15.11.2024
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Verwaltungsgericht Neustadt Beschluss07.11.2016

Eilantrag gegen Baugenehmigung für Neubau einer Moschee erfolgreichBaugenehmigung weist gravierende Bestimmt­heits­mängel auf

Das Verwal­tungs­gericht hat einem Eilantrag der Stadt Germersheim gegen Baugenehmigung für den Neubau einer Moschee in Germersheim stattgegeben, da nach den Ausführungen des Gerichts die Baugenehmigung an gravierenden Bestimmtheits­mängeln leidet.

Dem Verfahren lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der beigeladenen Verein DITIB-Türkisch-Islamische Gemeinde Germersheim e.V. betreibt auf einem Grundstück in Germersheim eine im Jahr 1990 bauaufsichtlich genehmigte kulturelle und religiöse Versamm­lungs­stätte. Für dieses Grundstück wurde am 15. November 2012 eine Baugenehmigung für den Neubau einer Moschee erteilt, von der der Beigeladene bisher keinen Gebrauch gemacht hat. Stattdessen möchte er auf dem 3.424 m² großen Nachba­r­grundstück eine Moschee mit Nebenanlagen errichten. Beide Grundstücke liegen in einem durch Bebauungsplan festgesetzten besonderen Wohngebiet.

Landkreis erteilt Bauvorbescheid zur Errichtung einer Moschee

Im Mai 2015 erteilte der Landkreis Germersheim (Antragsgegner) dem Beigeladenen einen Bauvorbescheid, in dem festgestellt wurde, dass auf dem Baugrundstück eine Moschee in offener Bauweise mit einer maximalen Gebäudehöhe von 15,39 m errichtet werden darf. Daraufhin stellte der Beigeladene einen Bauantrag, dem der Antragsgegner mit Bescheid vom 8. Juli 2016 stattgab. In den Neben­be­stim­mungen zur Baugenehmigung ist ausgeführt, dass im Hinblick auf die angegebenen 618 Gebetsplätze mindestens 26 Kfz-Stellplätze mit Zu- und Abfahrt herzustellen seien. Eine zeitgleiche Nutzung der Gebetsräume und der sonstigen Räumlichkeiten (Jugendräume, Fitnessraum, Teehaus, Aufenthaltsraum) sei nicht zulässig. Die Baugenehmigung ergehe auf der Grundlage, dass die Räumlichkeiten nur von Germersheimer Vereins­mit­gliedern genutzt würden.

Stadt hält Baugenehmigung für rechtswidrig

Die Stadt Germersheim hat im August 2016 gegen die Baugenehmigung Widerspruch eingelegt und am 4. Oktober 2016 mit der Begründung um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht, dass die Baugenehmigung wegen erheblicher Bestimmt­heits­mängel rechtswidrig sei. Ferner sei das Bauvorhaben nicht gebiets­ver­träglich.

Baugenehmigung leidet an gravierenden Bestimmt­heits­mängeln

Das Verwal­tungs­gericht Neustadt gab dem Eilantrag statt und führte zur Begründung aus, dass der Antrag begründet sei, da die Baugenehmigung an gravierenden Bestimmt­heits­mängeln leide. Es sei nicht sichergestellt, dass das genehmigte Vorhaben den baupla­nungs­recht­lichen Vorgaben des maßgeblichen Bebauungsplans der Antragstellerin entspreche. Dadurch werde diese in ihrer Planungshoheit verletzt.

Inhalt, Reichweite und Umfang der Baugenehmigung müssen eindeutig bestimmt sein

Eine Gemeinde könne auf Grund ihrer Planungshoheit verlangen, dass die Bauge­n­eh­mi­gungs­behörde die maßgeblichen Vorgaben ihrer Bebauungspläne, d.h. die Grundzüge dieser Planung, beachte. Dabei werde die Gemeinde schon dann in ihren Rechten verletzt, wenn sich wegen Bestimmt­heits­mängeln der Baugenehmigung nicht beurteilen lasse, ob das Vorhaben diesen baupla­nungs­recht­lichen Vorgaben entspreche. Inhalt, Reichweite und Umfang der mit der Baugenehmigung getroffenen Regelungen und Feststellungen müssten nämlich so eindeutig bestimmt sein, dass nicht nur der Bauherr die Bandbreite der für ihn legalen Nutzungen, sondern auch Drittbetroffene das Maß der für sie aus der Baugenehmigung erwachsenden Betroffenheit zweifelsfrei feststellen könnten. Dementsprechend müsse es der planenden Gemeinde auf Grundlage der Baugenehmigung möglich sein zu beurteilen, ob das Vorhaben ihre planungs­recht­lichen Vorgaben einhalte. Andernfalls verletze die Baugenehmigung ihre Planungshoheit und sei auf entsprechenden Rechtsbehelf hin aufzuheben.

