21.11.2024
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Verwaltungsgericht Neustadt Beschluss07.08.2015

Widerruf der Gast­stätten­erlaubnis bei unzulässiger Prostitution in Nachtbar zulässigProstitutions­aus­übung in Gaststätten verstößt gegen Rechts­ver­ordnung zum Schutz der Jugend und des öffentlichen Anstands

Das Verwal­tungs­gericht Neustadt hat entschieden, dass einer Nacht­ba­r­be­treiberin zurecht die Gast­stätten­erlaubnis widerrufen wurde, da es unter der Verant­wort­lichen Führung der Nachtbar durch die Antragstellerin zur rechtswidrigen Ausübung von Prostitution in dem Betrieb gekommen war und nicht auszuschließen ist, dass es auch zukünftig wieder dazu kommen wird.

Die Antragstellerin des zugrunde liegenden Verfahrens betreibt seit Jahren auf der Gemarkung eines kleineren Ortes im Landkreis Pirmasens eine Nachtbar. Am 5. August 2015 widerrief die zuständige Gaststät­ten­behörde ihr die Erlaubnis zum Betreiben einer Schank­wirt­schaft mit der Begründung: Sie sei gaststät­ten­rechtlich unzuverlässig. Kontrollen durch die Krimi­na­l­in­spektion Pirmasens und das Hauptzollamt Saarbrücken hätten ergeben, dass die Antragstellerin ihre gewerblich genutzten Räumlichkeiten, welche für jedermann zugänglich seien, zur Prosti­tu­ti­o­ns­an­bahnung zur Verfügung stelle. Gemäß der Rechts­ver­ordnung zum Schutze der Jugend und des öffentlichen Anstandes für den Regie­rungs­bezirk Rheinhessen-Pfalz sei es im gesamten Gebiet der Vorordnung, also auch im Landkreis Südwestpfalz, aber verboten, dass in Gemeinden bis zu 50.000 Einwohner der Prostitution nachgegangen werde.

Antragstellerin beteuert bereits eigene Maßnahmen gegen Prostitution in ihrem Haus ergriffen zu haben

Die Antragstellerin legte dagegen Widerspruch ein und suchte um vorläufigen gerichtlichen Rechtschutz mit der Begründung nach, dass sie bereits aufgrund eigener Initiative Maßnahmen ergriffen habe, um auszuschließen, dass die in ihrer Bar tätigen Animierdamen künftig Gäste in ihre Privaträume mitnehmen und dort den Geschlechts­verkehr ausübten. Nunmehr seien dort keine Betten mehr vorhanden. Somit seien alle Möglichkeiten ausgeschlossen, dass die Animierdamen die Räume zu eigenen Zwecken missbrauchen könnten.

VG erklärt Antragstellerin für gaststät­ten­rechtlich unzuverlässig

Den Eilantrag der Antragstellerin lehnte das Verwal­tungs­gericht Neustadt mit der Begründung ab, dass der Widerruf der Gaststättenerlaubnis offensichtlich rechtmäßig sei. Die Antragstellerin sei gaststät­ten­rechtlich unzuverlässig, da zu befürchten sei, dass sie der Unsittlichkeit Vorschub leiste. Das Gericht habe keinen begründeten Zweifel daran, dass es unter der verant­wort­lichen Gaststät­ten­führung durch die Antragstellerin zur rechtswidrigen Ausübung von Prostitution in dem Betrieb gekommen sei und zukünftig auch wieder kommen werde.

