18.10.2024
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Dokument-Nr. 30630

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Verwaltungsgericht Trier Urteil07.07.2021

Sektflaschen müssen Folie­n­um­kleidung um Korken und Flaschenhals habenKeine Verkauf von Sektflachen ohne Folie­n­um­kleidung

Das Verwal­tungs­gericht Trier hat die Klage eines Winzers gegen eine Unter­sagungs­verfügung der ADD Trier abgewiesen.

Nachdem das Landes­un­ter­su­chungsamt anlässlich einer weinrechtlichen Kontrolle des Betriebs des Klägers im Mai 2020 Sektflaschen ohne die nach der einschlägigen unions­recht­lichen Vorgabe geforderte Folienumkleidung vorgefunden hatte, untersagte die ADD Trier nach Anhörung des Klägers den Verkauf von 1.300 Flaschen Riesling Jahrgangssekt. Zur Begründung wurde auf die in der EU-Verordnung vorgesehene Schaum­wein­ausstattung hingewiesen, wonach für Schaum­wein­flaschen mit einem Nennvolumen von mehr als ,2 Litern eine Folie­n­um­kleidung um Korken und Flaschenhals gefordert sei. Nach erfolglos gebliebenem Widerspruch hat der betroffene Winzer Klage beim Verwal­tungs­gericht Trier erhoben, zu deren Begründung er die Auffassung vertritt, es liege ein Verstoß gegen höherrangiges Unionsrecht vor. Im Wesentlichen macht er hierzu geltend, es gebe zahlreiche Weinbaubetriebe, die Sektflaschen ohne Folie­n­um­kleidung in Verkehr brächten; einen Sondervorteil für sich fordere er mithin nicht. Es sei auch kein vernünftiger Grund ersichtlich, Sektvermarktern aufzuerlegen, Sektflaschen mit einer solchen Folie zu versehen. Die Folie sei ein umwelt­schäd­liches Accessoire ohne technische Funktion, da der Korken auf der unter hohem Druck stehenden Sektflasche wirkungsvoll bereits durch die "Halte­vor­richtung" auf der Flasche gehalten werde. Eine Irreführung des Verbrauchers stehe nicht zu befürchten, da faktisch nicht alle Schaumweine mit der vorge­schriebenen Folie­n­um­kleidung vermarktet würden und nach dem Unionsrecht auch andere Produkte mit Folie ausgestattet werden dürften, sodass der Verbraucher sich ohnehin an der Etikettierung und nicht nur anhand der Präsentation mit Folie orientieren müsse.

VG: Eingriff in Unter­neh­mens­freiheit sachlich gerechtfertigt

Dies sahen die Richter der 8. Kammer anders und wiesen die Klage ab. Zur Urteils­be­gründung ist im Wesentlichen ausgeführt, zwar falle der Verkauf der in Rede stehenden Sektflaschen ohne Folie­n­um­kleidung als Aspekt der Durchführung der unter­neh­me­rischen Betätigung in den sachlichen Schutzbereich höherrangigen Unionsrechts, der unter­neh­me­rischen Freiheit nach Art. 16 der EU-Grundrechte-Charta. Die von der einschlägigen Vorschrift der EU Verordnung vorgesehene Verpflichtung zur Folie­n­um­kleidung schränke die so geschützte unter­neh­me­rische Freiheit von Schaum­wein­er­zeugern auch ein. Dieser Eingriff sei jedoch sachlich gerechtfertigt. Die Regelungen bezweckten u.a. den Schutz des Verbrauchers vor Irreführung ebenso wie den Schutz der Schaum­wein­her­steller im Sinne eines fairen Wettbewerbs. Die Vorgabe einer einheitlichen Aufmachung von Schaum­wein­flaschen sei geeignet, den Verbraucher vor Verwechslungen/Täuschungen zu schützen, da die einheitliche Aufmachung von Sektflaschen auf eine mehr als 100 Jahre währende Tradition zurückgehe und auch beim heutigen Verbraucher bewirke, dass er sich auf den ersten Blick orientieren und darauf verlassen könne, dass ein Sekt nur in der "vollen Schaum­wein­ausstattung", also mit Folie­n­um­kleidung, angeboten werde.

Schutz der Schaum­wein­her­steller im Sinne eines fairen Wettbewerbs

Da eine entsprechende Erwar­tungs­haltung bei einer Flasche, die nicht mit der traditionellen Folie­n­um­kleidung versehen sei, nicht bestehe, sei die Vorschrift zugleich geeignet, die Hersteller von Schaum­wein­er­zeug­nissen zu schützen und zu einem fairen Wettbewerb zwischen den Anbietern beizutragen. Dadurch, dass alle Anbieter von Schaumweinen im Wesentlichen die gleiche Ausstattung wählen müssten, seien diese mit Blick auf die Produk­ti­o­ns­kosten und eine etwaige Abgabe für die Abfal­l­ent­sorgung zudem auch gleich belastet. Darüber hinaus leistete die Umkleidung einen weiteren Schutz vor Manipulation; insbesondere könne der Verbraucher an einer unversehrten Folie erkennen, ob der Verschluss der Flasche möglicherweise manipuliert bzw. beschädigt wurde. Bei Naturkorken könne die Folie zudem vor Feuchtigkeit und Schimmelbildung schützen.

Verbraucher- und wettbe­wer­bs­recht­lichen Aspekte vorrangig

Die geltend gemachten umwelt­recht­lichen Aspekte könnten der Klage ebenfalls nicht zum Erfolg verhelfen. Der Verord­nungsgeber habe bei Erlass der Vorschrift die Belange des Umweltschutzes im Blick gehabt und mit dem Schutz der traditionellen Aufmachung von Schaum­wein­er­zeug­nissen und damit einhergehend der verbraucher- und wettbe­wer­bs­recht­lichen Aspekte abgewogen und in Ausgleich gebracht. Dies sei von dem ihm zustehenden Gestal­tungs­spielraum gedeckt und rechtlich mithin nicht zu beanstanden. Im Übrigen sei zu sehen, dass der Begriff der "Folie" vom Verord­nungsgeber nicht näher definiert sei, sodass auch umwelt­freundliche, recyclebare Folien verwendet werden könnten.

Quelle: Verwaltungsgericht Trier, ra-online (pm/ab)

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