21.11.2024
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Dokument-Nr. 21712

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Beschluss09.10.2015Verwaltungsgericht Lüneburg5 B 98/15
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Verwaltungsgericht Lüneburg Beschluss09.10.2015

VG Lüneburg erklärt Beschlagnahme eines Kinderheims für rechtswidrig - Beschlagnahme nur als letztes Mittel erlaubtBeschlagnahme des ehemaligen Kinderheims Lüneburg-Wilschenbruch rechtswidrig

Das Verwal­tungs­gericht Lüneburg hat dem Eilantrag des Eigentümers eines Grundstücks im Lüneburger Stadtteil Wilschenbruch entsprochen.

Auf dem Grundstück befindet sich ein bereits entkerntes Gebäude, in dem früher ein Kinder- und Jugendheim untergebracht war. Auf dem Grundstück soll laut Investor ein neues Wohngebiet entstehen. Die Stadt Lüneburg hat am 01.10.2015 die Beschlagnahme des Grundstücks - befristet auf 6 Monate - verfügt und angeordnet, dass der Eigentümer das Grundstück bis zum 12.10.2015 zu räumen habe. Gleichzeitig wurde die Einweisung von 50 Flüchtlingen in das Gebäude verfügt und eine Entschädigung festgesetzt.

Gericht: Voraussetzungen für Beschlagnahme sind nicht erfüllt

Die 5. Kammer des Gerichts hat dem hiergegen gerichteten Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes stattgegeben: Die Voraussetzungen einer Beschlagnahme nach Polizeirecht seien nicht gegeben. Drohende Obdachlosigkeit stelle zwar eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit dar. Der Eigentümer als nicht­ver­ant­wort­licher Dritter könne aber nur unter den engen Voraussetzungen des sog. polizeilichen Notstands und als „letztes Mittel" in Anspruch genommen werden. Die Beschlagnahme stelle einen erheblichen Eingriff in das Grundrecht auf Eigentum gem. Art. 14 Abs. 1 GG dar. Sie setze voraus, dass die Stadt die drohende Obdachlosigkeit von Flüchtlingen nicht rechtzeitig selbst oder durch Beauftragte abwehren könne. Vor der Inanspruchnahme des Eigentums unbeteiligter Dritter sei die Stadt daher gehalten, alle eigenen Unter­brin­gungs­mög­lich­keiten auszuschöpfen und ggfs. Räumlichkeiten - auch in Beher­ber­gungs­be­trieben - anzumieten, auch wenn letzteres kostenintensiv sein möge. Der Kammer sei bewusst, dass die Unterbringung der derzeit hohen Zahl von Flüchtlingen eine große Herausforderung an alle Kommunen darstelle und die Bemühungen der Stadt Lüneburg mit dem von ihr erarbeiteten Konzept der dezentralen Unterbringung von Flüchtlingen einen wichtigen Aspekt für eine dauerhafte und zufrie­den­stellende Versorgung der Flüchtlinge darstelle. Dabei sei auch nicht zu beanstanden, dass eine Unterbringung in Turnhallen und Klein­st­un­ter­künften möglichst vermieden werden solle. Dennoch obliege die Gewährung sozialer Fürsorge primär der Allgemeinheit - und damit der Stadt Lüneburg - und dürfe nur als letztes Mittel auf eine Privatperson abgewälzt werden.

Stadt Lüneburg legte nicht hinreichend dar, dass alle anderen Möglichkeiten der Unterbringung ausgeschöpft worden waren

Hiervon ausgehend habe die Stadt Lüneburg nicht hinreichend dargelegt, dass alle anderen Möglichkeiten der Unterbringung ausgeschöpft worden sind. Die Stadt hätte insbesondere prüfen müssen, ob Unter­brin­gungs­mög­lich­keiten in der Lüneburger Jugendherberge (148 Betten) zur Verfügung stehen und diese oder Ferienwohnungen und Hotelzimmer anmieten müssen. Wirtschaftliche Gesichtspunkte dürften bei der Inanspruchnahme keine wesentliche Rolle spielen.

Quelle: ra-online, Verwaltungsgericht Lüneburg (pm/pt)

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