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Dokument-Nr. 28724

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Verwaltungsgericht Münster Beschluss07.05.2020

Schwangere Asylsuchende muss nicht wegen Corona-Anste­ckungs­gefahr in Aufnah­me­ein­richtung für Flüchtlinge wohnenAntragsteller zählt aufgrund ihrer fortge­schrittenen Schwangerschaft zur Risikogruppe

Das VG Münster hat in einem Eilverfahren entschieden, dass eine schwangere Asylsuchende wegen Corona-Anste­ckungs­gefahr nicht weiter in einer Aufnah­me­ein­richtung für Flüchtlinge wohnen muss.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die Antragsteller wurden aufgrund ihres Asylantrags verpflichtet, in der Zentralen Unter­brin­gungs­ein­richtung in Rheine zu wohnen. Sie befürchteten, bei einem weiteren Aufenthalt in der Aufnah­me­ein­richtung mit dem Corona-Virus infiziert zu werden. Die Antragstellerin sei schwanger und müsse sich wiederholt in stationäre Behandlung begeben. In der Einrichtung sei ihnen aufgrund der beengten Wohnver­hältnisse die Einhaltung des gebotenen Mindestabstands zwischen zwei Personen von 1,50 m nicht möglich. Sie müssten sich Sanitäranlagen mit anderen Bewohnern teilen. Auch stünden Reini­gungs­mittel nicht zur Verfügung. Daher sei ihre Verpflichtung, in der Einrichtung zu wohnen, zumindest vorübergehend zu beenden.

VG beendet Wohnver­pflichtung in Flücht­lings­un­terkunft für schwangere Asylsuchende

Nach Auffassung des Verwal­tungs­ge­richts ist die Beendigung der Wohnver­pflichtung der Antragsteller nicht nur zur Seuchen­prä­vention, sondern insbesondere zum Schutz der Antragsteller selbst vor Ansteckung mit dem Coronavirus Sars-CoV-2 geboten. Die Corona-Schutz­ver­ordnung des Landes Nordrhein-Westfalen in der ab dem 7. Mai 2020 gültigen Fassung enthalte für verschiedene Lebensbereiche Abstandsregeln von mindestens 1,50 m zwischen Personen sowie weitere Regelungen etwa zu Kontakt­be­schrän­kungen und des Tragens von Mund-Nase-Bedeckungen. Dies zeige, dass der Verord­nungsgeber eine Ausbreitung des Virus durch das Zusammentreffen von Menschen bei Zusammenkünften und in Einrichtungen aller Art als besonders wahrscheinlich ansehe. Es würde einen Wertungs­wi­der­spruch zu den Regelungen der Verordnung darstellen, wollte man den Bereich der Asylbe­wer­ber­un­ter­künfte anders behandeln.

Bestehen eines ausreichenden Infek­ti­o­ns­schutzes nicht überzeugend dargelegt

Nach den Angaben der Antragsteller, denen der Antragsgegner in der Sache nicht entge­gen­ge­treten sei, sei hier von unzureichenden Hygie­ne­zu­ständen auszugehen. Der Antragsgegner könne sich nicht darauf berufen, die Antragsteller seien gehalten, bei der für den Betrieb der Einrichtung verant­wort­lichen Stelle auf Abhilfe zu drängen. Vielmehr sei es insbesondere angesichts der allgemein bekannten Pandemielage Aufgabe des Antragsgegners, über die Zustände vor Ort Kenntnis zu haben und bei Defiziten für Abhilfe zu sorgen. Hier habe der Antragsgegner jedoch nicht überzeugend dargelegt, dass und welche Maßnahmen in der Einrichtung zur Gewährleistung eines ausreichenden Anste­ckungs­schutzes vor dem Corona Virus getroffen worden seien. Daher sei es entsprechend dem individuellen Interesse der Antragsteller, vor einer Ansteckung geschützt zu werden, geboten, ihre Wohnver­pflichtung vorläufig zu beenden. Dies gelte umso mehr, da die Antragstellerin aufgrund ihrer weit fortge­schrittenen Schwangerschaft zu einer als besonders vulnerabel anzusehenden Personengruppe gehöre.

Quelle: Verwaltungsgericht Münster, ra-online (pm/ab)

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