03.12.2024
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Dokument-Nr. 32491

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Verwaltungsgericht Wiesbaden Urteil06.12.2022

Verarbeitung von Fluggastdaten rechtswidrigTotal­über­wachung sämtlicher Flüge wegen fehlender Rechtsgrundlage unzulässig

Das VG Wiesbaden entschied in zwei Verfahren über die Verarbeitung von Fluggastdaten nach dem Fluggast­da­ten­gesetz (FlugDaG), das auf der sog. Fluggastdaten-Richtlinie EU 2016/681 beruht. Die EU-Richtlinie dient der Bekämpfung des Terrorismus und schwerer Kriminalität. Sie sieht vor dem Abflug oder der Ankunft an einem europäischen Flughafen einen Abgleich der perso­nen­be­zogenen Daten von Fluggästen unter anderem mit Fahndung­sdaten­banken vor. Zu den Fluggastdaten gehören vor allem Name, Adresse, Buchungsdaten, Sitzplatz und weitere Informationen über Flugpassagiere.

Die Kläger flogen jeweils auf inner­eu­ro­pä­ischen Strecken bzw. von der EU aus in Drittstaaten und von dort zurück. In diesem Zusammenhang wurden die Daten der Kläger durch das Bundes­kri­mi­nalamt (BKA) mit polizeilichen Datenbanken abgeglichen. Zu einem Treffer kam es bei den Klägern nicht. Das VG hatte hierzu dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) Fragen zur Vereinbarkeit der Fluggastdaten-Richtlinie mit höherrangigem EU-Recht, insbesondere den Grundrechten aus der EU-Grund­recht­echarta, gestellt. Der EuGH hatte hinsichtlich einer Vorlage des Belgischen Verfas­sungs­ge­richtshofs zur Datenverarbeitung von Fluggastdaten die Verarbeitung von Fluggastdaten unter bestimmten Bedingungen für rechtmäßig erklärt.

Total­über­wachung sämtlicher Flüge unzulässig

Das VG Wiesbaden gab den Klagen auf Feststellung der Rechts­wid­rigkeit der Verarbeitung der Fluggastdaten statt. Bezüglich des inner­eu­ro­pä­ischen Flugs fehle es an einer grund­rechts­kon­formen Rechtsgrundlage des BKA. Nach der Entscheidung des EuGH dürften die Daten von Passagieren von Flügen innerhalb der EU nur dann verarbeitet werden, soweit es Anhaltspunkte für terroristische Bedrohungen auf bestimmten Flugrouten gebe. Eine solche Bedrohung habe die Beklagte aber nicht nachweisen können. Die Totalüberwachung sämtlicher Flüge, wie sie im FlugDaG geregelt sei, sei daher unzulässig. Auch hinsichtlich des Flugs in einen Nicht-EU-Staat liege keine Rechtsgrundlage für die Daten­ver­a­r­beitung durch das BKA vor. Die Bekämpfung gewöhnlicher Kriminalität rechtfertige es nach der Rechtsprechung des EuGH nicht, die Daten sämtlicher Flugpassagiere ohne konkreten Anhaltspunkt mit Ausschreibungs- und Fahndungs­da­ten­banken abzugleichen.

Straf­ta­ten­katalog in FlugDaG fehlt

Die Mitgliedstaaten hätten vielmehr die Aufgabe, gesetzlich die schweren Straftaten zu benennen, wegen derer die Flugpassagiere einer so weitgehenden Datensammlung ausgesetzt würden. Nur so werde sichergestellt, dass das System der Fluggast­da­ten­spei­cherung nur zur Bekämpfung schwerer Kriminalität eingerichtet und betrieben werde. Einen solchen Straf­ta­ten­katalog enthalte des FlugDaG aber nicht. Gegen die Urteile stehen der Beklagten die Rechtsmittel der Berufung zum Hessischen VGH und der Sprungrevision zum Bundes­ver­wal­tungs­gericht zur Verfügung, die binnen eines Monats eingelegt werden können.

Quelle: Verwaltungsgericht Wiesbaden, ra-online (pm/ab)

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