21.11.2024
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Dokument-Nr. 32012

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Verwaltungsgericht Neustadt Beschluss20.07.2022

Corona: Verwal­tungs­gericht Neustadt bestätigt Betre­tungs­verbot - Ungeimpfte Zahna­rzt­helferin darf Praxisräume nicht betretenEilantrag gegen einrichtungs­bezogenes Betre­tungs­verbot einer ungeimpften Person erfolglos

Der Eilantrag einer ungeimpften Person gegen ein einrichtungs­bezogenes Betre­tungs­verbot nach dem Infektions­schutz­gesetz ist vom Verwal­tungs­gericht Neustadt/Wstr. abgelehnt worden.

Die Antragstellerin ist in einer zahnärztlichen Praxis im Zustän­dig­keits­bereich des Gesundheitsamts der Kreisverwaltung Südliche Weinstraße beschäftigt. Sie arbeitet als zahnme­di­zi­nische Verwal­tung­s­as­sis­tentin am Empfang der Praxis.

Mit Bescheid vom 30. Juni 2022 untersagte ihr das Gesundheitsamt, die dem Betrieb der Praxis dienenden Räume zu betreten und drohte ihr zur Durchsetzung des Betre­tungs­verbots ein Zwangsgeld in Höhe von 1.000 € an. Die Antragstellerin erhob dagegen Widerspruch und suchte zugleich um vorläufigen gerichtlichen Rechtsschutz nach. Im Laufe des Gerichts­ver­fahrens teilte die Antragstellerin mit, inzwischen sei bei ihr das Coronavirus nachgewiesen worden. Am 19. Juli 2022 unterzog sie sich einem PCR-Test. Daraufhin konkretisierte der Landkreis Südliche Weinstraße den Bescheid vom 30. Juni 2022 dahingehend, dass das Betretungsverbot bis zum Außer­kraft­treten der Vorschrift des § 20 a IfSG, gilt, mit Ausnahme des Zeitraums ab dem 29. Tag bis zum 90. Tag nach der Testung zum Nachweis der vorherigen Infektion durch einen Nukle­in­säu­ren­nachweis.

BVerfG hat § 20 a IfSG als verfas­sungsgemäß angesehen

Das Verwal­tungs­gericht Neustadt/Wstr. lehnte den Eilantrag ab. Das Bundes­ver­fas­sungs­gericht habe die genannte Vorschrift im April 2022 als verfas­sungsgemäß angesehen. Auch das Bundes­ver­wal­tungs­gericht habe sich erst Anfang Juli 2022 nach einer von ihm durchgeführten umfangreichen Sachver­stän­di­ge­nan­hörung der Bewertung des Bundes­ver­fas­sungs­ge­richts angeschlossen, dass die Impfung gegenüber der nunmehr vorherrschenden Omikron-Variante nach wie vor eine noch relevante Schutzwirkung im Sinne einer Verringerung der Infektion und Transmission bewirke. Für die Kammer sei daher nicht erkennbar, dass die Impfwirksamkeit inzwischen so sehr reduziert wäre, dass die Verwirklichung des mit § 20 a IfSG verfolgten Zwecks des Schutzes vulnerabler Menschen nur noch in einem derart geringen Maße gefördert würde, dass im Rahmen der Abwägung den wider­strei­tenden Interessen der von der einrichtungs- und unter­neh­mens­be­zogenen Nachweispflicht Betroffenen von Verfassungs wegen der Vorrang gebühren müsste.

Betre­tungs­verbot rechtmäßig - Mangels Attest auch keine Ausnahme

Das Betre­tungs­verbot vom in der konkretisierten Fassung sei rechtmäßig. Die Voraussetzungen zum infek­ti­o­ns­schutz­recht­lichen Einschreiten lägen auch zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung weiterhin vor. Eine Erledigung der Verfügung sei nicht dadurch eingetreten, dass sich die Antragstellerin zwischen­zeitlich eine Virusinfektion zugezogen habe. Die Antragstellerin unterfalle dem Anwen­dungs­bereich des § 20 a Abs. 1IfSG, da sie in einer Zahnarztpraxis tätig sei. Zwar sei die Antragstellerin nach eigenen Angaben mittlerweile mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 infiziert, weshalb sie einen Anspruch auf Ausstellung eines Genese­nen­nach­weises habe. Dieser bestätige den Immunschutz 28 Tage nach der Feststellung der Infektion mit SARS-CoV-2 und habe eine Gültig­keitsdauer von 90 Tagen. Mit der Angabe von 28 Tagen solle sichergestellt werden, dass mit dem Genese­nen­zer­tifikat auch ein ausreichender Immunschutz einhergehe. Das Betre­tungs­verbot gelte daher nicht ab dem 29. Tag nach der Testung bis zum Ablauf der Gültigkeit des genannten Zertifikats. Die Vorschrift des § 20 a Abs. 1 Satz 2 IfSG, wonach Satz 1 nicht für Personen gilt, die auf Grund einer medizinischen Kontra­in­di­kation nicht gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 geimpft werden können, greife nicht zugunsten der Antragstellerin ein. Zwar habe sich die Antragstellerin im Verwal­tungs­ver­fahren auf mehrere medizinische Gründe berufen, die gegen eine Impfung sprächen. Die von ihr genannten Leiden könnten hier aber schon deshalb keine Berück­sich­tigung finden, weil die Antragstellerin nicht, wie dies § 20 a Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 IfSG verlange, ein ärztliches Attest vorgelegt habe, aus dem sich der Zusammenhang zwischen den geltend gemachten Krankheiten und dem Bestehen einer medizinischen Kontra­in­di­kation ergebe.

Keine konkreten Anhaltspunkte für Beein­träch­tigung der Versor­gungs­si­cherheit

Die Ermes­sen­s­ent­scheidung des Antragsgegners sei auch im Übrigen frei von Ermes­sens­fehlern. Der Antragsgegner habe bei seiner Entscheidung im Rahmen der Bewertung der Gesamtsituation ohne Rechtsfehler die konkrete Tätigkeit der Antragstellerin in seine Überlegungen eingestellt und erwogen, ob mildere Mittel wie das Tragen von Schutzmasken in Betracht kämen. Dies habe er aber verneint. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass das der Antragstellerin gegenüber verhängte Betre­tungs­verbot zu einer Beein­träch­tigung der Versor­gungs­si­cherheit führe, seien nicht ersichtlich. Denn die Arbeitgeberin der Antragstellerin habe hiervon nicht berichtet. Gegen den Beschluss kann innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung Beschwerde beim Oberver­wal­tungs­gericht Rheinland-Pfalz erhoben werden.

Quelle: Verwaltungsgericht Neustadt, ra-online (pm/ab)

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