23.11.2024
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Verwaltungsgericht Kassel Urteil24.08.2011

Kindergarten klärt erzieherische Fragen mittels Pendel – Widerruf der Betrie­bs­er­laubnis zulässigEsoterische Erzie­hungs­me­thoden keine fachliche Ebene für erzieherische Entscheidungen

Ist das Wohl von Kindern in einer Kinder­ta­ges­ein­richtung durch außer­ge­wöhnliche Erzie­hung­s­praktiken gefährdet, weil beispielsweise erzieherische Fragen ausgependelt werden oder mittels "besprochener Salze" versucht wird, Einfluss auf die Befindlichkeit der Kinder zu nehmen, ist der Widerruf der erteilten Betrie­bs­er­laubnis rechtens. Dies hat das Verwal­tungs­gericht Kassel entschieden.

Im vorliegenden Fall hat der Betreiber einer Kindertageseinrichtung gegen das Jugendamt des Landkreises Hersfeld-Rotenburg geklagt und den Widerruf der ihm erteilten Betrie­bs­er­laub­nis­ent­ziehung begehrt.

Widerruf der Betrie­bs­er­laubnis wegen außer­ge­wöhn­licher Erzie­hung­s­praktiken

Die in Rede stehende Kindertagesstätte versteht sich nach ihrer Kinder­gar­ten­ordnung als eine in ihrer pädagogischen und philosophischen Ausrichtung an den natürlichen Bedürfnissen der Kinder orientierte Einrichtung. Durch Presseberichte und Eltern­mit­tei­lungen hatte das örtliche Jugendamt Kenntnis von außer­ge­wöhn­lichen Praktiken, die in dieser Einrichtung angewandt wurden, erlangt und deshalb die Betriebserlaubnis widerrufen. Mit seiner Klage wollte der Betreiber die Aufhebung dieses Widerrufs erreichen, um den Kindergarten weiter betreiben zu können.

Gericht bestätigt Widerruf

Das Gericht ist der Auffassung des zuständigen Ministeriums gefolgt und hat den Widerruf der Erlaubnis durch die Behörde bestätigt.

VG stellt Kindes­wohl­ge­fährdung fest

Nach § 45 SGB VIII ist die Betrie­bs­er­laubnis für eine Kinder­ta­gesstätte zu widerrufen, wenn das Wohl der Kinder der Einrichtung gefährdet und der Träger nicht bereit oder in der Lage ist, die Gefährdung abzuwenden. In seiner Entscheidung hat das Gericht eine Gefährdung des Kindeswohls bejaht und auch festgestellt, dass der Betreiber nicht bereit gewesen sei, diese Gefährdung abzuwenden. Dabei ist es davon ausgegangen, dass in der Kinder­ta­gesstätte die für Kinder­ta­ges­ein­rich­tungen vorgegebenen Mindest­standards nicht eingehalten wurden.

Erzieherische Fragen vom Kinder­gar­ten­personal "ausgependelt"

Zum einen sei die Einrichtung zumindest zeitweise überbelegt gewesen, da die Zahl der genehmigten 18 Plätze regelmäßig überschritten worden sei. Darüber hinaus sei zumindest zeitweise auch der festgelegte Fachkräf­te­schlüssel nicht eingehalten worden, weil nicht die erforderliche Anzahl geeigneter Fachkräfte vorhanden gewesen sei. Außerdem habe der Betreiber es zugelassen, dass erzieherische Entscheidungen nicht auf fachlicher Ebene gefällt, sondern mittels wissen­schaftlich nicht anerkannter Methoden, d.h. mit Hilfe so genannte HUNA-Techniken - einer esoterischen Interpretation der alten schamanisch geprägten Naturreligion Hawaiis mit psychologischen, religiösen und magischen Elementen - getroffen worden seien. So seien erzieherische Fragen "ausgependelt" worden und man habe mit "besprochenen Salzen" Einfluss auf die Befindlichkeit der Kinder zu nehmen versucht. Eine von derart hoffnungslosen Einschätzungen getragene Erziehung, sei geeignet, das Wohl der Kinder zu gefährden.

VG: Betreiber nicht bereit Gefährdung abzuwenden

Das Gericht hat auch das weitere Tatbe­stands­merkmal bejaht und geht davon aus, dass der Betreiber nicht bereit gewesen sei, die Gefährdung abzuwenden. In seiner Entscheidung führt es aus, die Vorstands­vor­sitzende sei zwar zurückgetreten und nach Süddeutschland verzogen, sie sei jedoch weiterhin einfaches Mitglied des Vereins. Ihrer Rücktritts­er­klärung lasse sich entnehmen, dass sie auch in dieser Funktion die Ziele des Vereins unterstützen wolle. Bei lebensnaher Betrachtung sei deshalb davon auszugehen, dass sie auch zukünftig einen gewissen Einfluss ausüben werde; im Zeitalter des Internets sei allein die räumliche Entfernung insoweit kein Hinderungsgrund.

Quelle: Verwaltungsgericht Kassel/ra-online

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