18.10.2024
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Verwaltungsgericht Lüneburg Urteil14.03.2013

Knorpel des Kehlkopfes und der Luftröhre dürfen zur Fleisch­her­stellung nicht verwendet werdenTechnologisch nicht vermeidbare Knorpelreste nur als Knorpel in Bauchfleisch zulässig

Fleisch, das von Kehlkopf- und Luftröh­re­n­ab­schnitten mit Hilfe eines Separators gewonnen und gewolft wird, und bei dem der Verdacht besteht, dass es Knorpel- und Schleim­hau­treste enthält, darf nicht unter der Bezeichnung „Verar­bei­tungs­fleisch gewolft" für die Herstellung von Fleisch­er­zeug­nissen in den Verkehr gebracht werden. Dies hat das Verwal­tungs­gericht Lüneburg entschieden.

Dem vorzuliegenden Fall liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Bis Ende Juni 2010 produzierte das Unternehmen „Verar­bei­tungs­fleisch gewolft", seitdem ist diese Produktion eingestellt. Im Januar 2010 fand eine Routi­ne­kon­trolle statt, bei der Folgendes festgestellt wurde: Bei dem Produkt handelte sich um Fleisch, das von Kehlkopf- und Luftröh­re­n­ab­schnitten geschlachteter Tiere mit Hilfe eines Separators gewonnen und anschließend gewolft wurde. Zunächst bestand nur der Verdacht, dass das Produkt Knorpelreste von Kehlkopf und Luftröhre sowie Schleimhaut enthält. Dieser Verdacht wurde durch später vorgelegte endgültige Unter­su­chungs­be­richte von 2011 bestätigt. Anfang 2010 war bereits eine beträchtliche Menge des Verar­bei­tungsgutes nach Italien geliefert und dort weiter­ver­a­r­beitet worden. Weitere 93 Tonnen eingefrorenes Verar­bei­tungs­fleisch befanden sich noch im Lager. Es wurde eine Rückholaktion gestartet, und die Staats­an­walt­schaft Oldenburg ermittelte strafrechtlich gegen das Unternehmen. Das Ermitt­lungs­ver­fahren läuft noch und ist noch nicht abschlossen. Im Februar 2010 wurde dem Unternehmen das Inver­kehr­bringen der maschinell von Kehlkopf- und Luftröh­re­n­ab­schnitten gewonnenen Fleischmassen vom beklagten Landkreis vorläufig untersagt.

Technisch unvermeidbare Knorpelpartikel in Fleisch laut des Unternehmens zulässig

Gegen die Verfügung des Landkreises hat das Unternehmen im Hinblick auf das immer noch anhängige strafrechtliche Ermitt­lungs­ver­fahren vor dem Verwal­tungs­gericht Lüneburg Klage erhoben und trägt unter anderem vor, es seien zunächst keine hinreichenden Feststellungen getroffen worden, dass tatsächlich Knorpelpartikel in dem Fleisch­er­zeugnis vorhanden seien, vielmehr sei lediglich mit Vermutungen gearbeitet worden. Im Übrigen sei durch Sachverständigengutachten und Gericht­s­ent­schei­dungen bestätigt worden, dass Knorpelpartikel im Fleisch enthalten sein dürften, sofern dies technisch unvermeidbar sei. Weiter sei die Gewinnung von Fleischresten durch Separatoren zulässig, von dem Produkt gehe keine Gefahr aus, es sei verkehrsfähig und könne auch zur Herstellung von Fleisch­er­zeug­nissen verwendet werden.

Erwartungen der Verbraucher müssen geschützt werden

Das Gericht hat die Klage abgewiesen und das vorläufige Verbot des Landkreises über das Inver­kehr­bringen des Produktes „Verar­bei­tungs­fleisch gewolft" bestätigt: Schon im Zeitpunkt der behördlichen Anordnung bestand der hinreichende Verdacht, dass das Erzeugnis unter Verstoß gegen europäische und deutsche Rechts­vor­schriften hergestellt wurde. Nach einer europäischen Verordnung von 2004 hat ein Lebens­mit­tel­un­ter­nehmer sicherzustellen, dass Knorpel des Kehlkopfes und der Luftröhre nicht für die Herstellung von Fleisch­er­zeug­nissen verwendet werden. Dies entspricht auch der schutzwürdigen Erwartung der Verbraucher. Von dem Herstel­lungs­verbot ist nicht nur das bewusste Zufügen von Knorpel in ein Fleisch­er­zeugnis erfasst, sondern auch das von dem Unternehmen betriebene mechanische Ablösen des diesen Knorpeln anhaftenden Restfleisches, wenn dies mit dem Ablösen von Knorpeln und deren Weiter­ver­a­r­beitung verbunden ist. Wenn das Unternehmen das Produkt „Verar­bei­tungs­fleisch gewolft" unter Mitverwendung von Knorpeln und Schleimhaut herstellt, weicht das Produkt auch von der Erwar­tungs­haltung der Verbraucher und der allgemeinen Verkehr­s­auf­fassung ab. Wenn es zugelassen ist, technologisch nicht vermeidbare Knorpelreste in eine Fleisch­pro­duktion einzubeziehen, bezieht sich dies auf Knorpel etwa in Bauchfleisch, aber gerade nicht auf Knorpelreste und Schleimhäute des Kehlkopfes und der Luftröhre. Hier ist nach dem Europarecht eindeutig „sicherzustellen", dass Reste dieser Teile nicht für die Herstellung von Fleisch­er­zeug­nissen verwendet werden.

Quelle: Verwaltungsgericht Lüneburg/ra-online

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