In den beiden Ausgangsverfahren beantragte jeweils eine GmbH, deren Zweck die Erbringung bestimmter ambulanter Leistungen durch Ärzte ist, ihre Eintragung in das Handelsregister beim Amtsgericht Mainz. Dieses lehnte den Eintragungsantrag ab. Auf die Beschwerde der Antragstellerinnen setzte das Pfälzische Oberlandesgericht Zweibrücken das Verfahren aus und legte dem Verfassungsgerichtshof die Frage zur Entscheidung vor, ob § 21 Abs. 2 des rheinland-pfälzischen Heilberufsgesetzes (HeilBG) mit der Landesverfassung vereinbar ist.
Das Oberlandesgericht war der Auffassung, diese Vorschrift enthalte ein Verbot freiberuflicher ärztlicher Tätigkeit in der Rechtsform einer GmbH. Ein solches Verbot verstoße in mehrfacher Hinsicht gegen die Landesverfassung, insbesondere gegen die Berufsfreiheit sowie das Gleichbehandlungsgebot. Der Verfassungsgerichtshof hielt die Vorlagen für unzureichend begründet, weshalb eine verfassungskonforme Auslegung des Heilberufsgesetzes ausgeschlossen sein soll, obwohl eine Möglichkeit nahe liege. Es habe nicht geprüft, ob durch die Anwendung der Ausnahmebestimmung seine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen das Verbot freiberuflicher ärztlicher Tätigkeit in der Form einer GmbH Rechnung getragen werden könne.
§ 21 Abs. 2 Satz 1 HeilBG binde die freiberufliche Ausübung der ärztlichen Tätigkeit in der Regel an eine "Niederlassung in eigener Praxis". Das vorlegende Oberlandesgericht gehe davon aus, dass nach dieser Vorschrift eine freiberufliche ärztliche Tätigkeit in der Rechtsform einer GmbH in Rheinland-Pfalz nicht zulässig sei. Das vorlegende Gericht habe jedoch die Regelung des § 21 Abs. 2 Satz 5 HeilBG nicht berücksichtigt, wonach die Kammern in besonderen Einzelfällen Ausnahmen von Satz 1 zulassen können, wenn sichergestellt sei, dass berufsrechtliche Belange nicht beeinträchtigt seien. Die aktuelle ärztliche Berufsordnung in Rheinland-Pfalz stehe einer freiberuflichen ärztlichen Tätigkeit in der Rechtsform einer GmbH nicht entgegen, wenn bestimmte in der Berufsordnung aufgeführte berufsrechtliche Voraussetzungen - hinsichtlich der Gesellschafter, Geschäftsführung, Gesellschaftsanteile und Stimmrechte, Gewinnbeteiligung sowie Berufshaftpflichtversicherung - erfüllt seien. Es spreche daher alles dafür, dass berufsrechtliche Belange nicht beeinträchtigt seien, wenn eine Ärztegesellschaft in der Form einer GmbH die in der Berufsordnung genannten Voraussetzungen erfülle. Es liege demnach nahe, dass den verfassungsrechtlichen Bedenken des vorlegenden Gerichts, wonach das Verbot des § 21 Abs. 2 Satz 1 HeilBG in nicht zu rechtfertigender Weise insbesondere in die verfassungsrechtlich verbürgte Berufsfreiheit (Art. 58 LV) eingreife, durch die Zulassung einer Ausnahme nach § 21 Abs. 2 Satz 5 HeilBG Rechnung getragen werden könne.
Der Verfassungsgerichtshof wies in diesem Zusammenhang ausdrücklich darauf hin, dass die Kammer über die Zulassung einer Ausnahme zwar nach Ermessen entscheide. Dieses Ermessen könne sich angesichts des betroffenen Grundrechts der Berufsfreiheit allerdings derart verdichten, dass im Einzelfall die Verweigerung, eine Ausnahme von dem grundsätzlichen Verbot zuzulassen, jedenfalls dann gegen die Verfassung verstoße, wenn die GmbH die in der ärztlichen Berufsordnung genannten Voraussetzungen für eine Ärztegesellschaft in der Form einer juristischen Person des Privatrechts erfülle.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 11.04.2017
Quelle: Verfassungsgerichtshof Rheinland-Pfalz/ ra-online