18.10.2024
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Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil23.02.2016

Stadt Künzelsau muss auch Gebühren für Besuch von Waldorf­kin­der­gärten übernehmenFörderpraxis der Stadt für Kindergärten gleich­heits­widrig

Der Verwaltungs­gerichts­hof Baden-Württemberg hat entschieden, dass die Stadt Künzelsau verpflichtet ist, auch den Besuch von Kindergärten freier Träger in ihre Förderpraxis, Eltern freiwillige Zuschüsse für den Besuch von Kindergärten zu gewähren, einzubeziehen.

Im zugrunde liegenden Streitfall verlangte das klagende Elternpaar, dessen zwei Kinder ab 2008 den Waldorf­kin­der­garten in Künzelsau besuchten, von der beklagten Stadt Künzelsau die Erstattung der von ihnen bezahlten Kinder­gar­ten­beiträge in Höhe von 11.621 Euro. Die Stadt gewährt seit 2007 Künzelsauer Eltern, die ihre Kinder in städtischen Kindergärten unterbringen, eine deutliche Gebüh­re­n­er­mä­ßigung, so dass für Kinder ab der Vollendung des 3. Lebensjahres keine Kinder­gar­ten­ge­bühren anfallen. Für Kindergärten freier Träger gilt die städtische Förderung jedoch nicht.

Das Verwal­tungs­gericht Stuttgart wies zwar die Klage der Eltern auf Erstattung der an den Waldorf­kin­der­garten gezahlten Elternbeiträge ab, verpflichtete jedoch die Beklagte aus Gründen der Gleich­be­handlung zu einer Neubescheidung des Begehrens der Kläger.

Gemeinde darf durch Förderung des Kinder­gar­ten­besuchs nicht gesetzliches Wahlrecht der Eltern unterlaufen

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwal­tungs­ge­richts wies der Verwal­tungs­ge­richtshof Baden-Württemberg zurück. Zur Begründung führte das Gericht aus, dass die Förderpraxis der Beklagten in rechtlicher Hinsicht zwar nicht unmittelbar den gesetzlichen Regelungen über die Kinder­gar­ten­för­derung unterstehe. Die Gemeinde dürfe jedoch mit der direkten Förderung des Kinder­gar­ten­besuchs durch eine Zuwendung an die Eltern nicht das gesetzliche Wahlrecht der Eltern und deren Erzie­hungs­be­stim­mungsrecht unterlaufen. Dies tue sie aber unter Verstoß gegen das Gleich­heitsgebot des Art. 3 Abs. 1 GG, wenn sie Kinder, für welche die Eltern den Besuch eines freien Kindergartens vorsehen, von vornherein von der einschlägigen freiwilligen kommunalen Fördermaßnahme ausschließe.

Stadt kann sich nicht auf Gewährung regelmäßiger Zuschüsse für Waldorf­kin­der­garten berufen

Die Beklagte könne sich nicht darauf berufen, dass sie regelmäßig dem Künzelsauer Waldorf­kin­der­garten freiwillige Zuschüsse gewähre. Denn diese hätten im Gegensatz zu der Bezuschussung des Besuchs der städtischen Kindergärten gerade nicht den Zweck, den Künzelsauer Vorschulkindern im Rahmen einer notwendigen Förderung ihrer Gesamt­ent­wicklung einen kostenfreien regelmäßigen dreijährigen Kinder­gar­ten­besuch zu ermöglichen. Sie verfolgten vielmehr den weiteren und andersartigen Zweck einer allgemeinen Finanzierung der privaten Kindergärten, wie dies bereits seit Jahren auf Verbandsebene zwischen den Kommunalen Landesverbänden, den Kirchen und den Verbänden der sonstigen freien Träger der Jugendhilfe vereinbart sei.

Stadt darf bei Neuentscheidung über Förderantrag Unterschiede zwischen städtischen Kindergärten und Waldorf­kin­der­gärten berücksichtigen

Bei der ihr nun auferlegten neuen Entscheidung über den Förderantrag der Kläger dürfe die Beklagte Unterschiede insbesondere in den Betreu­ungs­an­geboten der städtischen Kindergärten einerseits und des Waldorf­kin­der­gartens andererseits bei der Bestimmung der Höhe der Förderung berücksichtigen. Auch der Zeitpunkt der Antragstellung durch die Kläger könne bei der neuen Entscheidung in Rechnung gestellt werden, da die beabsichtigte Förderung gerade nicht auf eine unmittelbare finanzielle Entlastung der Eltern abziele, sondern in erster Linie einen tatsächlichen Kinder­gar­ten­besuch der Vorschulkinder ermöglichen solle.

Quelle: Verwaltungsgerichthof Baden-Württemberg/ra-online

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