins nicht ausdrücklich vor. Vielmehr setze es ein kooperatives Verhalten der Vertragsparteien voraus.
Außerordentliches Kündigungsrecht wegen fehlender Mitwirkung des Kunden nur in Ausnahmefällen
Nach Einschätzung des Amtsgerichts könne ein außerordentliches Kündigungsrecht bestehen, wenn der Kunde ernsthaft und endgültig seine Kooperation verweigert. Als Beispiel führte das Gericht das wiederholte und unentschuldigte Verstreichenlassen eines rechtzeitig mitgeteilten und ausreichend präzisen Technikertermins. Ein solcher Fall habe hier aber nicht vorgelegen. Vielmehr sei der Kunde kooperativ gewesen und habe sich um eine zeitnahe Freischaltung bemüht.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 28.11.2013
Quelle: Amtsgericht Bremen, ra-online (vt/rb)
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