Dokument-Nr. 23065
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- NJW-Spezial 2016, 643 (Michael Drasdo)Zeitschrift: NJW-Spezial, Jahrgang: 2016, Seite: 643, Entscheidungsbesprechung von Michael Drasdo
- WuM 2016, 493Zeitschrift: Wohnungswirtschaft und Mietrecht (WuM), Jahrgang: 2016, Seite: 493
Amtsgericht Bremen Urteil23.06.2016
Anspruch des Nachts arbeitenden Wohnungsmieters auf Unterlassen lärmintensiver Modernisierungsarbeiten aufgrund Schlafbedürfnisses am TagUnterlassungsanspruch gemäß § 862 Abs. 1 BGB aufgrund Besitzstörung
Ist ein Wohnungsmieter aufgrund seiner nächtlichen Arbeitszeit auf einen ungestörten Schlaf am Tag angewiesen, so kann er von seinem Vermieter das Unterlassen lärmintensiver Modernisierungsarbeiten zu bestimmten Tageszeiten verlangen. Der Unterlassungsanspruch folgt aus § 862 Abs. 1 BGB, da durch die Lärmbeeinträchtigung eine Besitzstörung vorliegt. Dies geht aus einer Entscheidung des Amtsgerichts Bremen hervor.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im Oktober 2015 erhielt der Mieter einer Wohnung eine Modernisierungsankündigung von seiner Vermieterin. Um Energie einzusparen, sollten umfassende Arbeiten vorgenommen werden. So sollte die Fassade, das Dach und der Keller gedämmt, Fenster und Dachabdichtungen erneuert sowie die Balkone saniert werden. Die Arbeiten sollten im Januar 2016 und bis einschließlich September 2016 vorgenommen werden. Der Mieter bat darum, auf lärmintensive Arbeiten ab 13 Uhr zu verzichten, da er aufgrund der Nachtarbeit auf einen ungestörten Schlaf am Tag angewiesen sei. Die Vermieterin begann trotz der Bitte mit den Arbeiten. Dies führte zu einer starken Lärmbelästigung in der Zeit von 7 bis 18 Uhr. Der Mieter verlangte daraufhin ein Unterlassen im Wege der einstweiligen Verfügung.
Anspruch auf Unterlassen zu bestimmten Tageszeiten
Das Amtsgericht Bremen entschied zu Gunsten des Mieters. Ihm habe nach § 862 Abs. 1 BGB ein Anspruch auf Unterlassen lärmintensiver Arbeiten zu bestimmten Tageszeiten zugestanden. Denn insoweit sei er in seinem Besitz widerrechtlich gestört worden. Es habe angesichts der täglichen Dauer, der Intensität und der voraussichtlichen Dauer der Arbeiten bis September 2016 eine wesentliche Lärmbeeinträchtigung im Sinne des § 906 Abs. 1 BGB vorgelegen. In diesem Zusammenhang sei zu beachten gewesen, dass der Mieter aufgrund der Nachtarbeit auf einen ungestörten Schlaf am Tag angewiesen war.
Duldungspflicht hinsichtlich Modernisierungsmaßnahmen unbeachtlich
Für unerheblich hielt das Amtsgericht die Frage, ob hinsichtlich der Modernisierungsmaßnahmen eine Duldungspflicht gemäß § 555 d BGB bestanden habe. Denn der sich aus dieser Vorschrift ergebende Duldungsanspruch der Vermieterin könne dem auf Schutz des Besitzes gerichteten Anspruch des Mieters nicht entgegengehalten werden (vgl. § 863 BGB).
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 22.08.2016
Quelle: Amtsgericht Bremen, ra-online (zt/WuM 2016, 493/rb)
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