18.10.2024
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Dokument-Nr. 29518

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Verwaltungsgericht Neustadt Urteil22.10.2020

Vorfall mit Pyrotechnik im Fußballstadion muss nicht als Dienstunfall anerkannt werdenKein Dienstunfall im Sinne des Beamten­versorgungs­rechtes

Das VG Neustadt hat entschieden, dass psychische Beschwerden eines Polizeibeamten nach einem Vorfall mit Pyrotechnik im Fußballstadion nicht als Dienstunfall anerkannt werden müssen

Der Kläger war über viele Jahre als sog. szenekundiger Beamter bei Fußballspielen des 1. FC Kaiserslautern eingesetzt. Bei einem Fußballspiel im Stadion des Karlsruher SC traf ein Geschoss mit Leuchtmunition das Dach der Tribüne, auf der - neben anderen Polizeibeamten - auch der Kläger stand, und ging ca. 50 cm neben dem Kläger auf dem Boden nieder. Der Kläger versah zunächst weiter seinen Dienst und war sodann von November 2015 bis Januar 2016, sowie erneut ab März 2016 erkrankt. Im April 2017 wurde er vorzeitig wegen dauernder Dienst­un­fä­higkeit in den Ruhestand versetzt.

Polizeibeamter begehrte Anerkennung von psychischen Beschwerden als Dienstunfall

Bereits im Mai 2016 beantragte er beim beklagten Land Rheinland-Pfalz, das Ereignis vom 24. Oktober 2015 als Dienstunfall anzuerkennen, da bei ihm in der Folge des Ereignisses psychische Beschwerden aufgetreten seien. Durch die zuständige Polizeiärztin wurde ein fachärztliches psychiatrisches Gutachten veranlasst, das zum Ergebnis kam, beim Kläger liege aufgrund des Ereignisses vom 24. Oktober 2015 eine posttrau­ma­tische Belas­tungs­störung (PTBS) vor. Wegen Zweifeln an diesem Gutachten holte der Beklagte ein weiteres medizinisches Sachver­stän­di­gen­gut­achten ein, das zu einem anderen Ergebnis kam, und lehnte daraufhin den Antrag des Klägers ab. Nachdem sein Widerspruch gegen diese Entscheidung erfolglos geblieben war, erhob der Kläger im August 2018 Klage beim Verwal­tungs­gericht Neustadt/Wstr. auf Anerkennung des Dienstunfalls.

VG gibt wegen unter­schied­licher Begut­ach­tungs­er­gebnisse weitere Gutachten in Auftrag

Wegen der unter­schied­lichen Begut­ach­tungs­er­gebnisse im behördlichen Verfahren holte das Gericht im Klageverfahren zur Aufklärung des Sachverhalts ein Obergutachten ein. Die Gutachterin stellte fest, dass beim Kläger durch das Ereignis vom 24. Oktober 2015 keine PTBS und auch sonst keine psychische Erkrankung ausgelöst worden sei. Weil dieses erste Obergutachten die Richter nicht überzeugte, gab die zuständige Kammer noch eine weitere Begutachtung des Klägers durch einen Facharzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie in einer Klinik in Auftrag. Dieser Gutachter kam nach einer Untersuchung des Klägers und einer Auswertung der ihm zur Verfügung gestellten Vorbefunde ebenfalls zum Ergebnis, eine durch das Ereignis vom 24. Oktober 2015 ausgelöste Erkrankung liege beim Kläger nicht vor. Vielmehr hätten sich die bei ihm schon vor dem Ereignis bestehenden psychischen Beschwerden bereits ab Sommer 2015 kontinuierlich verschlechtert. Dem Ereignis vom 24. Oktober 2015 komme dafür keine wesentliche Bedeutung zu. Außerdem sei das Ereignis für sich betrachtet objektiv nicht schwerwiegend genug, um das Krankheitsbild einer PTBS auszulösen.

Voraussetzungen für die Anerkennung eines Dienstunfalls nicht gegeben

Das Gericht folgt mit seinem Urteil nunmehr im Ergebnis diesem Sachver­stän­di­gen­gut­achten. Danach liegen die Voraussetzungen für die Anerkennung eines Dienstunfalls nicht vor. Die Voraussetzungen für die Anerkennung eines Dienstunfalls sind in §§ 41 ff. des Lande­be­am­ten­ver­sor­gungs­ge­setzes (LBeamtVG) geregelt: Gemäß § 42 LBeamtVG ist ein Dienstunfall ein auf äußerer Einwirkung beruhendes, plötzliches, örtlich und zeitlich bestimmbares, einen Körperschaden auslösendes Ereignis, das in Ausübung oder infolge des Dienstes eingetreten ist. Körperschaden in diesem Sinn kann auch eine psychische Erkrankung, also grundsätzlich auch eine PTBS sein. Der Körperschaden oder die Erkrankung wird nach der Rechtsprechung aber nur dann durch das im Dienst erlittene, plötzliche Ereignis "ausgelöst", wenn dieses Ereignis für den eingetretenen Schaden wesentlich ursächlich war. Das ist nur dann der Fall, wenn das Ereignis entweder ausschließlich oder zumindest gleichwertig neben anderen Ursachen - beispielsweise einer schon bestehenden gesund­heit­lichen Vorerkrankung des Beamten - zu der nach dem Unfall festgestellten körperlichen oder psychischen Schädigung geführt hat. Der Beamte muss diesen wesentlichen Ursachen­zu­sam­menhang zwischen seiner Gesund­heits­schä­digung und dem konkreten dienstlichen Ereignis nachweisen.

Gesetzliche Voraussetzung eines Dienstunfalls nicht nachgewiesen

Die damit verbundenen schwierigen medizinischen Fragen zu den Ursachen speziell psychischer Beschwerden sind nach Ansicht des Verwal­tungs­ge­richts mit Hilfe des zuletzt eingeholten, mit rund 100 Seiten sehr ausführlichen und inhaltlich überzeugenden, unter Einbeziehung von ärztlichen und therapeutischen Vorbefunden erstellten Sachver­stän­di­gen­gut­achtens nun abschließend zu beantworten. Danach ist die beschriebene gesetzliche Voraussetzung eines Dienstunfalls zur Überzeugung des Gerichts hier nicht nachgewiesen, und die Klage war damit abzuweisen.

Quelle: Verwaltungsgericht Neustadt, ra-online (pm/ab)

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