15.11.2024
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Dokument-Nr. 29176

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Beschluss08.09.2020Verwaltungsgericht Neustadt5 L 759/20.NW
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Verwaltungsgericht Neustadt Beschluss08.09.2020

Trauerfeier trotz Corona vor Ausseg­nungshalle auf dem Hauptfriedhof in ZweibrückenErmessensfehler bei Versagung der Trauerfeier auf Vorplatz der Ausseg­nungshalle

Die Trauerfeier für eine Verstorbene darf heute auf dem Vorplatz der Ausseg­nungshalle auf dem Hauptfriedhof in Zweibrücken durchgeführt werden. Das hat das Verwal­tungs­gericht Neustadt/Wstr. mit Beschluss vom gestrigen Tage entschieden.

Am heutigen Mittwoch findet auf dem Hauptfriedhof in Zweibrücken die Beisetzung einer Verstorbenen statt. Der Sohn der Verstorbenen (Antragsteller) erwartet ca. 30 Personen zu der Beisetzung. Es handelt sich um eine Urnenbestattung. Die Urne wird in einer Urnenstehle bestattet, die sich auf dem Grabfeld vor der Ausseg­nungshalle befindet. Der Platz vor der Ausseg­nungshalle ist ca. 17 m lang und ca. 4,70 m breit. Das Grabfeld, auf dem sich die Urnenstehle befindet, ist mit kleinen Wegen erschlossen.

Trauerfeier darf nicht auf Vorplatz der Ausseg­nungshalle stattfinden

Auf eine telefonische Anfrage beim Umwelt- und Servicebetrieb Zweibrücken (Antragsgegner) wurde ihm mitgeteilt, dass die Trauerfeier nicht auf dem Vorplatz der Ausseg­nungshalle durchgeführt werden dürfe, sondern nur an der Urnenstehle. Trauerfeiern fänden seit Corona nicht mehr auf dem Vorplatz der Ausseg­nungshalle statt. Jedoch seien Trauerfeiern mit bis zu 50 Personen am Grab möglich. Der Vorplatz der Ausseg­nungshalle sei nicht ausreichend für eine größere Gruppe von ca. 36 Personen, da jeder Person 10 m² zur Verfügung stehen müssten. Es werde insbesondere auch der Hauptweg des Friedhofs miteinbezogen, sodass andere Fried­hofs­be­sucher zum Schutz der Gesundheit in größerem Bogen mit Umwegen das Grabfeld und die Trauergemeinde umgehen müssten. Die Teilnehmer der Trauerfeier würden sich anschließend im Trauerzug von dem Vorplatz zu der Urnenstehle begeben. Beim Stillstand des Trauerzuges würden die Mindestabstände nicht eingehalten. In der Regel würden sich die Gäste dann im Grabfeld um den Bestat­tungsplatz herum verteilen, was bei einer Trauerfeier im Grabfeld schon vorher gegeben sei. Es gebe im direkten Umfeld der Stehle Freiflächen, die zur Durchführung der Trauerfeier geeignet seien.

Antragsteller klagt im Eilverfahren

Der Antragsteller hat dagegen um vorläufigen gerichtlichen Rechtsschutz nachgesucht. Er ist der Auffassung, aufgrund der Örtlichkeit an der Stehle und im näheren Umfeld sei es nicht möglich, alle Personen unter den Auflagen der Minde­st­ab­s­tands­re­gelung unterzubringen. Auf dem Platz vor der Ausseg­nungshalle sei das möglich. Dort hätten auch früher, d.h. vor der Corona-Pandemie, Trauerfeiern stattgefunden. Er sehe durch die sehr strenge Auflage der Antragsgegnerin die Verhält­nis­mä­ßigkeit in Bezug auf die Corona-Bekämp­fungs­ver­ordnung nicht gegeben. Bei den engen Pfaden um die Stehle und im Umfeld seien Begegnungen ohne Einhaltung des Minde­st­ab­s­tandes nicht zu vermeiden.

Gericht sieht Ermessensfehler

Die 5. Kammer des Gerichts hat dem Eilantrag des Antragstellers mit folgender Begründung stattgegeben: Der Antragsteller habe einen Anspruch auf die Gestattung der Durchführung der Trauerfeier auf dem Platz vor der Ausseg­nungshalle aus § 29 Abs. 1 der Friedhofsatzung des Antragsgegners, wonach Trauerfeiern in Leichenhallen, in anderen Räumen, am Grabe oder an einer anderen im Freien vorgesehenen Stelle abgehalten werden könnten. Bei dem Platz vor der Ausseg­nungshalle auf dem Hauptfriedhof Zweibrücken handele es sich um eine "andere im Freien vorgesehenen Stelle". Die Entscheidung des Antragsgegners, die Trauerfeier dort nicht zuzulassen, erweise sich als ermes­sens­feh­lerhaft.

Der Durchführung der Trauerfeier vor der Ausseg­nungshalle auf dem Hauptfriedhof Zweibrücken stünden insbesondere nicht die Regelungen der Zehnten Corona-Bekämp­fungs­ver­ordnung Rheinland-Pfalz - 10. CoBeLVO - entgegen. Diese enthalte lediglich Vorschriften betreffend den Teilnehmerkreis und die Teilneh­me­ranzahl bei Trauerfeiern, nicht jedoch betreffend den Ort der Trauerfeier.

Infek­ti­o­ns­schutz­rechtliche Gründe stünden diesem Ergebnis nicht entgegen. Soweit der Antragsgegner meine, für jeden Trauergast müsse eine Fläche von 10 m² zur Verfügung stehen, dürfte dies auf einem Missverständnis der 10. CoBeLVO beruhen. Die in § 1 Abs. 7 der 10. CoBeLVO geregelte Perso­nen­be­grenzung auf eine Person pro 10 qm Fläche gelte nur in geschlossenen Räumen. Bei einer Zusammenkunft im Freien zur Abhaltung einer Trauerfeier gelte gemäß § 1 Abs. 2 der 10. CoBeLVO, dass zwischen den Personen einen Abstand von 1,50 m einzuhalten sei. Unter dieser Prämisse sei der Vorplatz vor der Ausseg­nungshalle groß genug, um 33 Trauergäste unter Abhaltung des Mindestabstands unterzubringen, ohne den Hauptweg des Friedhofes mit in Anspruch zu nehmen. Der Kammer erschließe sich auch nicht, inwieweit die Durchführung der Trauerfeier am Grab unter Infek­ti­o­ns­schutz­ge­sichts­punkten für die Teilnehmer sicherer sein sollte, als die Durchführung auf dem Platz vor der Ausseg­nungshalle. Es dürfte viel eher umgekehrt sein. Auf dem großen und offenen Platz dürfte es wesentlich leichter fallen, die zum Infek­ti­o­ns­schutz zwingend notwendigen Abstände einzuhalten, als in den engeren Grabreihen, innerhalb derer auch die Urne der Verstorbenen beigesetzt werden solle.

Quelle: Verwaltungsgericht Neustadt, ra-online (pm/pt)

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