Dokument-Nr. 22170
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Hessischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss18.09.2015
Kein Nachbarschutz gegen Wohnungen für Asylbewerber in reinem WohngebietNachbar muss übliche Wohnnutzung durch Flüchtlinge dulden
Beabsichtigt der Eigentümer eines Wohnhauses Asylbewerber in den einzelnen Wohnungen unterzubringen, so steht einem Nachbar dagegen kein Anspruch auf Untersagung zu. Ein Nachbar hat eine übliche Wohnnutzung durch Flüchtlinge zu dulden. Dies geht aus einer Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs Hessen hervor.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der Eigentümer eines dreigeschossigen Wohnhauses stellte die darin liegenden Wohnungen Asylbewerbern zur Verfügung. Im Durchschnitt lebten etwa zehn bis dreizehn Personen in dem Haus. Eine Genehmigung zur Nutzungsänderung hatte der Eigentümer nicht beantragt. Ein Nachbar fühlte sich durch die Unterbringung der Asylbewerber gestört. Seiner Meinung nach sei die Nutzungsänderung genehmigungspflichtig gewesen. Denn anstatt einer Wohnnutzung habe nunmehr eine Nutzung als Heimunterkunft für Flüchtlinge vorgelegen. Zudem beschwerte sich der Nachbar über eine erhebliche Lärmbelästigung und Vermüllung. Er wollte daher erreichen, dass die zuständige Behörde eine Nutzungsuntersagung ausspricht. Da sie dem nicht nachkam, stellte der Nachbar einen entsprechenden Eilantrag beim Verwaltungsgericht Frankfurt am Main. Das Verwaltungsgericht lehnte den Antrag jedoch ab. Dagegen richtete sich die Beschwerde des Nachbarn.
Kein Anspruch auf Nutzungsuntersagung der Asylbewerberunterkunft
Der Hessische Verwaltungsgerichtshof bestätigte die Entscheidung der Vorinstanz und wies somit die Beschwerde des Nachbarn zurück. Ihm habe kein Anspruch auf Untersagung der Nutzung des Wohnhauses als Asylbewerberunterkunft zugestanden. Denn dies hätte vorausgesetzt, dass die Unterbringung der Flüchtlinge im Widerspruch zu öffentlichen Vorschriften gestanden habe. Dies sei aber nicht der Fall gewesen.
Kein Vorliegen einer genehmigungspflichtigen Nutzungsänderung
Nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs habe zunächst keine genehmigungspflichtige Nutzungsänderung vorgelegen. Der Gebäudeeigentümer habe damit die Nutzung des Wohnhauses als Asylbewerberunterkunft nicht genehmigen lassen müssen. Trotz Unterbringung von Flüchtlingen habe weiterhin eine Wohnnutzung vorgelegen. Sämtliche Flüchtlinge haben ein eigenständiges häusliches Leben führen und sich selbstversorgen können.
Ausnahmsweise Zulässigkeit der Asylbewerberunterkunft
Selbst wenn keine Wohnnutzung in diesem reinen Wohngebiet vorgelegen habe, so der Verwaltungsgerichtshof weiter, sei die Asylbewerberunterkunft nach § 3 Abs. 3 Nr. 3 der Baunutzungsverordnung ausnahmsweise zulässig gewesen. Denn es habe sich um eine soziale Einrichtung im Sinne der Vorschrift gehandelt. Von einer Gebietsunverträglichkeit der Einrichtung sei nicht auszugehen gewesen, solange die Unterbringungskapazität beschränkt sei und nicht deutlich über dem Rahmen der generell zulässigen Grundstücksnutzung liege.
Ordnungspolizeiliche Maßnahmen gegen Lärmbelästigung und Vermüllung
Die vom Nachbar geschilderte Lärmbelästigung und Vermüllung habe nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofs ebenfalls kein baurechtliches Nutzungsverbot gerechtfertigt. Vielmehr hätte gegebenenfalls mit ordnungspolizeilichen Maßnahmen gegen die Störungen vorgegangen werden müssen.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 02.02.2016
Quelle: Verwaltungsgerichtshof Hessen, ra-online (vt/rb)
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