18.10.2024
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Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss27.03.2015

Gemeinde muss Tierschutz­verein Kosten für Pflege von Fundtieren erstattenFür nicht von vornherein herrenlose Tiere besteht Anspruch auf Koste­n­er­stattung

Der Verwaltungs­gerichts­hof Baden-Württemberg hat entschieden, dass die Gemeinde einem Tierschutz­verein die Kosten für eine vierwöchige Pflege von gefundenen Wasser­schild­kröten und Katzen erstatten muss.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Ein baden-württem­ber­gischer Tierschutzverein (Kläger) hatte Ausgaben in Höhe von 392 Euro, um eine Wasser­schildkröte und eine Katze vier Wochen zu pflegen. Die Polizei und eine Bürgerin hatten die Tiere im Zentrum der Gemeinde Dettingen (Beklagte) gefunden und beim Kläger abgegeben. Der Kläger verlangte von der Beklagten als Trägerin der Fundbehörde, die Kosten für die vierwöchige Pflege der Tiere zu erstatten. Die Beklagte lehnte das ab.

Gerichte bejahen Anspruch auf Kostenersatz

Das Verwal­tungs­gericht Stuttgart gab der Zahlungsklage des Klägers statt. Der Verwal­tungs­ge­richthof Baden-Württemberg bestätigte diese Entscheidung und lehnte den Antrag der Beklagten, die Berufung gegen das Urteil zuzulassen, ab. Der Verwal­tungs­ge­richtshof verwies in seiner Entscheidung darauf, dass in Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) geregelt sei, wie mit Fundtieren umzugehen ist. Wer ein Tier findet, das der Eigentümer verloren hat, hat dies dem Eigentümer anzuzeigen. Weiß der Finder nicht, wer Eigentümer ist, hat er den Fund des Tieres der Fundbehörde mitzuteilen; Fundbehörden sind in Baden-Württemberg die Gemeinden. Der Finder ist verpflichtet, das Tier zu verwahren, kann es aber auch bei der Fundbehörde abliefern. Er ist berechtigt, vom Eigentümer Ersatz der notwendigen Aufwendungen zu verlangen, die er für Pflege und Ernährung des Tieres hat. Die Vorschriften des BGB über den Fund verloren gegangener Tiere gelten jedoch nicht, wenn der Eigentümer des Tieres sein Eigentum am Tier aufgegeben hat (herrenloses Tier). Für Pflege und Ernährung gefundener herrenloser Tiere besteht kein Koste­n­er­satz­an­spruch.

Innen­mi­nis­terium gibt Hinweise zur Behandlung und zum Umgang mit Fundtieren

Da häufig schwer feststellbar ist, ob das aufgefundene Tier dem Eigentümer verloren gegangen oder ob es herrenlos ist, haben das Ministerium für Ernährung und ländlichen Raum und Verbrau­cher­schutz Baden-Württemberg und das Innen­mi­nis­terium Baden-Württemberg Hinweise zur Behandlung solcher Tiere veröffentlicht. Darin heißt es, bei Auffinden eines Tieres sei in aller Regel davon auszugehen, dass es sich um ein Fundtier handele, da es nach dem Tierschutz­gesetz verboten sei, ein Tier auszusetzen oder zurückzulassen. In der Regel - so die ministeriellen Hinweise - könne, sofern sich der Eigentümer eines Tieres nicht spätestens nach vier Wochen gemeldet habe, angenommen werden, dass er die Suche nach seinem Tier aufgegeben habe und das Tier herrenlos sei bzw. herrenlos geworden sei.

Tiere waren nicht von vornherein als herrenlos anzusehen

Im entschiedenen Fall hatte der Kläger der Beklagten schriftlich angezeigt, dass eine Wasser­schildkröte und eine Katze bei ihm abgegeben worden seien. Die Beklagte antwortete, die Katze sei herrenlos, da sie weder einen Chip noch eine Tätowierung aufweise, die Wasser­schildkröte sei als herrenlos anzusehen, wenn sich ihr Eigentümer nicht innerhalb von vier Wochen melde. Diesen und weitere Umstände sah der Verwal­tungs­ge­richtshof - wie das Verwal­tungs­gericht - als entscheidend an und sprach dem Kläger daher den Anspruch auf Erstattung der Pflegekosten zu. Der Kläger habe aufgrund der Antwort der Beklagten davon ausgehen dürfen, dass die Beklagte die Hinweise der Ministerien als maßgeblich ansehe. Es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass es sich von vornherein um herrenlose Tiere gehandelt habe. Der gute Allgemein- und Ernäh­rungs­zustand der Schildkröte und der Fundort beider Tiere im Ortszentrum sprächen jeweils auch dafür, dass sie nicht herrenlos gewesen seien.

Quelle: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg/ra-online

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