21.11.2024
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Sie sehen einen großen Platz mit einer Demonstration.

Dokument-Nr. 30524

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Beschluss08.07.2021Verwaltungsgericht Oldenburg7 B 2527/21
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Verwaltungsgericht Oldenburg Beschluss08.07.2021

"Camp für Agrarwende 2021" ist eine VersammlungVeranstaltung stellt grundrechtlich geschützte Versammlung dar

Das Verwal­tungs­gericht Oldenburg einem Eilantrag gegen einen feststellenden Bescheid des Landkreises Vechta stattgegeben, mit dem einem geplanten Protestcamp der Schutzbereich des Versamm­lungs­rechts abgesprochen wurde.

Der Antragsteller plant in der Gemeinde Goldenstedt im Landkreis Vechta in der Zeit von Montag (12. Juli 2021) bis Samstag (17. Juli 2021) eine zeltstad­t­ähnliche Veranstaltung mit Übernachtung und Versorgung von etwa 500 Teilnehmern, die sich inhaltlich gegen die "Verantwortung der industriellen Tierwirtschaft für vielfältige soziale, tierethische und ökologische Problemlagen sowie ... Klima­ver­än­de­rungen" richte. Die Versorgung der zu einem großen Teil in Zelten unter­zu­brin­genden Teilnehmer (ca. 300 Personen) erfolge durch eine Feldküche. Wasser­ver­sorgung, Toilet­ten­kabinen und Wasch­ge­le­gen­heiten würden bereitgestellt, ferner ein großflächiges Zirkuszelt aufgebaut. Hinzu kämen 20 Versorgungs-, Funktions- und Veran­stal­tungszelte, eine stationäre Lautspre­cher­anlage sowie mehrere Megafone, ein Anhänger und mehrere Solarpaneele sowie ein Notfa­ll­strom­ge­nerator.

Landkreis: Veranstaltung unterliegt nicht dem Schutz der Versamm­lungs­freiheit

Der Landkreis Vechta hat in seinem Bescheid vom 6. Juli 2021 festgestellt, dass es sich bei der angezeigten Veranstaltung nicht um eine Versammlung im Sinne des Nieder­säch­sischen Versamm­lungs­ge­setzes handele und die Veranstaltung somit nicht vom Versamm­lungsrecht gedeckt sei. Allein die räumliche Nähe zu im Kreisgebiet ansässigen Unternehmen, gegen welche sich die Veranstaltung richte, reiche zur Begründung des Camps zur Meinung­s­äu­ßerung nicht aus. Das Camp diene vielmehr nicht der Meinungs­kundgabe, sondern der Unterbringung und der Kommunikation der Teilnehmer. Dieses Anliegen unterfalle jedoch gerade nicht dem Schutz der Versamm­lungs­freiheit, deren Zweck die nach außen gerichtete, gemeinsame freie Meinungs­be­tä­tigung sei. Ein Schla­fer­for­dernis der Teilnehmer sei auch nicht notwendig, diese könnten auch von anderen Orten anreisen und sich zu Aktionen treffen.

VG: Veranstaltung stellt Versammlung im Sinne des Art. 8 Abs. 1 Grundgesetz dar

Das Verwal­tungs­gericht Oldenburg hat im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig festgestellt, dass die vom Antragsteller angezeigte Veranstaltung eine Versammlung im Sinne des Art. 8 Abs. 1 Grundgesetz darstellt. Es sei überwiegend wahrscheinlich, dass die geplante Veranstaltung als Versammlung im Sinne des Art. 8 Abs. 1 GG anzusehen sei. Es sei davon auszugehen, dass den Anlagen zumindest teilweise eine funktionale und symbolische Bedeutung für das Versamm­lungsthema zukomme, also die Zelte in der Gesamtschau als Teil der Proteste im Sinne einer Dauermahnwache anzusehen seien. Für diese Annahme spreche etwa der gewählte Standort im Umfeld des größten deutschen Geflü­gel­fleisch­pro­du­zenten und die mögliche Nutzung der Zelte für Workshops und den Austausch mit der lokalen Bevölkerung. Diese Art Kundge­bungs­mittel durch das geplante Biwak weise einen erkennbaren inhaltlichen Bezug zur kollektiven Meinungs­kundgabe auf.

Beschwerde möglich

Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig. Gegen den Beschluss kann Beschwerde bei dem Nieder­säch­sischen Oberver­wal­tungs­gericht in Lüneburg eingelegt werden.

Quelle: Verwaltungsgericht Oldenburg, ra-online (pm/ab)

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