Ausübung der Prostitution in Gemeinden bis zu 50.000 Einwohnern verboten

Zwar werde bei der bloßen Ermöglichung der Durchführung geschlecht­licher Handlungen gegen Entgelt in einem Gaststät­ten­betrieb nicht der Unsittlichkeit Vorschub geleistet. Wie sich aus dem Prosti­tu­ti­o­ns­gesetz und der damit vom Gesetzgeber getroffenen Wertent­scheidung ergebe, entspreche es heute nicht mehr der früher geltenden allgemeinen sittlichen Vorstellung, dass das bloße Anbieten sexueller Dienst­leis­tungen gegen Entgelt gegen die guten Sitten verstoße. Mithin könne auch nicht mehr allein aufgrund der Tatsache, dass Prostitution in einem Gaststät­ten­betrieb ausgeübt werde, darauf geschlossen werden, dass die Gaststät­ten­be­treiberin deswegen zwingend unzuverlässig sei. Etwas anderes gelte aber dann, wenn die Prosti­tu­ti­o­ns­ausübung gegen geltendes Recht verstoße. Dies sei hier der Fall. Denn die Prosti­tu­ti­o­ns­ausübung in der Gaststätte der Antragstellerin verstoße gegen die Rechts­ver­ordnung zum Schutz der Jugend und des öffentlichen Anstands für den (ehemaligen) Regie­rungs­bezirk Rheinhessen-Pfalz in der Fassung vom 17. Februar 2004. Danach sei die Ausübung der Prostitution in Gemeinden bis zu 50.000 Einwohnern, insbesondere auch im Landkreis Südwestpfalz verboten. Die Gaststätte der Antragstellerin befinde sich in einer im Landkreis Südwestpfalz liegenden Ortschaft mit unter 1.000 Einwohnern.

Anbahnen sexueller Handlungen bereits unzulässig

Unter "Ausübung der Prostitution" sei nicht lediglich der Vollzug des Geschlechts­verkehrs oder anderer sexueller Handlungen gegen Entgelt, sondern bereits deren Anbahnung zu verstehen. Deshalb müssten Gastwirte innerhalb des räumlichen Geltungs­be­reichs der genannten Rechts­ver­ordnung nicht nur unterbinden, dass es zu entgeltlichen Sexualkontakten in ihrer Gaststätte komme; vielmehr hätten insbesondere die Betreiber von "Animierlokalen" sorgfältig darauf zu achten, dass entgeltliche sexuelle Handlungen in ihren im Sperrgebiet gelegenen Gaststät­ten­be­trieben nicht einmal angebahnt würden. Andernfalls leisteten sie der Unsittlichkeit Vorschub.

Gaststätte der Antragstellerin bietet günstige Bedingungen für Kontakte zwischen Prostituierten und Freiern

Aus der vorgelegten Verwaltungsakte der Antragsgegnerin ergäben sich tatsächliche Anhaltspunkte für die Annahme, dass die Antragstellerin trotz des Verbots der Prostitution durch die Rechts­ver­ordnung die Anbahnung entgeltlicher Sexualkontakte in ihrer Gaststätte nicht unterbunden und damit der Unsittlichkeit Vorschub geleistet habe. Den polizeilichen Ermittlungen sei zu entnehmen, dass in der Gaststätte der Antragstellerin für Kontakte zwischen Prostituierten und Freiern günstige Bedingungen bestünden und die Gaststätte auch der Anbahnung von geschlecht­lichen Beziehungen zwischen Prostituierten und Freiern diene. Dafür spreche auch der Preis von 250 Euro für eine Flasche Champagner. Erschwerend komme hinzu, dass die Antragstellerin den Animierdamen sogenannte "Privaträume" im Gaststät­te­n­objekt zur Verfügung gestellt und damit die Prostitution unmittelbar gefördert habe. Die Behauptung der Antragstellerin, sie habe mittlerweile die Betten aus den "Privaträumen" entfernt, sei nicht geeignet, ihre Unzuver­läs­sigkeit in Zweifel zu ziehen. Die Bar verfüge weiterhin über Zimmer, in denen der Geschlechts­verkehr ausgeführt werden könne. Im Übrigen sei für den Vollzug des Geschlechts­verkehrs nicht zwingend ein Bett erforderlich.

Gefahr zur Überschreitung der Grenze zur Prostitution groß

Dass die Antragstellerin für die der Prostitution zuzurechnenden Anbahnungen die gaststät­ten­rechtliche Verantwortung trage, ergebe sich auch aus dem Umstand, dass sie ein "Animierlokal" betreibe, in dem auf Getränke animiert werde, oder - mit anderen Worten - Herren animiert würden, "uns etwas zu spendieren". Unter solchen Gegebenheiten sei die Gefahr groß, mit der Anbahnung eines entgeltlichen Sexualkontakts die Grenze zur Prostitution zu überschreiten. Dementsprechend groß müsse die Vorsorge des gaststät­ten­rechtlich Verant­wort­lichen sein, dass die bezeichnete Grenze eingehalten werde. Dem sei die Antragstellerin offensichtlich nicht gerecht geworden.

Quelle: Verwaltungsgericht Neustadt/ra-online

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