21.11.2024
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Verwaltungsgericht Stuttgart Urteil21.02.2013

Rauch aus kommunalem Backhaus für Nachbar zumutbarVom Backhaus ausgehende Immissionen überschritten weder Grenzwerte der Geruch­s­im­mis­si­ons­richtline noch der EU-Feinsta­u­brichtlinie

Ein Anwohner, der ca. 10 m von einem Backhaus entfernt wohnt und die Rauch- und Geruchs­be­läs­ti­gungen durch die Nutzung des Backhauses rügt, hat keinen Anspruch auf weitere Einschränkungen der Betriebszeiten des Backhauses und auf weitere Maßnahmen zur Vermeidung der Rauchgase. Dies geht aus einer Entscheidung des Verwal­tungs­ge­richts Stuttgart hervor.

Das (kommunale) Backhaus existiert seit 1847 im Zentrum eines Ortsteils von Weilheim und wird seit dieser Zeit genutzt. Eine wegen der Nachba­r­be­schwerden von der Gemeinde eingeführte Benut­zungs­ordnung mit Beschränkung der Nutzungszeiten (Backtage: Mittwoch bis Freitag von 6 bis 18 Uhr und samstags bis 15 Uhr) und auch eine technische Nachrüstung der Anlage (u.a. Erhöhung des Schornsteins, Optimierung der Abgas­ver­brennung) hatten nicht zur Befriedung geführt.

Nachbar verlangt weitere Einschränkungen der Benut­zungs­zeiten

Der klagende Nachbar des zugrunde liegenden Verfahrens vertrat die Auffassung, dass die Stadt die Benut­zungs­zeiten weiter auf (nur) maximal drei Tage in der Woche einschränken und den Samstag im vierzehntägigen Wechsel als Backtag ausschließen müsse, um unzumutbare Geruchs- und Rauch­be­läs­ti­gungen zu vermeiden. Die stark beißenden und stechenden Geruchsimmissionen griffen in erheblicher Weise auf seine Gesundheit und die Lebensqualität ein. Die Feinstaubbelastung bei Holzfeuerungen sei hoch und widerspreche u.a. der EU-Feinsta­u­brichtlinie. Außerdem liege ein Verstoß gegen die Geruch­s­im­mis­si­ons­richtlinie vor. Ihm sei es nicht zumutbar, seine Fenster viermal pro Woche geschlossen zu halten.

Vom Backhaus ausgehende Rauch- und Geruch­s­im­mis­sionen zumutbar

Dem ist das Verwal­tungs­gericht Stuttgart nicht gefolgt. Die vom Backhaus ausgehenden Rauch- und Geruch­s­im­mis­sionen seien für den Kläger zumutbar und damit keine schädlichen Umwelt­ein­wir­kungen im Sinne des Bunde­s­im­mis­si­ons­schutz­ge­setzes. Sie seien nach Art, Ausmaß und Dauer nicht geeignet, Gefahren erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für den Kläger herbeizuführen. Die vom Backhaus ausgehenden Immissionen überschritten weder die Grenzwerte der Geruch­s­im­mis­si­ons­richtline noch die der EU-Feinsta­u­brichtlinie, wonach der über den Tag gemittelte Immis­si­ons­grenzwert für Partikel PM10 50 Mikrogramm pro Kubikmeter bei 35 zugelassenen Überschrei­tungen im Kalenderjahr beträgt.

Gericht verneint schädliche Umwelt­ein­wir­kungen auf Wohnhaus durch Backhaus

Aufgrund des Umstandes, dass vom Backhaus nur in der Anheizphase in wenigen Stunden derartige Immissionen auf das 10 m entfernte Wohnhaus des Klägers einwirkten, bestünden keine Anhaltspunkte dafür, dass diese Grenzwerte überschritten werden könnten. Auch bei einer wertenden Gesamt­be­trachtung aller Umstände könne das Gericht nicht feststellen, dass von dem Backhaus schädliche Umwelt­ein­wir­kungen auf das Wohnhaus des Klägers ausgingen.

Stadt hat Beschwerden des Klägers durch Einschränkung der Backzeit ausreichend Rechnung getragen

In dem Backhaus, das im Ortskern in traditioneller Weise seit dem Jahr 1847 existiere, werde seit jeher gebacken, ohne dass diese Nutzung zwischen­zeitlich einmal aufgegeben worden wäre. Damit unterscheide sich das Backhaus deutlich von anderen Backhäusern, die teilweise über Jahre oder Jahrzehnte nicht betrieben worden seien. Das Backhaus präge das Ortsbild und sei schon vorhanden gewesen, als der Kläger seine Wohnung bezogen habe, weshalb er in etwas höherem Maße Geruch­s­ein­wir­kungen hinnehmen müsse. Auch falle die über 150-jährige im Gemeind­e­in­teresse liegende Backtradition als Ausdruck der Herkömmlichkeit und Ortsüblichkeit ins Gewicht. Die Stadt habe den Beschwerden des Klägers insoweit Rechnung getragen, als im Jahr 2009 erstmals eine Benut­zungs­ordnung vom Gemeinderat in Kraft gesetzt und die Backzeit eingeschränkt worden sei. Im Übrigen könne der Kläger durch einfache Maßnahmen wie das Schließen der Fenster beim Auftreten von Immissionen während der Anheizphase das Eindringen des Rauches in seine Wohnung weitgehend verhindern. Soweit er geltend mache, er könne Balkon und Garten nicht uneingeschränkt nutzen, es wäre nicht möglich Wäsche im Freien aufzuhängen und er habe einen erhöhten Reini­gungs­bedarf seines Gebäudes, handele es sich dabei um bloße Lästigkeiten, nicht aber um erhebliche Beein­träch­ti­gungen.

Quelle: Verwaltungsgericht Stuttgart/ra-online

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