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Dokument-Nr. 24109

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Urteil11.03.2017Verfassungsgerichtshof Rheinland-PfalzVGH N 4/16 und VGH N 5/16
Vorinstanz:
  • Oberlandesgericht Zweibrücken, sonstiges21.01.2016, 3 W 136/15 und 3 W 128/15
ergänzende Informationen

Verfassungsgerichtshof Rheinland-Pfalz Urteil11.03.2017

Kein absolutes Verbot einer Ärzte-GmbH im rheinland-pfälzischen Heilbe­rufs­gesetz enthaltenÄrztekammern können nach Ermessen entscheiden

Zwei Normen­kon­troll­ver­fahren mit der Frage, ob ein Verbot einer beruflichen ärztlichen Tätigkeit in der Rechtsform einer GmbH nach dem rheinland-pfälzischen Heilbe­rufs­gesetz mit der Landes­ver­fassung vereinbar ist, wurde als unzulässig erachtet. Die Vorlagen werden vom Gericht für unzureichend begründet gehalten und seien daher unzulässig, weil sie die naheliegende Möglichkeit einer verfas­sungs­kon­formen Auslegung nicht erörterten. Dies hat der Verfas­sungs­ge­richtshof mit seiner Entscheidung bekanntgegeben.

In den beiden Ausgangs­ver­fahren beantragte jeweils eine GmbH, deren Zweck die Erbringung bestimmter ambulanter Leistungen durch Ärzte ist, ihre Eintragung in das Handelsregister beim Amtsgericht Mainz. Dieses lehnte den Eintra­gungs­antrag ab. Auf die Beschwerde der Antrag­stel­le­rinnen setzte das Pfälzische Oberlan­des­gericht Zweibrücken das Verfahren aus und legte dem Verfas­sungs­ge­richtshof die Frage zur Entscheidung vor, ob § 21 Abs. 2 des rheinland-pfälzischen Heilbe­rufs­ge­setzes (HeilBG) mit der Landes­ver­fassung vereinbar ist.

VerfGH: Vorlagen unzureichend begründet

Das Oberlan­des­gericht war der Auffassung, diese Vorschrift enthalte ein Verbot freiberuflicher ärztlicher Tätigkeit in der Rechtsform einer GmbH. Ein solches Verbot verstoße in mehrfacher Hinsicht gegen die Landes­ver­fassung, insbesondere gegen die Berufsfreiheit sowie das Gleich­be­hand­lungsgebot. Der Verfas­sungs­ge­richtshof hielt die Vorlagen für unzureichend begründet, weshalb eine verfas­sungs­konforme Auslegung des Heilbe­rufs­ge­setzes ausgeschlossen sein soll, obwohl eine Möglichkeit nahe liege. Es habe nicht geprüft, ob durch die Anwendung der Ausnah­me­be­stimmung seine verfas­sungs­recht­lichen Bedenken gegen das Verbot freiberuflicher ärztlicher Tätigkeit in der Form einer GmbH Rechnung getragen werden könne.

Ausnah­me­re­gelung für Einzelfälle vom OLG nicht berücksichtigt

§ 21 Abs. 2 Satz 1 HeilBG binde die freiberufliche Ausübung der ärzt­lichen Tätigkeit in der Regel an eine "Niederlassung in eigener Praxis". Das vorlegende Oberlan­des­gericht gehe davon aus, dass nach dieser Vorschrift eine freiberufliche ärztliche Tätigkeit in der Rechtsform einer GmbH in Rheinland-Pfalz nicht zulässig sei. Das vorlegende Gericht habe jedoch die Regelung des § 21 Abs. 2 Satz 5 HeilBG nicht berücksichtigt, wonach die Kammern in besonderen Einzelfällen Ausnahmen von Satz 1 zulassen können, wenn sichergestellt sei, dass berufs­rechtliche Belange nicht beeinträchtigt seien. Die aktuelle ärztliche Berufsordnung in Rheinland-Pfalz stehe einer freiberuflichen ärztlichen Tätigkeit in der Rechtsform einer GmbH nicht entgegen, wenn bestimmte in der Berufsordnung aufgeführte berufs­rechtliche Voraussetzungen - hinsichtlich der Gesellschafter, Geschäfts­führung, Gesell­schafts­anteile und Stimmrechte, Gewinn­be­tei­ligung sowie Berufs­haft­pflicht­ver­si­cherung - erfüllt seien. Es spreche daher alles dafür, dass berufs­rechtliche Belange nicht beeinträchtigt seien, wenn eine Ärzte­ge­sell­schaft in der Form einer GmbH die in der Berufsordnung genannten Voraussetzungen erfülle. Es liege demnach nahe, dass den verfas­sungs­recht­lichen Bedenken des vorlegenden Gerichts, wonach das Verbot des § 21 Abs. 2 Satz 1 HeilBG in nicht zu recht­fer­ti­gender Weise insbesondere in die verfas­sungs­rechtlich verbürgte Berufsfreiheit (Art. 58 LV) eingreife, durch die Zulassung einer Ausnahme nach § 21 Abs. 2 Satz 5 HeilBG Rechnung getragen werden könne.

Verweigerung kann im Einzelfall gegen Verfassung verstoßen

Der Verfas­sungs­ge­richtshof wies in diesem Zusammenhang ausdrücklich darauf hin, dass die Kammer über die Zulassung einer Ausnahme zwar nach Ermessen entscheide. Dieses Ermessen könne sich angesichts des betroffenen Grundrechts der Berufsfreiheit allerdings derart verdichten, dass im Einzelfall die Verweigerung, eine Ausnahme von dem grundsätzlichen Verbot zuzulassen, jedenfalls dann gegen die Verfassung verstoße, wenn die GmbH die in der ärztlichen Berufsordnung genannten Voraussetzungen für eine Ärzte­ge­sell­schaft in der Form einer juristischen Person des Privatrechts erfülle.

Quelle: Verfassungsgerichtshof Rheinland-Pfalz/ ra-online

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