21.11.2024
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Dokument-Nr. 29147

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Beschluss28.08.2020Verfassungsgerichtshof des SaarlandesLv 15/20
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Verfassungsgerichtshof des Saarlandes Beschluss28.08.2020

Verfassungs­gerichtshof kippt Corona-Verordnung im Saarland: Kontakt­nachverfolgung muss neu geregelt werdenMaskenpflicht verfas­sungsgemäß

Der Verfassungs­gerichtshof des Saarlandes hat entschieden, dass die Vorschrift zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung (Art. 2 § 2 der Corona-Verordnung) verfassungs­rechtlich nicht zu beanstanden ist. Die Vorschrift zur Kontakt­nachverfolgung (§ 3 der Corona-Verordnung) hat der Verfassungs­gerichtshof dagegen für verfas­sungs­widrig erklärt. Die Vorschrift gilt jedoch bis zu einer Neuregelung durch den Landtag unter strengen Auflagen - längstens bis zum 30. November 2020 - fort.

Mit seiner Verfas­sungs­be­schwerde hat sich der Beschwer­de­führer gegen einen Beschluss des Oberver­wal­tungs­ge­richts des Saarlandes vom 13. Mai 2020 gewandt, mit dem sein Antrag auf Außer­voll­zug­setzung der saarländischen Corona-Verordnung zurückgewiesen wurde. Der Beschwer­de­führer sieht sich durch die Vorschriften zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung sowie zur Kontaktnachverfolgung in seinen Grundrechten der allgemeinen Handlungs­freiheit und auf Datenschutz verletzt.

Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung verfas­sungsgemäß

Der Verfas­sungs­ge­richtshof hat entschieden, dass die Vorschrift zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung (Art. 2 § 2 der Corona-Verordnung) verfas­sungsgemäß ist. Der Verfas­sungs­ge­richtshof hat ausgeführt, dass der mit der „Maskenpflicht“ verbundene Grund­recht­s­eingriff gering ist. Die „Maskenpflicht“ ist zeitlich eng begrenzt, verlangt einen geringen Aufwand und kann im Wesentlichen als lästig betrachtet werden, führt aber nicht zu ins Gewicht fallenden Einschränkungen der Fortbewegungs- und Entfal­tungs­freiheit. Angesichts der derzeitigen wissen­schaft­lichen Erkenntnisse, wonach das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung geeignet ist, Infektionen Anderer mit dem Corona-Virus einzudämmen und so zur Stabilität des Gesund­heits­systems beizutragen, stellt sich die durch Art. 2 § 2 der Corona-Verordnung getroffene Regelung als eine verfas­sungs­rechtlich nicht zu beanstandende Maßnahme zur Bekämpfung der Pandemie dar.

Ausführungen des Verfas­sungs­ge­richtshofs zur Kontakt­nach­ver­folgung

Der Verfas­sungs­ge­richtshof hat weiter entschieden, dass Art. 2 § 3 der saarländischen Corona-Verordnung mit der Verfassung des Saarlandes unvereinbar ist. Durch die Vorschrift wird die Erhebung persönlicher Informationen nicht nur im Rahmen von Gaststät­ten­be­suchen, sondern auch beispielsweise von Gottesdiensten, politischen und gesell­schaft­lichen Zusammenkünften, bewirkt. Damit ist die Pflicht zur Gewährleistung einer Kontakt­nach­ver­folgung durchaus geeignet, Bürgerinnen und Bürger von der Ausübung grund­recht­licher Freiheiten entscheidend abzuhalten und Bewegungs- und Persön­lich­keits­profile zu erstellen. Über einen solchen Eingriff dürfe nicht die Exekutive alleine entscheiden. Vielmehr sei das Parlament berufen, in öffentlicher, transparenter Debatte Für und Wider abzuwägen, vor allem aber die Verwendung der Informationen rechtssicher zu regeln.

Eingriff in das Grundrecht auf Schutz der perso­nen­be­zogenen Daten erfordert Parla­ments­gesetz

Der durch die Vorschrift ermöglichte Eingriff in das Grundrecht auf Schutz der perso­nen­be­zogenen Daten dauert bereits länger an und wird angesichts der Infektionslage voraussichtlich weitere Monate andauern. Damit ist der Grund­recht­s­eingriff von einer derartigen Intensität, dass nur ein Parla­ments­gesetz - nicht aber eine Rechts­ver­ordnung der Landesregierung - ihn rechtfertigen kann. Da Art. 2 § 3 der Corona-Verordnung dem legitimen Ziel der Pandemie-Eindämmung dient, hat der Verfas­sungs­ge­richtshof von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, die Vorschrift bis zu einer Neuregelung durch den Landtag des Saarlandes vorübergehend - längstens bis zum 30. November 2020 - in Kraft zu lassen. Perso­nen­be­zogene Daten, die nach der Vorschrift erhoben werden, dürfen jedoch nur aufgrund einer gerichtlichen Entscheidung an die Gesund­heits­be­hörden übermittelt werden.

Quelle: Verfassungsgerichtshof des Saarlandes, ra-online (pm/pt)

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