Anlagen für kirchliche und kulturelle Zwecke müssen mit Wohnnutzung vereinbar sein

Der hier maßgebliche Bebauungsplan weise für den fraglichen Bereich ein besonderes Wohngebiet aus. In einem besonderen Wohngebiet seien zwar auch Moscheen als Anlagen für kirchliche und kulturelle Zwecke allgemein zulässig. Solche Anlagen müssten aber nach Art und Umfang gebiets­ver­träglich, d.h. hier mit der Wohnnutzung vereinbar sein. Unzulässig seien jedenfalls religiöse oder kulturelle Anlagen, deren Nutzung im Hinblick auf ihre Größe und ihren Nutzungsumfang mit unzuträglichen Belastungen für die Wohnnutzung verbunden sei, wie dies bei zentralen kirchlichen oder kulturellen Einrichtungen regelmäßig der Fall sei.

Baugenehmigung enthält nur rudimentäre und damit unzureichende Regelungen

Die angefochtene Baugenehmigung stelle nicht hinreichend sicher, dass die dem Beigeladenen neu genehmigte religiöse Versamm­lungs­stätte (Moschee) mit Nebenanlagen mit der Wohnnutzung in diesem besonderen Wohngebiet vereinbar sei. Schon die Größe der genehmigten Nutzflächen von 2.318 m² für die neue religiöse Versamm­lungs­stätte bzw. von 3.336,37 m² zusammen mit der bisherigen kulturellen und religiösen Versamm­lungs­stätte auf dem Nachba­r­grundstück eröffneten dem Beigeladenen auf Grund der Baugenehmigung vom 8. Juli 2016 ein Nutzungs­po­tential, das nicht ohne weiteres mit der Wohnnutzung in dem besonderen Wohngebiet vereinbar sei. Die Baugenehmigung enthalte zu dem zulässigen Nutzungsumfang der genehmigten Einrichtung nur rudimentäre und damit unzureichende Regelungen. Insbesondere fehle es an einer aussa­ge­kräftigen Betrie­bs­be­schreibung. Ohne verbindliches Nutzungskonzept lasse sich aber die Frage, ob die baurechtlich genehmigte Nutzung für religiöse und kulturelle Zwecke auf dem Anwesen des Beigeladenen wohnge­biets­ver­träglich sei, auf Grundlage der angefochtenen Baugenehmigung nicht hinreichend sicher beurteilen.

Baurechtlich zulässige Nutzung in Bescheid nicht ausreichend konkretisiert

Der Bescheid vom 8. Juli 2016 konkretisiere die baurechtlich zulässige Nutzung weder für den Moscheeneubau noch für den entstehenden Gesamtkomplex in dem rechtlich gebotenen Maß. Da die Bauunterlagen des Beigeladenen kein konkretes Nutzungskonzept enthielten, seien weitergehende Nutzungs­be­schrän­kungen mit der Regelung nicht verbunden. Neben der zahlenmäßigen Beschränkung fehle auch jegliche zeitliche Beschränkung der Nutzungs­mög­lich­keiten. Dies sei nicht nur bedenklich, weil mit kulturellen Veranstaltungen (wie z.B. Hochzeitsfeiern) ein Störpotential für die Wohnnutzung besonders in der Nachtzeit einhergehe. Ein solches Störpotential bestehe vielmehr auch durch die religiöse Nutzung, denn über etliche Monate des Jahres, nämlich beim Morgengebet zwischen dem 10. Februar und dem 10. Oktober und beim Nachtgebet zwischen dem 17. April und dem 27. August, lägen Gebetszeiten in der stärkeren Schutz genießende Ruhezeit zwischen 22.00 und 6.00 Uhr.

Stell­platz­re­gelung ebenfalls unzureichend

Im Zusammenhang damit erweise sich auch die Stell­platz­re­gelung als unzureichend. Bei realitätsnaher Annahme seien bei einer Besucherzahl von 618 statt der vom Antragsgegner geforderten zusätzlichen 26 Stellplätze 74 Stellplätze erforderlich. Schon dies lasse beim Betrieb der Moschee wohnun­ver­trägliche Beein­träch­ti­gungen befürchten. Zudem begrenze die angefochtene Baugenehmigung die Zahl der Besucher der Moschee nicht verbindlich auf 618 Personen, so dass eine größere Besucherzahl rechtlich zulässig und im Übrigen auf Grund der bisherigen Erkenntnisse bei bestimmten Gelegenheiten auch zu erwarten sei.

Quelle: Verwaltungsgericht Neustadt/ra-online

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