21.11.2024
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Verfassungsgericht Brandenburg Urteil30.03.2013

Brandenburg: Koste­n­er­stat­tungs­re­gelung im Kinder­ta­gess­tät­ten­gesetz verstößt gegen die Landes­ver­fassungGesetzgeber muss spätestens mit Wirkung für das Haushaltsjahr 2014 neue Koste­n­aus­gleichs­re­gelung treffen

Die Finanzierung der besseren Perso­nal­ausstattung in den Kinder­ta­gess­tätten in Brandenburg verstößt seit dem Jahr 2010 gegen die Verfassung des Landes Brandenburg. Die Regelung über die Perso­na­l­kos­ten­zu­schüsse, die die Landkreise und kreisfreien Städte erhalten, wurde vom Verfas­sungs­gericht des Landes Brandenburg für verfas­sungs­widrig erklärt. Das Gericht gab damit einer kommunalen Verfas­sungs­be­schwerde der kreisfreien Städte Brandenburg an der Havel, Cottbus, Frankfurt (Oder) und Potsdam gegen eine Regelung im Kinder­ta­gess­tät­ten­gesetz statt. Der Gesetzgeber muss spätestens mit Wirkung für das Haushaltsjahr 2014 eine den Anforderungen der Landes­ver­fassung gerecht werdende Koste­n­aus­gleichs­re­gelung treffen.

Der Gesetzgeber in Brandenburg hat im Jahr 2010 eine Verbesserung der Perso­nal­ausstattung in den Kinder­ta­gess­tätten für die Kinder im Krippen- und Kinder­gar­te­nalter beschlossen. In den Kinder­ta­gess­tätten wurde deshalb mehr Personal beschäftigt. Zur Finanzierung erhielten die Träger der Kitas von den Kreisen und kreisfreien Städten als örtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe höhere Perso­na­l­kos­ten­zu­schüsse. Gleichzeitig erhöhte das Land zur Gegen­fi­nan­zierung den im Kinder­ta­gess­tät­ten­gesetz vorgesehenen Zuschuss, den es zur anteiligen Finanzierung der Kinder­ta­ges­be­treuung an die Landkreise und kreisfreien Städte zahlt, um jährlich 36.132.600 Euro. Mit ihrer kommunalen Verfas­sungs­be­schwerde haben die vier Städte geltend gemacht, dieser Betrag stelle keinen ausreichenden finanziellen Ausgleich für die Mehrausgaben dar, der Gesetzgeber habe die Kosten­stei­gerung zu gering veranschlagt. Auch die Verteilung der Mittel verstoße gegen die Landes­ver­fassung.

Landeszuschuss verletzt Beschwer­de­führer in Recht auf kommunale Selbst­ver­waltung

Das Verfas­sungs­gericht des Landes Brandenburg hat festgestellt, dass der angegriffene Landeszuschuss verfas­sungs­widrig ist. Er verletzt die Beschwer­de­füh­re­rinnen in ihrem Recht auf kommunale Selbst­ver­waltung in seiner Ausprägung durch das Konne­xi­täts­prinzip der Landes­ver­fassung (Art. 97 Abs. 3). Dieses verpflichtet das Land zum Ausgleich der Mehrbelastungen, die den Gemeinden und Gemein­de­ver­bänden dadurch entstehen, dass das Land ihnen neue Aufgaben überträgt. Die Erhöhung der Perso­na­l­kos­ten­zu­schüsse durch den Landes­ge­setzgeber muss sich an der Konne­xi­täts­ga­rantie messen lassen. Damit ist das Land im Grundsatz zu einem vollständigen Kostenausgleich verpflichtet, wobei es statt einer centgenauen Abrechnung auch eine pauschalierende Ausgleichs­re­gelung treffen darf. Eine solche Pauschalierung setzt aber eine fundierte Prognose über die entstehenden Mehrkosten und ihre Beein­fluss­barkeit durch die Kommunen unter gründlicher Ausein­an­der­setzung mit den tatsächlichen Gegebenheiten vor Ort voraus. Zudem muss für jede einzelne betroffene Kommune die realistische Möglichkeit bestehen, durch eigene Anstrengungen zu einem vollständigen Kostenausgleich zu gelangen. Hieran fehlt es.

Bildung des arithmetischen Mittelwerts der anfallenden Perso­na­l­kos­ten­zu­schüsse als Grundlage zur Festlegung des Ausgleichs­an­spruch nicht zulässig

Der Gesetzgeber hat sich im Gesetz­ge­bungs­ver­fahren darauf beschränkt, die bei den Landkreisen und kreisfreien Städten anfallenden Perso­na­l­kos­ten­zu­schüsse zu erfragen und hieraus einen arithmetischen Mittelwert zu bilden; dieser ist dann Grundlage für die Festlegung des Ausgleichs­be­trages gewesen. Diese Vorgehensweise ist unzulässig. Denn bei der Höhe der Perso­na­l­kos­ten­zu­schüsse gibt es ganz erhebliche Unterschiede zwischen den Landkreisen und kreisfreien Städten. Ob es sachliche und nicht beeinflussbare Gründe für diese Belas­tungs­un­ter­schiede gibt, ist im Gesetz­ge­bungs­ver­fahren nicht geklärt worden. Diese könnten beispielsweise auf Unterschieden in der Altersstruktur des Fachpersonals beruhen.

Festgelegter Gesamtbetrag ließ Tariferhöhung für Beschäftigte des öffentlichen Dienstes unberück­sichtigt

Im Gesetz­ge­bungs­ver­fahren ist außerdem nicht geklärt worden, ob in den arithmetischen Mittelwert auch solche Perso­na­l­kos­ten­zu­schüsse an die Kitaträger eingeflossen sind, deren Festlegung durch den betreffenden Jugend­hil­fe­träger rechtswidrig zu niedrig war. Der Mittelwert könnte zum Nachteil der rechtmäßig handelnden Jugend­hil­fe­träger strukturell nach unten verfälscht worden sein. Obendrein ließ der Gesamtbetrag eine zum Zeitpunkt der Geset­ze­s­än­derung bereits feststehende Tariferhöhung für die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes und die dadurch steigenden Personalkosten unberück­sichtigt.

Quelle: Verfassungsgericht des Landes Brandenburg/ra-online

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