21.11.2024
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Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil11.07.2012

Vergnü­gungs­steuer für Gewinn­spiel­au­tomaten in Höhe von 20 % der Bruttokasse zulässigGemeindesatzung verstößt nicht gegen höherrangiges Recht

Der in der Vergnü­gungs­steu­er­satzung einer Gemeinde bestimmte Steuersatz von 20 % der elektronisch gezählten Bruttokasse für Spielautomaten mit Gewinn­mög­lichkeit ist rechtmäßig. Dies entschied der Verwal­tungs­ge­richtshof Baden-Württemberg in einem Normen­kon­troll­ver­fahren und lehnte damit den Antrag einer Spiel­ha­l­len­be­treiberin (Antragstellerin) ab, die betreffende Satzung der Gemeinde (Antragsgegnerin) für ungültig zu erklären.

Die Antragstellerin des zugrunde liegenden Falls betreibt in der Gemeinde Wehingen zwei Spielhallen mit je acht Gewinn­spiel­au­tomaten. Drei weitere Gewinn­spiel­au­tomaten hat sie in einer Tankstelle sowie in einem Bistro aufgestellt. Die ab dem Jahr 2011 gültige Vergnü­gungs­steu­er­satzung der Gemeinde setzt für solche Geräte einen Steuersatz von 20 % der elektronisch gezählten Bruttokasse fest. Bei diesem Maßstab wird auf den Kasseninhalt abgestellt, d.h. von den Einsätzen der Spieler werden die ausgezahlten Gewinne abgezogen und vom verbleibenden Betrag sind 20 % als Vergnügungssteuer zu zahlen. Die Antragstellerin wandte gegen die Gültigkeit der Satzung ein, der Gemeinderat habe schon nicht rechtmäßig über die Höhe des Steuersatzes beraten, weil er die Auswirkungen der Satzung auf den Betrieb der Antragstellerin nicht berücksichtigt habe. Zudem habe der Steuersatz für den Beruf eines Automa­ten­auf­stellers erdrosselnde Wirkung; der Beruf werde insgesamt unrentabel.

Gemeinde darf zur Deckung des Finanzbedarfs örtliche Aufwandsteuer erheben

Dieser Auffassung ist der Verwal­tungs­ge­richtshof Baden-Württemberg nicht gefolgt. Die Satzung verstoße nicht gegen höherrangiges Recht. Die Vergnü­gungs­steuer sei eine örtliche Aufwandsteuer, welche die Gemeinden zur Deckung ihres Finanzbedarfs erheben könnten. Dabei hätten sie zwar verfas­sungs­rechtliche und andere höherrangige gesetzliche Grenzen für die Erhebung von Steuern zu beachten. Allerdings gebe es keine verfas­sungs­rechtliche oder einfach­ge­setzliche Bestimmung, die eine Gemeinde verpflichte, vor Erlass einer Steuersatzung deren Auswirkungen auf Interessen einzelner Steuer­pflichtiger zu berücksichtigen und sie mit den gemeindlichen Interessen abzuwägen. Deshalb sei es unerheblich, dass der Gemeinderat es unterlassen habe, die mit dem 20 prozentigen Steuersatz verbundenen Auswirkungen auf den Betrieb der Antragstellerin zu ermitteln.

Steuersatz von 20 % auf Bruttokasse kann nicht per se als erdrosselnd angesehen werden

Der festgesetzte Steuersatz mache es der Antragstellerin auch nicht unmöglich, ihren Betrieb weiterzuführen. Die Erhebung einer Vergnü­gungs­steuer verletze zwar die Berufsfreiheit eines Spiel­au­to­ma­ten­be­treibers, wenn die Steuerbelastung für sich genommen es ihm unmöglich mache, im Gebiet der steue­rer­he­benden Körperschaft seinen Beruf ganz oder teilweise zur wirtschaft­lichen Grundlage der Lebensführung zu machen, die Steuer also “erdrosselnd“ wirke. Ein Steuersatz von 20 % auf die Bruttokasse liege zwar an der oberen Grenze dessen, was in der Rechtsprechung noch als verfas­sungs­rechtlich unbedenklich eingestuft worden sei. Er könne jedoch nicht per se als erdrosselnd angesehen werden. Es komme vielmehr auf die konkreten Umstände des Einzelfalles an.

Vorgelegte Berechnung über Ausgaben infolge zu zahlender Vergnü­gungs­steuer mit mehreren Rechenfehlern behaftet

Aber auch nach den Angaben der Antragstellerin könne eine erdrosselnde Wirkung nicht angenommen werden. Sie habe zwar behauptet, im Jahr 2011 hätten ihre Ausgaben infolge der zu zahlenden Vergnü­gungs­steuer die Einnahmen überstiegen. Die von ihr vorgelegte Berechnung sei aber mit mehreren Rechenfehlern behaftet. So habe die Antragstellerin etwa auf der Ausgabenseite weit überhöhte Kosten für die Gebäudemiete angesetzt. Insbesondere unter Berück­sich­tigung einer marktüblichen Miete ergebe sich für die Geldspielgeräte sowohl in den Spielhallen als auch im Bistro und in der Tankstelle ein deutlicher jährlicher Überschuss. Es könne deshalb keine Rede davon sein, dass der festgesetzte Steuersatz es der Antragstellerin unmöglich machte, ihren Geschäfts­betrieb weiterzuführen.

Quelle: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg/ra-online

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