18.10.2024
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Verwaltungsgericht Karlsruhe Urteil26.03.2014

Nächtlicher Verkauf alkoholischer Getränke an Tankstellen mit Gast­stätten­erlaubnis zulässigGassenschank bleibt auch für Tankstellen mit Gast­stätten­erlaubnis von gesetzlichem Alkohol­verkaufs­verbot unberührt

Das Verwal­tungs­gericht Karlsruhe hat entschieden, dass der nächtliche Alkoholverkauf in der Zeit von 22 Uhr bis 5 Uhr an Tankstellen mit Gast­stätten­erlaubnis zulässig ist.

Die Klägerin des zugrunde liegenden Verfahrens ist eine GmbH, die in Bruchsal eine Tankstelle mitsamt einer Verkaufsstelle betreibt. Die Verkaufsstelle besteht aus einem großen Raum, in dem - ohne räumliche Abgrenzung - ein Kassenbereich, ein Verkaufsbereich für den Einzel­han­dels­betrieb sowie ein Imbissbereich eingerichtet sind. Für diesen im Tankstellenshop integrierten Imbissbereich hatte die Stadt im Jahr 1992 der Klägerin eine Gaststättenerlaubnis ohne Betrie­bs­zeit­be­schränkung erteilt. Die Klägerin verkauft auch nach 22 Uhr verschiedene alkoholische Getränke (Bier, Wein, Cognac etc.). Der Verkauf dieser Getränke erfolgt durch das Personal im Kassenbereich.

Stadt untersagt Verkauf alkoholischer Getränke in der Zeit von 22 bis 5 Uhr

Die Stadt Bruchsal sieht darin einen Verstoß gegen das am 1. März 2010 in Kraft getretene nächtliche Alkohol­ver­kaufs­verbot in § 3 a des Gesetzes über die Ladenöffnung in Baden-Württemberg. Sie untersagte der Klägerin daher den Verkauf von alkoholischen Getränken in der Zeit zwischen 22 Uhr und 5 Uhr. Dieses Verbot umfasst auch den Verkauf alkoholischer Getränke über die Straße, den so genannten Gassenschank. Die Stadt erkennt an, dass der Verkauf alkoholischer Getränke in Gaststätten einschließlich des Gassenschanks durch das Alkohol­ver­kaufs­verbot im Gesetz über die Ladenöffnung zwar grundsätzlich nicht berührt wird. Dies gelte aber nur, wenn nach dem äußeren Erschei­nungsbild ein separater Gaststät­ten­betrieb gegeben sei. Wenn sich allerdings, wie im Fall der Klägerin, Einzel­han­dels­betrieb und Gaststät­ten­betrieb nicht eindeutig abgrenzen ließen, gelte das Alkohol­ver­kaufs­verbot auch für den Gaststät­ten­betrieb.

Klägerin kann sich auf gaststät­ten­rechtliche Erlaubnis berufen

Dem ist das Verwal­tungs­gericht Karlsruhe nicht gefolgt und hat die Verbots­ver­fügung der Stadt aufgehoben. Zur Entschei­dungs­be­gründung führte das Gericht aus, dass der Klägerin durch die von ihr angefochtene Verfügung im Kern der nach Maßgabe des Gaststät­ten­ge­setzes zulässige Gassenschank in der Zeit von 22 Uhr bis 5 Uhr verboten werde. Dafür fehle es derzeit aber an einer Rechtsgrundlage. § 3 a des Gesetzes über die Ladenöffnung in Baden-Württemberg sei nicht einschlägig. Zwar gelte nach dieser Vorschrift das nächtliche Alkohol­ver­kaufs­verbot grundsätzlich auch für eine Verkaufsstelle, die im Zusammenhang mit einer Tankstelle betrieben werde. Die Klägerin könne sich aber auf ihre gaststät­ten­rechtliche Erlaubnis berufen, derzufolge der Verkauf alkoholischer Getränke einschließlich Flaschenbier zum alsbaldigen Verbrauch an jedermann auch in der Nachtzeit grundsätzlich zulässig sei. Es handle sich im vorliegenden Fall um einen gemischten Betrieb, bei dem die Schank­wirt­schaft neben dem in demselben Raum betriebenen Einzelhandel ihre rechtliche Eigen­stän­digkeit behalte mit der Folge, dass der so genannte Gassenschank weiterhin erlaubt bleibe. Voraussetzung hierfür sei nicht, dass der Verkaufsbereich des Tankstel­lenshops vom Gaststät­ten­bereich räumlich abgegrenzt sei. Eine räumliche Abgrenzung sei mit Blick auf die Gefahren, denen der Gesetzgeber mit dem Alkohol­ver­kaufs­verbot entgegentreten wolle, unerheblich.

Gaststätten einschließlich Gassenschank wurden vom Gesetzgeber bewusst aus nächtlichem Alkohol­ver­kaufs­verbot ausgenommen

Die Regelungen über den Gassenschank könnten auch nicht im Wege einer einschränkenden Auslegung nur auf sogenannte typische Gaststätten angewendet werden, in denen der Umsatz mit den anwesenden Gästen im Vordergrund stehe, der Verkauf in Form des Gassenschanks aber nur untergeordnete Bedeutung habe. Es bestehe nämlich keine Gesetzeslücke. Vielmehr habe der Gesetzgeber die Problematik des sogenannten Gassenschanks durchaus gesehen und habe Gaststätten einschließlich Gassenschank bewusst aus dem nächtlichen Alkohol­ver­kaufs­verbot ausgenommen. Dem Gesetzgeber habe auch bewusst sein müssen, dass von den ca. 1.850 Tankstellen im Land eine nicht unerhebliche Anzahl über eine Gaststät­te­n­er­laubnis verfüge. Das Verwal­tungs­gericht würde daher seine Kompetenzen überschreiten, wenn es „frei schöpferisch“ Tankstellen mit dazugehöriger Gaststät­te­n­er­laubnis vom Gassenschank ausnehmen würde. Es sei vielmehr Aufgabe des Gesetzgebers, die Belange des Gastgewerbes (einschließlich der Belange der Inhaber von Tankstellen mit dazugehöriger Gaststät­te­n­er­laubnis) mit den ordnungs­recht­lichen Belangen abzuwägen, die für ein nächtliches Alkoholverbot sprächen.

Quelle: Verwaltungsgericht Karlsruhe/ra-online

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