Dokument-Nr. 10526
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Verwaltungsgericht Koblenz Urteil28.09.2010
Für nachträgliche Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer ist eine Gesinnungsumkehr aufgrund eines Schlüsselerlebnisses oder eines längeren inneren Wandlungsprozesses notwendigEine bloße Meinungsänderung ohne erkennbaren Anlass reicht nicht aus, um aus der Bundeswehr entlassen zu werden
Ein Oberstabsarzt der Bundeswehr wollte seine nachträgliche Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer und die Entlassung aus der Bundeswehr gerichtlich durchsetzen. Das Verwaltungsgericht Koblenz lehnte eine entsprechende Klage ab. Es konnte nicht die Überzeugung gewinnen, dass der Kläger aus Gewissensgründen am Dienst gehindert sei.
Der Kläger war ursprünglich als Kriegsdienstverweigerer anerkannt und leistete Zivildienst. Anschließend studierte er Medizin und verpflichtete sich später für sechs Jahre als Zeitsoldat bei der Bundeswehr. Damals erklärte er, aus Gewissensgründen nicht mehr gehindert zu sein, Dienst an der Waffe zu leiten. Der Kläger war im Kosovo und in Afghanistan eingesetzt und wurde zum Oberstabsarzt befördert. Im Juni 2009 beantragte er dann, aus Gewissensgründen als Kriegsdienstverweigerer anerkannt und aus der Bundeswehr entlassen zu werden. Im Wesentlichen machte er geltend, dass die militärische Logik eine Opferung von Menschen verlange, an der er nach seiner ärztlichen ethischen Überzeugung nicht teilhaben dürfe. Beide Anträge wurden abgelehnt, auch Widerspruch und Beschwerde blieben bei den zuständigen Ämtern erfolglos. Sodann hat er jeweils Klage zum Verwaltungsgericht Koblenz erhoben.
Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer nicht zulässig
Das Verwaltungsgericht hat beide Klagen abgewiesen. Die Klage, mit der er die Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer begehre, sei nicht zulässig. Da er als Sanitätsoffizier waffenlosen Dienst leiste, könne ihm zugemutet werden, allein ein Entlassungsverfahren zu betreiben und nicht zugleich ein Verfahren auf Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer. Der Sanitätsdienst sei auch unter den heutigen Einsatzbedingungen der Bundeswehr als waffenloser Dienst und nicht als Kriegsdienst mit der Waffe anzusehen. Die Einsatzbedingungen hätten sich zwar verschärft, nicht aber die Rolle des Sanitätsdienstes geändert. Die Sanitätsoffiziere würden besser ausgebildet und ausgerüstet, um ihre Hilfe auch unter Kampfbedingungen intensiver erbringen zu können, dürften aber nicht zu aktiven Kampfhandlungen gezwungen werden.
Gericht glaubt nicht an Gewissensentscheidung
Die weitere Klage, mit der der Kläger seine Entlassung durchsetzen möchte, habe ebenfalls keinen Erfolg. Das Gericht habe sich nicht von einer Gewissensentscheidung des Klägers überzeugen können. Dies hätte erfordert, dass der Kläger eine Gesinnungsumkehr aufgrund eines Schlüsselerlebnisses oder eines längeren inneren Wandlungsprozesses glaubhaft mache. beides sei ihm nicht gelungen. Es sei in seinem Fall lediglich von einer Meinungsänderung ohne erkennbaren Anlass auszugehen. Er habe falsche Vorstellungen vom Sanitätsdienst gehabt.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 08.11.2010
Quelle: Verwaltungsgericht Koblenz/ ra-online
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