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Verwaltungsgericht Karlsruhe Urteil30.04.2009

VG Karlsruhe: Aufent­halts­ge­neh­migung einer Muslimin trotz geringer Ehedauer wegen besonderer Härte verlängertKopftuchzwang und Bigamie des Ehemannes nicht zumutbar

Einer Ausländerin muslimischen Glaubens kann nach nur kurz andauernder Ehe die Aufent­halt­s­er­laubnis verlängert werden, wenn sie von ihrem muslimischen Ehemann gezwungen worden war, ein Kopftuch zu tragen und wenn dieser wenige Monate nach der Eheschließung nach muslimischem Ritus eine weitere Ehe (Bigamie) schloss. Dies hat das Verwal­tungs­gericht Karlsruhe entschieden.

Das Aufent­halts­gesetz sieht vor, dass Ausländer beim Scheitern einer Ehe Anspruch auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis haben, wenn entweder die eheliche Lebens­ge­mein­schaft zwei Jahre lang bestanden hat oder wenn es – bei kürzerer Dauer der ehelichen Lebens­ge­mein­schaft – zur Vermeidung einer besonderen Härte erforderlich ist, dem Ehegatten den weiteren Aufenthalt zu ermöglichen. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn dem Ehegatten wegen der Beein­träch­tigung schutzwürdiger Belange das Festhalten an der ehelichen Lebens­ge­mein­schaft nicht mehr zuzumuten ist. Liegen diese Voraussetzungen vor, wird die Aufent­halt­s­er­laubnis um ein Jahr verlängert, um dem Ausländer die Möglichkeit zu geben, eine eigene wirtschaftliche Existenz zu begründen. Nach Ablauf dieses Jahres entscheidet die Auslän­der­behörde nach Ermessen, ob die Aufent­halt­s­er­laubnis verlängert wird.

Zwang zum Tragen eines Kopftuches und Heirat des Ehemannes einer weiteren Frau

In dem zu entscheidenden Fall hatten die Eheleute unstreitig weniger als ein Jahr zusammen gelebt. Nach den Feststellungen des Gerichts war die Ehefrau ausgezogen, weil ihr Ehemann von ihr verlangt hatte, ein Kopftuch zu tragen und ihr verboten hatte, abends allein auszugehen. Hinzu gekommen war, dass der Ehemann wenige Monate nach der Heirat in der Türkei nach muslimischem Ritus eine weitere Ehe geschlossen hatte und diese zweite Ehefrau von seinen Eltern aufgenommen worden war. Das Landratsamt Enzkreis und im Wider­spruchs­ver­fahren das Regie­rungs­prä­sidium Karlsruhe hatten den Antrag auf Verlängerung der Aufent­halt­s­er­laubnis mit der Begründung abgelehnt, eine besondere Härte liege nicht vor, weil die Klägerin nicht in einer solchen Weise gravierend physisch oder psychisch misshandelt worden sei, dass ihre Reintegration in Serbien unzumutbar erschwert werde.

Festhalten an ehelicher Lebens­ge­mein­schaft nicht zumutbar

Dem ist das Verwal­tungs­gericht nicht gefolgt. Es hat den Schilderungen der Klägerin und den Angaben der Zeugen entnommen, dass der Ehemann durch physischen und psychischen Zwang auf die Klägerin eingewirkt hatte, um diese zu zwingen, sich seinen Vorstellungen von einer muslimischen Ehefrau anzupassen. Außerdem sei es der Klägerin angesichts der weiteren Eheschließung nicht zuzumuten gewesen, weiter mit ihrem Ehemann in ehelicher Gemeinschaft zu leben. Bei Bigamie handele es sich nicht nur um ein ehewidriges Verhalten. Vielmehr stelle diese die in der Bundesrepublik Deutschland geltenden Werteordnung derart in Frage, dass einem ausländischen Ehegatten ein Festhalten an der ehelichen Lebens­ge­mein­schaft nicht zugemutet werden könne.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung des VG Karlsruhe vom 21.07.2009

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