23.11.2024
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Verwaltungsgericht Neustadt Beschluss25.06.2013

Eilanträge privater Entsor­gungs­be­triebe gegen Untersagung gewerblicher Alt­kleider­sammlungen erfolgreichPrivater Betrieb darf sich bei unter­neh­me­rischer Tätigkeit auf grundgesetzlich geschützte Berufsfreiheit berufen

Zwei gewerbliche Entsorgungs­unternehmen dürfen im Stadtgebiet von Kaiserslautern vorerst weiter Alt­kleider­sammlungen durch Aufstellen von Sammel­con­tainern durchführen. Dies entschied das Verwal­tungs­gericht Neustadt in zwei Eilverfahren. Das Gericht entschied, dass sich die Unternehmen, die seit mehr als zehn Jahren gewerbliche Sammlungen von Altkleidern, Textilien und Schuhen durchführen, für diese unter­neh­me­rische Tätigkeit auf die grundgesetzlich geschützte Berufsfreiheit und den Schutz des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs berufen können.

Dem Fall liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Die Stadt Kaiserslautern sammelt seit vielen Jahren auf mehreren Wertstoff- und Recyclinghöfen im Bringsystem Altkleider, Textilien und Schuhe. Seit Januar 2013 holt der Entsor­gungs­betrieb der Stadt die genannten Gegenstände auf Antrag der Bewohner auch ab. Auch beim Wertstoff- und Recyclinghof der "Zentrale Abfall­wirt­schaft Kaiserslautern" (ZAK) können Altkleider, Textilien und Schuhe abgegeben werden. Darüber hinaus führen zwei Firmen seit 1996 bzw. 1997 im Stadtgebiet von Kaiserslautern eine gewerbliche Sammlung von Altkleidern, Textilien und Schuhen durch. Nach dem Kreis­l­auf­wirt­schafts­gesetz ist die gewerbliche Sammlung zulässig, wenn die Abfälle ordnungsgemäß und schadlos verwertet werden und der Sammlung "überwiegende öffentliche Interessen nicht entgegenstehen". Die Kontrolle der gewerblichen Sammlung wird durch ein neues mit Wirkung vom 1. Juni 2012 eingeführtes Anzei­ge­ver­fahren sichergestellt. Danach sind gewerbliche Sammlungen drei Monate vor Aufnahme ihrer Tätigkeit der zuständigen Behörde anzuzeigen.

Stadt sieht durch Sammlung privater Betriebe Funkti­o­ns­fä­higkeit des öffentlich-rechtlichen Entsor­gungs­trägers gefährdet

Die beiden Entsor­gungs­un­ter­nehmen zeigten im Juli bzw. August 2012 ihre gewerbliche Sammlung von Altkleidern, Textilien und Schuhen bei der Stadt Kaiserslautern an. Diese untersagte den zwei Firmen im April 2013 mit sofortiger Wirkung, im Stadtgebiet von Kaiserslautern gewerblich Altkleider, Textilien und Schuhe im Wege der Sack- und Contai­ner­sammlung zu sammeln und gab ihnen auf, die aufgestellten Container unverzüglich zu entfernen. Zur Begründung führte die Stadt Kaiserslautern aus, durch die Sammlung der Antragsteller werde die Funkti­o­ns­fä­higkeit des öffentlich-rechtlichen Entsor­gungs­trägers gefährdet. Die Stadt gewährleiste mit ihrem Hol- und Bringsystem eine Versorgung aller Haushalte in allen Stadtteilen und an verschiedenen Standorten. Dies stelle eine haushaltsnahe Erfassung und Verwertung der Abfälle dar. Mithin stünden überwiegende öffentliche Interessen der Sammlung der beiden Firmen entgegen. Eine wesentliche Beein­träch­tigung der Planungs­si­cherheit und Organi­sa­ti­o­ns­ver­ant­wortung des öffentlich-rechtlichen Entsor­gungs­trägers ergebe sich auch daraus, dass durch die gewerbliche Sammlung die Stabilität der Abfall­be­sei­ti­gungs­ge­bühren gefährdet werde.

Gericht äußert Zweifel an Vereinbarkeit der neuen Bestimmungen des Kreis­l­auf­wirt­schafts­ge­setzes mit Europarecht

Die beiden Firmen legten dagegen Widerspruch ein und suchten um vorläufigen Rechtsschutz beim Verwal­tungs­gericht Neustadt nach. Die Eilanträge hatten Erfolg. Zur Begründung führte das Gericht im Wesentlichen aus, dass derzeitig offen sei, ob das von der Antragsgegnerin begründete Verbot aller gewerblichen Sammlungen von Altkleidern, Textilien und Schuhen in ihrem Stadtgebiet in einem Klageverfahren einer rechtlichen Überprüfung standhalte. Die Auslegung der entschei­dungs­er­heb­lichen, zum 1. Juni 2012 in Kraft getretenen Vorschriften des Kreis­l­auf­wirt­schafts­ge­setzes werfe zahlreiche grundsätzliche Rechtsfragen auf. Insbesondere sei fraglich, ob im Hinblick auf die berührte Warenverkehrs- und Wettbe­wer­bs­freiheit die neuen Bestimmungen des Kreis­l­auf­wirt­schafts­ge­setzes mit Europarecht in Einklang stünden. Schließlich müsse geprüft werden, ob und wie im vorliegenden Fall Bestands- und Vertrau­ens­schutz­ge­sichts­punkte zu berücksichtigen seien. Die Beantwortung dieser grundsätzlichen Rechtsfragen müsse einer Klärung im Haupt­sa­che­ver­fahren vorbehalten bleiben.

Überragendes öffentliches Interesse an sofortiger Untersagung der gewerblichen Sammlungen der Antragsteller nicht erkennbar

Angesichts der offenen Erfolgs­aus­sichten in der Hauptsache spreche mehr für ein Überwiegen des privaten Ausset­zungs­in­teresses. Die Antragsteller führten die gewerblichen Sammlungen von Altkleidern, Textilien und Schuhen im Stadtgebiet der Antragsgegnerin seit mehr als zehn Jahren durch. Sie könnten sich für diese unter­neh­me­rische Tätigkeit auf die grundgesetzlich geschützte Berufsfreiheit und den Schutz des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs berufen. Ein überragendes öffentliches Interesse, die gewerblichen Sammlungen der Antragsteller mit sofortiger Wirkung zu untersagen, könne das Gericht nicht erkennen. Da die Inanspruchnahme der Leistungen der Antragsteller für Besitzer von Altkleidern, Textilien und Schuhen freiwillig sei, bestehe für die Antragsgegnerin die Möglichkeit, die nachteiligen Folgen der Entsor­gung­s­tä­tigkeit der Antragsteller für die öffentlich-rechtliche Entsorgung organisatorisch und auch wirtschaftlich abzumildern. Dementsprechend habe der Entsor­gungs­betrieb der Antragsgegnerin seit dem 1. Januar 2013 für Altkleider, Textilien und Schuhen zusätzlich ein Holsystem eingerichtet, wodurch das eigene Entsor­gungs­system attraktiver gestaltet worden sei.

Quelle: Verwaltungsgericht Neustadt/ra-online

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