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Verwaltungsgericht Hannover Urteil12.03.2019

Keine gesetzliche Grundlage für Verkehrs­über­wachung mittels "Section Control"Eingriff in Rechte muss auch nicht während eines Probebetriebes von "Section Control" hingenommen werden

Das Verwal­tungs­gericht Hannover hat entschieden, dass es derzeit für die Verkehrs­über­wachung mittels "Section Control" keine gesetzliche Grundlage gibt. Laut Ausführungen des Gerichts sei der Staat nicht zwingend auf "Section Control" angewiesen und könne die Verkehrs­über­wachung bis zur Schaffung einer Rechtsgrundlage auch auf andere Weise durchführen.

Der Antragsteller und Kläger des zugrunde liegenden Falls begehrte, dass das Land Niedersachsen es unterlässt, Geschwin­dig­keits­kon­trollen hinsichtlich der von ihm geführten Fahrzeuge mittels der Anlage "Section Control" auf der B6 in Laatzen zwischen den Anschluss­stellen Gleidingen und Laatzen durchzuführen.

Hintergrund

Durch "Section Control" werden die Kfz-Kennzeichen aller in dem überwachten Abschnitt einfahrenden Fahrzeuge erfasst. Auch wenn diese beim 2,2 km entfernten Ausfahren im sogenannten Nicht­tref­ferfall gelöscht werden, bedarf es für deren Erfassung - sowohl im sogenannten Treffer- als auch im sogenannten Nicht­tref­ferfall - einer gesetzlichen Ermäch­ti­gungs­grundlage.

Eingriff in verfas­sungs­rechtlich garantiertes infor­ma­ti­o­nelles Selbst­be­stim­mungsrecht

Das Verwal­tungs­gericht Hannover verwies in seiner Entscheidung darauf, dass mit der Erfassung in das verfas­sungs­rechtlich garantierte informationelle Selbst­be­stim­mungsrecht eingegriffen werde. Für einen solchen Eingriff bedürfe es stets - auch ungeachtet der jeweiligen Schwere des Eingriffs - einer gesetzlichen Grundlage. Dass "Section Control" sich noch im Probebetrieb befinde, ändere hieran nichts, so das Gericht. Dies folge auch aus dem jüngsten Beschluss des Bundes­ver­fas­sungs­ge­richts vom 18. Dezember 2018 zur automatisierten Kraft­fahr­zeug­kenn­zei­chen­kon­trolle zum Abgleich mit dem Fahndungs­bestand (vgl. Bundes­ver­fas­sungs­gericht, Beschluss v. 18.12.2018 - 1 BvR 142/15 - und Bundes­ver­fas­sungs­gericht, Beschluss v. 18.12.2018 - 1 BvR 2795/09, 1 BvR 3187/10 -).

Keine gesetzliche Grundlage

An einer solchen gesetzlichen Grundlage fehle es hier. Dies zeige sich nicht zuletzt darin, dass im Nieder­säch­sischen Landtag ein entsprechender Gesetzentwurf zur Änderung des Nieder­säch­sischen Polizeirechts (LT-Drs. 18/850) eingebracht ist, in dem mit § 32 Abs. 8 NPOG-E eine Rechtsgrundlage geschaffen werden soll.

Ermäch­ti­gungs­grundlage derzeit weder auf Bundes- noch auf Landes­ge­set­ze­sebene existent

Ob eine solche Rechtsgrundlage in die Gesetz­ge­bungs­kom­petenz des Landes Niedersachsen falle oder der Bundes­ge­setzgeber tätig werden müsste, ließ die Kammer dahingestellt, da jedenfalls zum jetzigen Zeitpunkt weder auf Bundes- noch auf Landes­ge­set­ze­sebene eine Ermäch­ti­gungs­grundlage existiert.

Staat ist nicht zwingend auf "Section Control" angewiesen

Der Antragsteller und Kläger müsse einen Eingriff in seine Rechte auch nicht während eines Probebetriebes von "Section Control" hinnehmen. Aus dem Rechts­s­taats­prinzip und dem Gewal­ten­tei­lungs­grundsatz folgt, dass die Exekutive nicht selbst so handeln darf, als hätte der Gesetzgeber sie hierzu schon ermächtigt. Der Staat ist auch nicht zwingend auf "Section Control" angewiesen. Er kann die Verkehrs­über­wachung bis zur Schaffung einer Rechtsgrundlage auch auf andere Weise durchführen.

Quelle: Verwaltungsgericht Hannover/ra-online (pm)

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