21.11.2024
21.11.2024  
Sie sehen eine Figur, die einen Mann darstellt, der mit einem Fernglas in der Hecke sitzt.
ergänzende Informationen

Verwaltungsgericht Stuttgart Urteil11.06.2019

Landratsamt muss Maßnahmen zur Unterbindung von Lärm aus Gemeinschafts­unter­kunft für Flüchtlinge ergreifenGrundstück der Unterkunft nur für Nutzung eines Zwei­familien­wohn­hauses genehmigt

Das Verwal­tungs­gericht Stuttgart hat das Landratsamt Esslingen als Vertreter des Landes Baden-Württemberg dazu verurteilt, geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um Lärmbe­läs­ti­gungen in Form von lauter Musik, übermäßig lauten Unterhaltungen und Geschrei zur Nachtzeit (22:00 - 06.00 Uhr), welche durch die Bewohner einer Gemeinschafts­unter­kunft für Flüchtlinge verursacht werden, zu unterbinden.

Dem Verfahren lag folgender Sachverhalt zugrunde: Seit Herbst 2015 waren in einem Zweifa­mi­li­enhaus, das vom Landkreis Esslingen zur Unterbringung von Flüchtlingen angemietet wurde, Asylbewerber untergebracht. Derzeit sind zehn Personen untergebracht; die höchste Belegungsrate betrug bisher 23 Personen. Küche, Essbereich bzw. Gemein­schaftsräume der Unterkunft befinden sich im Erd- und Obergeschoss jeweils auf der dem Grundstück der Kläger zugewandten Seite.

Kläger verweisen auf unzumutbare Lärmbe­läs­ti­gungen

Die Kläger machten geltend, dass von der Flüchtlingsunterkunft weit über das hinnehmbare Maß unzumutbare Lärmbe­läs­ti­gungen vor allem nachts ausgingen. Sie hätten deshalb einen öffentlich-rechtlichen Abwehr- und Unter­las­sungs­an­spruch (nach §§ 1004 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. 906 BGB analog). Sie begehrten vom beklagten Land, die andauernden Ruhestörungen und Lärmbe­läs­ti­gungen, insbesondere in den Nachtstunden (von 22.00 Uhr bis 6.00 Uhr) in Form von lauter Musik bei offenen Fenstern sowie lautstarken Unterhaltungen und Geschrei zu unterbinden.

Land hält Geräu­schein­wir­kungen für sozialadäquat und zumutbar

Das beklagte Land trug demgegenüber vor, dass die Voraussetzungen eines öffentlich-rechtlichen Unter­las­sungs­an­spruches nicht vorlägen. Die Geräu­schein­wir­kungen bewegten sich vorliegend durchaus im Bereich des Ortsüblichen und seien sozialadäquat sowie zumutbar. Auch habe das beklagte Land alles Zumutbare unternommen, um eine Entspannung der nachbarlichen Verhältnisse herbeizuführen.

Land muss sich von den Bewohnern der Flücht­lings­un­terkunft ausgehende Störungen zurechnen lassen

Das Verwal­tungs­gericht Stuttgart führte in seiner Entscheidung aus, dass das Landratsamt Esslingen zum Ergreifen geeigneter lärmmindernder Maßnahmen verpflichtet sei, weil es sich die von den Bewohnern der Flücht­lings­un­terkunft ausgehenden Störungen zurechnen lassen müsse. Dies liege in einer unglücklichen Stand­or­tent­scheidung und dem Unterbleiben eines Bauge­n­eh­mi­gungs­ver­fahrens begründet, welches gerade dem Erkennen von Konflikt­po­ten­tialen und dem Ergreifen eventuell erforderlicher lärmmindernder baulicher Maßnahmen diene. Auf dem Grundstück der Unterkunft sei allein die Nutzung eines Zweifa­mi­li­en­wohn­hauses genehmigt. Die durchgeführte Beweisaufnahme habe jedoch ergeben, dass es jedenfalls zu Beein­träch­ti­gungen der Kläger komme, die über die bei einem Zweifa­mi­li­en­wohnaus üblicherweise auftretenden Beein­träch­ti­gungen hinausgingen.

Quelle: Verwaltungsgericht Stuttgart/ra-online (pm/kg)

Nicht gefunden, was Sie gesucht haben?

Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.

Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Urteil27502

Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.

Die Redaktion von urteile.news arbeitet mit größter Sorgfalt bei der Zusammenstellung von interessanten Urteilsmeldungen. Dennoch kann keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der über uns verbreiteten Inhalte gegeben werden. Insbesondere kann urteile.news nicht die Rechtsberatung durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt in einem konkreten Fall ersetzen.

Bei technischen Problemen kontaktieren Sie uns bitte über dieses Formular.

VILI